Sportstätten der SuperlativeUnd das schrägste Stadion der Welt steht … im Wallis
132’000 Sitze, fast 6 Milliarden Baukosten oder ein Lift aufs Dach? Beim Stadionbau gibt es kaum Grenzen.
Gross, grösser, Narendra Modi. 132’000 Zuschauerinnen und Zuschauer finden Platz in dieser riesigen Arena, und genauso viele dürften da sein, wenn am Sonntag der WM-Gastgeber Indien gegen Australien um die Krone der Cricket-Welt spielt. Benannt nach dem aktuellen indischen Premierminister, ist das Rund seit seiner Eröffnung 2020 das grösste Sportstadion der Welt.
Die Dimensionen der Arena in der westindischen Stadt Ahmedabad sind eindrücklich. Von Aussenwand zu Aussenwand misst sie 320 Meter, das Spielfeld allein ist 165 Meter lang und 137 Meter breit. Zum Vergleich: Ein Fussballfeld darf nicht länger als 120 Meter sein. Im Stadion sind elf Cricket-Bahnen verlegt, dazu sind in den Bau vier Umkleidetrakte, vier Trainingsplätze und ein Schwimmbecken mit olympischen Massen integriert.
Mit der Neueröffnung vor drei Jahren überholte das Oval das Stadion Rungrado 1st of May in der nordkoreanischen Hauptstadt Pyongyang. Dieses hatte einst sogar 150’000 Plätze umfasst, wurde aber modernisiert und ist jetzt mit einer Kapazität von 115’000 die Nummer 2 der Welt. Bronze im Ranking der aktuell genutzten Sportstadien geht an das Michigan Stadium in der US-Stadt Ann Arbor, wo Hochschulfootball gespielt wird. Das grösste Stadion in Europa ist das Camp Nou von Barcelona mit 99’354 Plätzen.
Ganz schön schnell
Die Frage stellt sich: Was ist überhaupt ein Stadion`? Denn es gibt sehr wohl Sportstätten, die noch mehr Plätze für Zuschauerinnen und Zuschauer aufweisen. Rennstrecken im Automobil- oder Motorradrennsport zum Beispiel. Oder Pferderennbahnen. Von Letzteren ist der Tokyo Racecourse mit 223’000 Plätzen die grösste der Welt.
Fun Fact: Im Circus Maximus im antiken Rom, in dem bis ins 6. Jahrhundert Wagenrennen stattfanden, hatten einst bis 270’000 Menschen Platz.
Der Unterschied zu Stadien im herkömmlichen Sinn: An Rennstrecken fehlt der Blick fürs grosse Ganze. Vor allem für die uns bekannten Formel-1-Strecken gilt das. In Nordamerika sind zwar die meisten Circuits oval, viele Circuits aber, etwa der berühmte Indianapolis Speedway, sind so gross, dass man unmöglich von jedem Sitz aus jede erdenkliche Stelle der Strecke einsehen kann. Erst recht nicht im Detail.
Dass es anders geht, zeigt der Bristol Motor Speedway in Tennessee: Dieser erfüllt mit seinen steilen Tribünen und einer Streckenlänge von weniger als 900 Metern den Anspruch an ein tolles Sportstadion. Vor seinen 146’000 Plätzen werden hier Rennen der Nascar-Serie gefahren, jeweils 500 Runden am Stück.
Ganz schön hoch – und ganz schön schräg
Dass die Höhenlage einer Sportstätte sportliche Höhenflüge begünstigt, wissen wir spätestens seit den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt und dem Supersatz von Weitspringer Bob Beamon.
Unter den für Spitzen- oder Profisport genutzten Stadien ist das Estadio Daniel Alcides Carrión das höchstgelegene der Welt. Es ist die Heimstätte des peruanischen Fussballclubs Unión Minas und liegt auf 4380 Meter über Meer auf einem Hochplateau der Anden. Der Heimvorteil ist mässig: Unión Minas wartet seit über 20 Jahren auf den Wiederaufstieg in die höchste Liga.
