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Britisches Königshaus in Bedrängnis
Die Rechnung zahlt wohl die Queen

Prinz Andrew im September 2019 in London: Mittlerweile wurden ihm alle militärischen Titel aberkannt.
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Dass Prinz Andrew, der Duke of York, nun erstmals seine langjährige enge Beziehung zu dem früheren Investmentbanker und Sexualstraftäter Jeffrey Epstein eingestanden und sich zu immensen Zahlungen an ein Epstein-Opfer verpflichtet hat (britische Medien sprechen von umgerechnet rund 14 Millionen Euro), das ihn – Andrew – wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht bringen wollte, hat in York den Unmut über die unliebsame Verbindung mit dem «schwarzen Schaf» der Windsors zum Überkochen gebracht.

Rachael Maskell, die Labour-Abgeordnete für York-Mitte, forderte jedenfalls gestern, dass Andrew nun gefälligst auch seinen Herzogstitel zurückgeben solle. Umfragen zufolge unterstützen 88 Prozent der Bevölkerung Yorks diese Forderung. Dabei hat Andrew schon so gut wie alle anderen Titel eingebüsst. Nicht einmal «Königliche Hoheit» darf er sich in der Öffentlichkeit noch nennen. Sämtliche Schirmherrschaften, ziviler wie militärischer Art, hat ihm seine Mutter, Königin Elizabeth II., im vorigen Monat aberkannt.

Und nun muss der 61-Jährige sehen, wie er die Summe aufbringt, die verhindern soll, dass er in diesem Herbst sonst womöglich doch noch von einem New Yorker Gericht für sexuelle Straftaten haftbar gemacht wird. Einen entsprechenden Schadensersatzprozess hatte ja Virginia Giuffre – ehedem Virginia Roberts – gegen den Prinzen angestrengt. Sie hatte Andrew beschuldigt, sie im Jahr 2001 an drei verschiedenen Orten missbraucht zu haben, an denen Andrews Freund Epstein sie dem Prinzen «zur Verfügung gestellt» hatte.

Zum Vergleich gedrängt

In den letzten Monaten war die Sache in einen brisanten Rechtsstreit ausgeartet. Andrew wollte sich «reinwaschen» von allen Vorwürfen. Virginia Giuffre dagegen verlangte ein klares Schuldbekenntnis und finanzielle Entschädigung. Ausgerechnet zum Zeitpunkt der Feiern zum diesjährigen 70. Jahrestag der Thronbesteigung Elizabeths, ihrem «Platinum-Jubiläum», drohten deren Sohn Einvernahme unter Eid, scharfe Anwaltsverhöre und neue Enthüllungen aller Art.

Am Ende drängte man den Prinzen bei Hofe zu einem aussergerichtlichen Vergleich mit Giuffre, damit er nicht länger im Mittelpunkt eines unwillkommenen öffentlichen Interesses stehen musste. In seinem Vergleich «bedauerte» Andrew erstmals in aller Form seine Verbindung mit Epstein in der Vergangenheit.

Land und Leuten gehen mit Prinz Andrew hart ins Gericht.

Er räumte zugleich ein, dass Virginia Giuffre «zweifellos ein Missbrauchsopfer» im Sex-Ring Epsteins gewesen sei. Und er verpflichtete sich zu einer Zahlung an die Frau, die ihn selbst des Missbrauchs bezichtigt hatte in diesem Zusammenhang.

Ein persönliches Schuldbekenntnis blieb dem Prinzen damit am Ende erspart. Diesbezüglich steckte Virginia Giuffre zurück. Aber Andrews generelle Bereitschaft zur Zahlung geforderter Gelder sprach nach Ansicht juristischer Experten für sich. «Rein rechtlich ist das Ganze zwar kein Schuldeingeständnis», meinte gestern der frühere britische Chefankläger Nazir Afzal. «Aber die Öffentlichkeit bildet sich sicher ihr eigenes Urteil.»

Wirksam wird die Vereinbarung allerdings erst, wenn im Laufe des März diese geschätzten rund 14 Millionen Euro, zu deren Überweisung sich Andrew nun verpflichtet hat, auch eingehen. Mehrere Millionen Euro an Anwaltskosten, die Prinz Andrew der Klägerin erstatten soll, kommen noch dazu.

Der einstige Lieblingssohn

Vorsorglich sind der Prinz und seine Ex-Frau Sarah daran, ihr Ski-Chalet in Verbier in der Schweiz zu verkaufen, angeblich für über 21 Millionen Franken. Der Grossteil dieser Summe wird allerdings zur Abzahlung einer entsprechenden Hypothek benötigt. Und über grössere Einkünfte oder Ersparnisse verfügt Prinz Andrew offenbar nicht.

«Air Miles Andy», der zum Golfspielen rund um die Welt zu jetten pflegte, ist der Herzog schon lange nicht mehr. Seinen luxuriösen Lebensstil hat bereits in der Vergangenheit häufig seine Mutter mitbestreiten müssen, die nun zugunsten Andrews wohl zwangsläufig wieder in die private Schatulle – in die nie versiegenden Pfründen der Duchy of Lancaster – greifen muss. Doch wie wird es weitergehen für Andrew?

Dass der Prinz, der immer als Lieblingssohn der Queen galt, je noch einmal eine repräsentative Rolle für die Krone übernehmen wird, glaubt kaum jemand im Königreich. Aus dem Familienkreis sei er natürlich nicht verstossen worden, ist aus Windsor zu hören. Aber zu offiziellen Anlässen, zu Paraden und Empfängen, zum Erscheinen der Royals auf dem Balkon des Buckingham-Palastes wird er nicht mehr erwartet. Der Schaden, den er angerichtet hat, ist zu gross.

Bruder Charles, der künftige König Grossbritanniens, soll Andrew bereits gemahnt haben, sich lieber «unsichtbar» zu machen in seinem 30-Zimmer-Herrenhaus Royal Lodge, das er auf dem Gelände von Windsor Castle bewohnt. Charles hat, wie man weiss, für die Zeit nach dem Tod der Königin eine «verschlankte» Monarchie geplant, bei der Familienmitglieder aus dem zweiten und dritten Glied keine grosse Rolle mehr spielen sollen. Eine Rückkehr Andrews auf irgendwelche Ehrenämter ist dabei auf keinen Fall geplant.

«Ihr Gewicht in Gold»

Dass es eh nicht einfach sein wird, dem Königshaus die bisherige Popularität zu erhalten, ist dem Prinzen von Wales dabei bewusst. Gestern fand sich Charles seinerseits in den Schlagzeilen, als ihm die Londoner Polizei mitteilte, sie habe gegen eine eng mit ihm verknüpfte Wohlfahrtsorganisation Ermittlungen eingeleitet, wegen möglicher Korruption.

Zunächst einmal zeigten sich die Royals gestern aber erleichtert darüber, dass nun «an der Andrew-Front» Ruhe einkehren dürfte. Andrews Deal mit Giuffre erlaube es der Queen jetzt wenigstens, ihr «Platinum-Fest» ohne Sorge vor Schlimmerem zu feiern, meinte die Scheidungs­anwältin Amber Melville-Brown. Für die Königin sei diese Vereinbarung «ihr Gewicht in Gold wert», fand die Juristin. Unterdessen kann Andrew nur hoffen, dass seine Mutter nicht auf die Bürger der Stadt York hört – und er sich weiter Duke of York nennen darf.