Strengeres Einreiseregime in Kritik«Die Quarantäne wäre ein Signal: Kommt gar nicht erst in die Schweiz»
Geht es nach den grossen Parteien, sollen alle Einreisenden getestet werden und fünf Tage in Quarantäne müssen. Andreas Züllig von Hotelleriesuisse sieht das kritisch.
Es ist ein Tabubruch: In einem offenen Brief an den Bundesrat fordern Präsidentinnen und Präsidenten der Parteien ein strengeres Einreiseregime. Das schreibt die «SonntagsZeitung». Treffen würde dies den Tourismus.
Die Idee der Präsidentinnen und Präsidenten besteht aus einer Kombination von Tests und Quarantänen. GLP-Präsident Jürg Grossen sagte gegenüber der «SonntagsZeitung», «dass vorübergehend kaum mehr oder deutlich weniger Touristen aus dem Ausland für Ferien in die Schweiz kommen» sollen. Das sei leider nötig, «denn nur so können wir die Gesundheit der Bevölkerung und die Wirkung unserer Massnahmen schützen, das hat die Erfahrung der letzten Wochen gezeigt».
Wer künftig in die Schweiz kommen will, soll an den Flughäfen oder an den Grenzübergängen einen negativen Corona-Test vorlegen müssen und zusätzlich in Quarantäne gehen, so die Idee. Unterschrieben haben den Brief alle Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesratsparteien, GLP-Präsident Grossen und Grünen-Chef Balthasar Glättli.
«Politischer Aktionismus»
Das Konzept sehe vor, dass auch bei einem negativen Test eine «umfassende Quarantäne» oder «Quarantäne light», abhängig von der epidemiologischen Lage, eingegangen werden müsse, schreibt die «SonntagsZeitung». Heisst laut Grossen: «Die Forderung bedeutet, dass abgesehen von Grenzgängern und Tagesgeschäftsreisenden alle, die in die Schweiz einreisen, in eine mindestens fünf Tage dauernde Quarantäne müssen.» Bei einer Quarantäne light soll hingegen das Verlassen der eigenen Wohnung für Bewegung, Sport und Ähnliches erlaubt bleiben. Restaurantbesuche oder der Besuch von Läden blieben weiterhin verboten.
Die Verliererin einer solch strengeren Einreisbestimmung ist die Tourismusbranche. Kein Wunder also, hält sich die Freude darüber in Grenzen. Die Gewerkschaft VPOD Luftverkehr reagierte umgehend. «Der Brief der Parteipräsidenten scheint mehr einem politischen Aktionismus zuzuordnen sein als einer evidenzbasierten Pandemiebekämpfung», heisst es in einer Mitteilung.
«Niemand kommt hierhin, wenn er weiss, dass er 5 Tage nichts machen kann»
Weitere Verschärfungen der Quarantänepflicht würden die Hoffnungen auf eine Zunahme der Reisetätigkeit im Frühling und Sommer zunichtemachen, heisst es weiter. «Wenn die Politik möchte, dass die Schweiz auch in Zukunft eine funktionierende Luftfahrt und Tourismusindustrie besitzt, muss nun unverzüglich ein Testsystem an den Grenzen etabliert werden, das sowohl einen sicheren Reiseverkehr gewährleistet als auch Arbeitsplätze schützt.» Die Gewerkschaft sieht ein «ein Testsystem, das Quarantänepflicht verhindert, nicht ergänzt» als sinnvoll an. Anders also als die Idee der Parteien.
Andreas Züllig, Präsident von Hotelleriesuisse sagt, er könne die Teststrategie nachvollziehen. Ganz anders die fünftägige Quarantäne. «Die Quarantäne wäre ein Signal: Kommt gar nicht erst in die Schweiz», sagt Züllig. Das habe starke Auswirkungen auf den Tourismus in die Schweiz. «Niemand kommt hierhin, wenn er weiss, dass er fünf Tage nichts machen kann.» Zudem: Man könne nicht die Hotellerie offenlassen, aber ständig die Bedingungen verschärfen.
Forderungen kämen zu spät
Mehr mit der Idee anfangen kann Nicolo Paganini. Er ist Mitte-Nationalrat und Präsident des Schweizer Tourismusverband. Er sagt: «Die Vorschläge gehen in die richtige Richtung. Wir fordern ja schon lange mehr Testen und dafür kürzere oder gar keine Quarantäne.» Allerdings brauche es eine klare Exitstrategie, um die Reisetätigkeiten aus dem Ausland im Frühling und Sommer nicht abzuwürgen. Eine solche sehen die Parteipräsidentinnen und Präsidenten vor.
Im offenen Brief heisst es dazu, dass bei einer positiven Entwicklung die Quarantäne abgeschwächt oder durch eine Schnellteststrategie ersetzt werden könne. «Im Moment haben wir sehr wenige ausländische Touristen, daher hätte eine Verschärfung zur jetzigen Zeit keine grossen Auswirkungen auf den Tourismus», sagt Paganini. Gerade Gastronomen erbrächten grosse Opfer, sagt Paganini weiter. So wäre es schade, wenn die Erfolge aus den Einschränkungen im Inland gefährdet würden mit dem Einschleppen des Virus aus dem Ausland.
Hans Wicki, FDP-Ständerat und Präsident von Seilbahnen Schweiz, geht davon aus, dass internationale Gäste sowieso bis im vierten Quartal selten sein werden in der Schweiz. «Solange Europa nicht als sicher gilt, werden die grossen Massen nicht in die Schweiz kommen», sagt Wicki. Bis dahin begrüsst Wicki eine gute Teststrategie, allenfalls in Kombination mit einer verkürzten Quarantäne. Was er hingegen nicht verstehen kann, ist der Zeitpunkt der Forderungen. «Das hätten wir im November diskutieren müssen», so Wicki.
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