Spektakuläre NFLSwimmingpool, Meeresbrise und Eiseskälte: Diese Stadien schlagen alles
In der milliardenschweren Football-Liga gilt das Prinzip höher, schneller, weiter – auch beim Stadionbau. Ein Superlativ jagt den nächsten. Rundschau vor dem Saisonstart.
Manchmal geht im Sport eine Mannschaft baden. Manchmal tuns aber auch nur die Fans. Auf die National Football League jedenfalls trifft das zu. Denn wo sonst hat es im Stadion einen ausgewachsenen Swimmingpool?
Nur in der NFL scheint das möglich. Bei Heimspielen der Jacksonville Jaguars können Fans eine Art Strandhütte auf der Tribüne mieten und ihrer Mannschaft vom Oberrang des Stadions schwimmend zuschauen. Eine Strandbar bietet sich als Fluchtort an, sollten die nicht besonders erfolgreichen Jaguars wieder einmal nicht ihren Teil zur guten Laune beitragen.
Der Pool mit Aussicht ist eine der zahlreichen Kuriositäten in der Welt des US-amerikanischen Nationalsports. Eine weitere ist Tailgating: die Party auf dem Parkplatz vor dem Stadion. Wenn an diesem Wochenende der erste Spieltag der neuen NFL-Saison steigt, werden sie mit ihren Pick-ups wieder vors Stadion fahren, den Grill anwerfen und glückselig die ersten Biere der schönsten Jahreszeit im US-Sportjahr kippen.
So laut wie ein Kampfjet
Die imposante Schüssel von Kansas City ist wie geschaffen für diese Tradition der Parkplatztrinkerei, denn sie verbindet gleich zwei Leidenschaften der US-amerikanischen Gesellschaft: Sport und Autos. Ausserhalb der Stadt an einem sechsspurigen Highway gelegen, ist das Arrowhead Stadium der Chiefs umgeben von einer Asphalthölle. Zwölf verschiedene Parkplätze teilt es sich mit dem Baseballstadion der Kansas City Royals. Rund 14’000 Parkfelder stehen zur Verfügung.
Auch die Leute des Guinnessbuchs der Rekorde waren schon hier, denn das Arrowhead Stadium wurde gekürt als das lauteste Sportstadion der Welt. Bei einem Heimspiel der Chiefs in der Saison 2014 wurden 142,2 Dezibel gemessen. Das ist weit über der Schmerzgrenze für das menschliche Ohr (120). 142,2 Dezibel entspricht dem Lärm, den ein Kampfjet macht oder ein Formel-1-Bolide auf Hochtouren.
Seine Stimmbänder strapaziert das Heimpublikum in der NFL übrigens, wenn die Offensive des Auswärtsteams in Ballbesitz ist. Damit sollen die Anweisungen gestört werden, die der Quarterback von seinem Trainer über Kopfhörer aufs Feld diktiert bekommt und sie nachher an seine Mitspieler weitergibt. Ist das Heimteam am Ball, herrscht im Stadion (im Idealfall) weitestgehend Stille.
Selbst Fluggäste können zuschauen
Viel exklusiver geht es nicht: Als Stan Kroenke, schwerreicher Besitzer der St. Louis Rams, 2015 den Umzug seiner NFL-Mannschaft nach Los Angeles bekannt gab, wollte er nichts weniger als das beste Stadion der Welt gebaut bekommen. Beziehungsweise nicht einfach nur ein Stadion. «Er wollte, dass wir für ihn die Unterhaltungshauptstadt der Welt erschaffen», so sagt das der Chefdesigner des beauftragten Architekturbüros. Hollywood, wem Hollywood gebührt.
Das Sofi Stadium, zwischen Downtown Los Angeles und dem internationalen Flughafen LAX gelegen, kostete 5,5 Milliarden und ist seit der Eröffnung vor drei Jahren – mit Abstand – die teuerste Sportstätte der Welt. Und wahrscheinlich die spektakulärste. Ein riesiges Dach, 93’000 Quadratmeter gross, schwingt sich über den gesamten Komplex, zu dem eine Konzerthalle sowie eine Fan-Plaza gehört. Das Dach über dem Stadion lässt sich öffnen, stellenweise oder ganz.
Das Stadion ist gespickt mit technischen Raffiniertheiten. Seine Videowand ist keine Wand, sondern eine Ellipse mit fast 110 Metern Durchmesser, die 37 Meter über dem Rasen hängt. ESPN bezeichnete sie als «achtes Wunder der Welt». Die Wände der Arena bestehen aus teilweise bewegbaren Membranen, dank denen die Meeresbrise vom Pazifik ins Stadion gelangt und für Frischluft sorgt. Auf das Dach kann die Übertragung eines Spiels projiziert werden für Flugpassagiere, die im Anflug auf LAX über das Stadion fliegen.