Als höchstgelegene Sportstätte Europas gilt das Ottmar-Hitzfeld-Stadion in Gspon VS. Auf dem auf 1920 Meter über Meer gelegenen Fussballplatz bestreitet der FC Gspon seine Spiele in der Walliser Bergdorfmeisterschaft. Früher auf Schindeln, seit 2009 auf Kunstrasen. Zur Einweihung wurde der Platz nach dem damaligen Schweizer Nationaltrainer benannt. Die Zeitschrift «Reader’s Digest» wählte den Ground einmal zum «schrägsten Stadion der Welt».
Ganz schön rund
Ein Stadion kann viele Formen haben, eine Kugel gehört eher nicht zu den Favoriten der Architekten. Das macht die Avicii-Arena in Stockholm weltweit einzigartig. Im einst als Globen bekannten Mehrzweckstadion finden neben Konzerten vor allem Eishockeyspiele der Clubs Djurgarden und AIK sowie der schwedischen Nationalteams statt.
Mit seiner Form, seinem weissen Anstrich, seinen Bullaugenfenstern und seiner Lage mitten in einem Wohnquartier wirkt der Bau wie ein UFO, das gerade im Süden der schwedischen Hauptstadt gelandet ist. Bonus: Mit einer kleinen Seilbahn können Besucherinnen und Besucher auf die Kugel fahren und erhalten dort einen Rundumblick auf die Dächer von Stockholm.
Ganz schön teuer
Schönheit ist Geschmacksache, und bislang gibt es an keinem der erwähnten Stadions optisch besonders viel auszusetzen. Wer aber verdient es sich denn nun, das Prädikat als schönstes Sportstadion der Welt? Objektive Kriterien gibt es hierfür kaum – für viele dürfte es sowieso jenes des favorisierten Fussballclubs oder Eishockeyvereins sein.
Allerdings wird in der grossen, weiten Onlinewelt die Frage nach der schönsten Arena immer wieder gestellt. Und regelmässig als Sieger hervor geht Soccer City, das Fussballstadion von Johannesburg. Die Arena wurde für die WM 2010 renoviert, fasst knapp 95'000 Plätze und heisst heute FNB Stadium. Das Design orientierte sich am in Südafrika heimischen Flaschenkürbis. Ein Mosaik aus Erd- und Feuertönen bildet die Aussenhülle.
Ebenfalls immer weit vorne landen das Maracanã in Rio de Janeiro, das Vogelnest-Olympiastadion von Peking und, man muss diese Meinung ja nicht teilen, die Allianz-Arena von München. Bei Letzterer liegt dies vor allem an der beleuchtbaren Aussenhülle. Mit besonders spektakulärer Lage glänzt das HIL Stadion in der nordnorwegischen Kleinstadt Henningsvær auf den Lofoten.
Ganz schön abgehoben
Die Liste der teuersten Stadien der Welt ist fest in der Hand der National Football League – es ist auch die lukrativste Sportliga der Welt. Mit inflationsbereinigten Baukosten von fast 6 Milliarden Dollar ist das Sofi Stadium von Los Angeles die teuerste Sportstätte überhaupt, und der Abstand zur Nummer 2 ist gigantisch: Das Footballstadion von Las Vegas kostete vergleichsweise günstige 2,2 Milliarden. (Lesen Sie auch: Hereinspaziert ins teuerste Stadion der Welt.)
Teuerstes Fussballstadion ist der Neubau des legendären Wembley in London, der 2003 mit 1,5 Milliarden US-Dollar veranschlagt war. Heute wären das 2,1 Milliarden. Das Wembley ist auch das teuerste Fussball-Nationalstadion der Welt – gefolgt von jenem in Singapur (1,3 Milliarden).
Das teuerste Cricketstadion, und hier schliesst sich der Kreis, ist das Optus Stadium von Perth. 2014 kostete es 1,2 Milliarden Dollar. Demgegenüber war das Narendra Modi Stadium ein Schnäppchen: Es kostete 100 Millionen Dollar.
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