Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Kommentar zu Organspendedaten
Die Schweiz ist dilettantisch rückständig

Künftig sollen alle in der Schweiz ihre Organe automatisch spenden – doch die IT-Grundlage für den Widerspruch dagegen ist unsicher. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es ist ein Debakel. Das Organspenderegister der Stiftung Swisstransplant ist technisch derart einfach zu übertölpeln, dass die Einträge spendewilliger Personen als nicht gesichert gelten können. Bekannt wurde das ausgerechnet in der Woche, in der das Referendum gegen die neue Widerspruchslösung eingereicht wird.

Die Verantwortlichen beschwichtigen, doch der Reputationsschaden ist angerichtet. In einem derart heiklen Bereich wie der Frage, ob man sich nach dem Tod die Organe entnehmen lassen will, erträgt es schlicht keine Zweifel über die Echtheit und Sicherheit der Daten.

Falls das Stimmvolk die Widerspruchslösung gutheisst, zählt der Bund auch künftig auf das Swisstransplant-Register: Dann soll nicht mehr die Zustimmung zur Organentnahme, sondern deren explizite Ablehnung darin festgehalten werden. Umso wichtiger ist es deshalb, das Vertrauen wiederherzustellen.

Der Fall Swisstransplant steht für ein grundsätzliches Malaise im Schweizer Gesundheitswesen.

Doch davon ist leider nicht auszugehen – denn die IT-Sicherheitslücke ist kein Einzelfall. Vielmehr steht der Fall Swisstransplant für ein grundsätzliches Malaise im Gesundheitswesen. Vor weniger als einem Jahr musste etwa die Plattform Meineimpfungen.ch eingestellt werden – ebenfalls wegen gravierender Sicherheitsmängel. In beiden Fällen fehlte bei den zuständigen Stellen zunächst das Problembewusstsein. Man betonte die – löblichen – guten Absichten, spielte die Gefahr im Netz herunter.

Die Liste der dilettantisch rückständigen IT-Systeme im Gesundheitsbereich liesse sich beliebig verlängern. Die Verschleppung des elektronischen Patientendossiers ist ein Trauerspiel sondergleichen, die rückständige Datenerfassung zu Spital- und Fallzahlen während der Pandemie war peinlich.

Sobald die Pandemie vorbei ist, braucht die Schweiz darum einen Masterplan für die Digitalisierungskrise. Dabei müssen Bundesrat und Parlament endlich auch den Mut haben, sich über den Widerstand von Lobbys wie Ärzten oder Spitälern gegen ein zeitgemässes elektronisches Patientendossier hinwegzusetzen. Vorab gefordert sind Gesundheitsminister Alain Berset und sein Bundesamt für Gesundheit. Sie schaffen das wohl nicht ohne externe Hilfe – zum Beispiel einer Wissenschaftstaskforce wie in der Corona-Krise.