Die Sache ist ernst – China holt auf
China hat Milliarden investiert und ist für den Westen nun auch technisch ein ernst zu nehmender Rivale geworden – nicht nur auf dem Mond.
Sie haben vollbracht, was noch niemand zuvor gewagt hat: Um 3.26 Uhr mitteleuropäischer Zeit setzte im Atiken-Krater die Raumsonde «Chang'e 4» auf. Es war ein sehr schwieriges Manöver, die Gegend liegt im Funkschatten der Erde. Als erster Nation ist es China damit gelungen, eine Raumsonde auf der Rückseite des Monds zu landen.
50 Jahre nach der ersten bemannten Mondmission und Neils Armstrongs kleinen Schritten, ist die Raumfahrt wieder zum Symbol für den Wettstreit der Systeme geworden. Damals war es das Duell der USA und der Sowjetunion. Heute stehen sich die Vereinigten Staaten und China gegenüber. Politisch sowieso, zunehmend ökonomisch und nun auch technisch: China ist längst nicht mehr das Land der Raubkopierer, sondern ein ernst zu nehmender Rivale. Das gilt für die Raumfahrt, aber viel mehr noch für zukunftsbranchenträchtige Branchen wie die Künstliche Intelligenz.
Als Weltall-Nation ist die Volksrepublik ein Spätzünder. 2003 flog der erste Chinese ins All. Als «Taikonauten» werden die chinesischen Raumfahrer seitdem oft verniedlicht. In China selbst spricht man von «Hangtianyuan» – den Himmelsflug-Angestellten. Die wollen demnächst eine Sonde Richtung Mars schicken, mittelfristig ist sogar eine Jupiter-Mission angedacht. Bis 2022 soll dann eine eigene Raumstation einsatzbereit sein – ein idealer Zeitpunkt, denn vermutlich 2024 stellt die Internationale Raumstation ISS ihren Betrieb ein. Auf der ISS war chinesischen Forschern aus Furcht vor Spionage die Arbeit vom US-Kongress verwehrt worden. Schon bald könnten Europäer und Amerikaner in Peking flehentlich anfragen, ob sie mitforschen dürfen. Vielleicht dürfen sie sogar.
Video: China landet Chang'e 4 auf der Rückseite des Mondes
Mit härteren Bandagen wird indes in der Künstlichen Intelligenz gekämpft. 2016 kam es zu einem Wettstreit: Mensch gegen Maschine, Grossmeister gegen Computer, ausgetragen im Brettspiel Go, das überall in Ostasien populär ist. Schach ist ein Witz dagegen. Lee Se-dol aus Südkorea trat an gegen einen Rechner von Google. Lee verlor sang- und klanglos. Für viele Kader in China war das ein Erweckungserlebnis, ein Sputnik-Moment, wie er damals, 1957, die USA traf, als die Sowjetunion den ersten Satelliten in die Umlaufbahn schoss. Mit viel Geld holten die USA den sowjetischen Vorsprung auf.
Die Sache ist ernst
Genau das ist nun in China geschehen: Wer Go meistert, hat nicht nur einen simplen Schachcomputer programmiert, sondern ist eine ernsthafte Gefahr. Wer die intelligentesten Maschinen baut, kann künftig in vielen Branchen dominieren. Es geht um Gesichtserkennung, Videoanalysen, aber auch ums autonome Fahren. Der Staat stellt in China deshalb inzwischen Milliarden für die Forschung bereit, Unterstützung kommt von ganz oben.
Als der mächtige Staats- und Parteichef Xi Jinping im vergangenen Jahr seine Neujahrsansprache hielt, sass er wie immer vor einem Bücherregal. Karl Marx war zu sehen, auch Ernest Hemingways «Der alte Mann und das Meer». Diesmal allerdings waren in Xis Rücken auch zwei Standardwerke zur Künstlichen Intelligenz drapiert worden. Die Sache ist ernst.
Schon 2020, glauben Fachleute, könnte China mit den Vereinigten Staaten gleichgezogen haben. Und 2030 könnten chinesische Unternehmen die dominierenden Spieler auf dem Weltmarkt sein. Genau dann soll übrigens auch der erste Chinese den Mond betreten – vielleicht gleich auf der Rückseite. Neil Armstrong war dort nie.
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