Kommentar zur SanktionspolitikDie Schweizer Demokratie muss Putins Propaganda aushalten
Damit der Westen nicht mit Putins Hass und Propaganda konfrontiert wird, verbannt die EU zwei russische Medien aus ihrem Sendegebiet. Die Schweiz sollte sich davor hüten, diese Sanktion zu übernehmen.
Die EU hat die Verbreitung von Nachrichten der russischen Staatsmedien RT (ehemals Russia Today) und Sputnik verboten. Der Bundesrat wird demnächst entscheiden, ob die Schweiz diese Sanktion auch umsetzt. Unzweifelhaft handelt es sich bei diesen beiden Kanälen um üble Propagandainstrumente von Wladimir Putin, um den Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen und zu beschönigen. Mit Journalismus hat dies nichts zu tun. Brüssel begründet den ausgesprochenen Bann damit, dass es sich um «systematische Manipulation von Informationen» handle, diese stellten «eine bedeutende Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in der Union» dar.
Ist die Sicherheit in der EU oder eben in der Schweiz durch diese beiden Sender tatsächlich bedroht? Das ist wohl kaum der Fall, ausser diese Medien würden aktiv zu Gewaltakten aufrufen. Dann müsste die Schweiz von Gesetzes wegen eingreifen, da solche Aufforderungen schon heute verboten sind.
Die zentrale Frage ist vielmehr, wie viel Propaganda eine Demokratie aushalten soll und kann. Eine freiheitliche Gesellschaft wie die Schweiz, in der die Meinungsfreiheit einen grossen Stellenwert einnimmt, muss es ertragen, dass es verschiedene Positionen und Stimmen gibt. Auch dann, wenn diese nachweislich falsch sind. Es wäre ja auch niemandem in den Sinn gekommen, den Messengerdienst Telegram zu verbieten, nur weil dessen Nutzer während der Corona-Krise viele Lügen und Halbwahrheiten verbreiteten.
Wer die Unfreiheit in Putins Russland anprangert, darf nicht selber die freie Meinungsäusserung einschränken.
Sicher, ein Krieg kann ausserordentliche Massnahmen erfordern. Aber mit einer solchen Sanktion spielt man nur Putin in die Hände. Schon jetzt echot es aus dem Kreml: «Seht her, die westliche, angeblich so demokratische Welt interpretiert die Meinungsfreiheit einfach nach ihrem Gutdünken.» Wer die Unfreiheit in Putins Russland anprangert, darf nicht selber die freie Meinungsäusserung einschränken.
Die Schweiz sollte nicht der Versuchung erliegen, dem russischen Diktator mit einer vorwiegend symbolischen Geste ihren Unmut kundzutun – zumal sich die Internetsperren von RT oder Sputnik leicht umgehen lassen. Um den Kriegstreiber Putin wirksam zu schwächen, sind die anderen, neuen EU-Sanktionen bedeutend wirksamer. Hier muss die Schweiz beherzt mitmachen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.