Gigantischer Schulsport
Mit seinen 82’500 Sitzplätzen mag das Met Life Stadium der New Yorker Teams Giants und Jets das grösste der Profiliga sein, aber selbst unter allen Footballstadien der USA ist es nur die Nummer 15. Denn so imposant die Spielstätten der NFL sind: Was die blosse Kapazität angeht, bieten andere mehr. Das liegt an der Popularität des College-Footballs.
Abseits der Metropolen und Zentren, in den ruralen Gegenden des Mittleren Westens oder im Süden von Texas bis Florida, kommt vielerorts der Hochschulsport an erster Stelle. Acht Stadien der College-Liga fassen über 100’000 Plätze. Beim grössten von ihnen, dem Michigan Stadium in Ann Arbor, sind es fast 108’000. «The Big House» wird es genannt.
Die Passion für die Footballteams in Kleinstädten wie State College (Penn State University), Columbus (Ohio State), Knoxville (Tennessee) oder Baton Rouge (Louisiana State) ist noch feuriger und elektrisierender als in der NFL, wo der Kommerz quasi erfunden wurde. In den College-Ligen sind bei Spielen immer Zehntausende Studentinnen und Studenten anwesend, die für eine Stimmung sorgen, die sich stärker als in der NFL mit jener in europäischen oder südamerikanischen Fussballstadien vergleichen lässt. Wie dieses Beispiel der vergleichsweise kleineren Schule Virginia Tech zeigt:
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Alt und kalt
Kürzlich wurde ein talentierter Hochschul-Footballer gefragt, wo er seine Zukunft sehe, sollte er es in die NFL schaffen. «Nicht in Green Bay jedenfalls», antwortete er. «Ich habe nicht gern kalt. Was will ich also in Green Bay?»
Das Lambeau Field der Green Bay Packers ist eine der Anomalien der Milliardenliga. Nur etwas über 100’000 Menschen leben in der Kleinstadt am Lake Michigan, die Grenze zu Kanada ist nicht weit. Und wenn die NFL-Saison Anfang Winter in die entscheidende Phase geht, kann es dort tatsächlich ungemütlich werden. Beim Beginn eines Playoffspiels im Januar 1967 zwischen den Packers und den Dallas Cowboys wurden minus 25 Grad gemessen. Es ist die kälteste je ausgetragene NFL-Partie, bekannt als «Ice Bowl».
Das Stadion wurde 1957 eröffnet, seither wurde es mehrfach renoviert und vergrössert. Heute fasst die Arena 81’400 Plätze und hat moderne Annehmlichkeiten wie Logen und Restaurants. Das Fussvolk aber sitzt unverändert draussen im Wind, auf den dünnen Bänken aus Aluminium, die bei Minusgraden nicht wärmer werden, nur weil man lange genug darauf sitzt. Die Kälte schleicht gnadenlos unter die Kleider in den rund vier Stunden, die ein Spiel mit allem Firlefanz dauern kann.
Trotzdem ist der Run auf Tickets riesig, in keinem anderen Stadion ist es schwieriger, einen Platz zu bekommen. Mit Ausnahme der Corona-Zeit war seit 1959 jedes Heimspiel der Packers ausverkauft. Rund 147’000 Personen stehen derzeit auf der Warteliste für Saisonkarten. Bis es die Hintersten nach vorne geschafft haben, vergehen locker 50 Jahre. Vermutlich eher 100. Man kann seinen Platz auf der Warteliste genauso wie die Saisonkarten vererben.
Kurzes Leben – und stilles Ende
Nur 25 Jahre und 2 Monate durfte der Georgia Dome existieren. Eine kürzere Lebenszeit ist bei einem Stadion dieser Grösse, seinerzeit immerhin 215 Millionen Dollar teuer, kaum vorstellbar. 1992 wurde der Dome eröffnet als Heimstadion der Atlanta Falcons. Er kam auch während der Olympischen Spiele 1996 in der Coca-Cola-Heimatstadt zum Einsatz.
Doch die Falcons hatten ein Problem: Sie verdienten zu wenig an diesem Stadion im Vergleich mit der Konkurrenz. Einerseits gehörte es dem Bundesstaat, der beim Bau das Augenmerk andererseits mehr auf Funktionalität als auf Extravaganz oder Profit gelegt hat. Die Regierung hatte ein Einsehen und liess ab 2014 unmittelbar daneben ein zweites, ungleich grösseres Stadion bauen, das seit 2017 den Falcons als Heimstätte dient: das Mercedes Benz Stadium mit schliessbarem Dach. 1,6 Milliarden Dollar teuer.
Der Georgia Dome wurde im November 2017 gesprengt. Es geschah quasi im Verborgenen: Ein TV-Kanal hatte eine Kamera fix installiert, um die Sprengung aufzuzeichnen. Nur hielt, just als das Stadion implodierte, ein Linienbus direkt vor der Kamera und versperrte den Blick.
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