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Zwei neue Volksinitiativen 
Die Mitte zieht für die Ehepaare in den Wahlkampf

Tiefere Steuern und höhere Renten verspricht die Mitte-Partei den Ehepaaren. 
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Auf den Unterschriftenbogen der Mitte-Partei prangen zwei goldene Eheringe, geworben wird für «faire Renten» und für «faire Steuern». Die Lancierung der zwei Initiativen erfolgt genau ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen. Mit der Unterschriftensammlung will sich die Mitte als Anwältin der Ehepaare profilieren. 2019 war die Partei mit der Initiative für eine Kostenbremse im Gesundheitswesen in den Wahlkampf gezogen.

Mit den neuen Volksbegehren greift die Partei zwei altbekannte Forderungen auf, die sie bereits in der Initiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» gestellt hatte. Diese Initiative wurde 2012 vom Volk knapp abgelehnt, das Bundesgericht annullierte 2019 aufgrund einer Beschwerde das Resultat der Volksabstimmung. Über die zwei neuen Initiativen informiert die Mitte-Partei offiziell erst nächsten Dienstag. Die Initiativtexte wurden jedoch bereits publiziert.

Die Rentenforderung der neuen Initiative ist konkreter formuliert als in der gescheiterten Heiratsstrafe-Initiative, die sich allgemein gegen die Benachteiligung der Ehepaare bei Steuern und Sozialversicherungen wandte. Neu lautet die Forderung, dass die Renten verheirateter Paare nicht mehr gekürzt werden dürfen. Heute erhalten Ehepaare zusammen höchstens 150 Prozent der Maximalrente für Einzelpersonen, das heisst zurzeit maximal 3585 Franken pro Monat. Ein Konkubinatspaar, bei dem beide Anspruch auf die Maximalrente von heute 2390 Franken haben, kommt auf 4780 Franken. Dieser Rentenunterschied werde heute von vielen Ehepaaren als ungerecht empfunden, sagt Mitte-Ständerat Erich Ettlin, der Mitglied des Initiativkomitees ist. 

Kosten von 3 Milliarden

Bundesrat und Parlament lehnten die Abschaffung des Plafonds für Ehepaarrenten bisher mit der Begründung ab, dass Ehepaare unter dem Strich bei der AHV sogar besser behandelt würden als Konkubinatspaare. Zu den Vorteilen der Ehepaare gehörten die Witwen- und Witwerrenten sowie der Verwitwetenzuschlag, was zusammen rund 3 Milliarden Franken pro Jahr kostet, etwa gleich viel wie den Ehepaaren durch die Rentenplafonierung entgeht. Die Gleichstellung der Ehepaare mit Konkubinatspaaren bei der AHV würde also rund 3 Milliarden Franken kosten. Zum Vergleich: Mit der am 25. September angenommenen AHV-Reform verbessert sich die Rechnung der AHV um rund 2 Milliarden Franken.

Die SP hält zumindest die Idee einer Erhöhung der Ehepaarplafonierung für prüfenswert, wie die Partei mitteilt. Auch Gewerkschaftspräsident Pierre-Yves Maillard zeigt sich offen für eine Verbesserung der AHV-Renten. Es sei erfreulich, dass nach der Abstimmung über Frauenrentenalter 65 nun auch für die Mitte-Partei die Rentenhöhe zum Thema werde, sagt der Waadtländer SP-Nationalrat. Besser wäre es allerdings, wenn die Diskussion ohne den Umweg über eine Volksinitiative direkt im Parlament aufgenommen werde. Zudem dürfe sich die Debatte nicht nur auf die Ehepaarrenten beschränken, sagt Maillard.

Die Mitte-Partei dürfte denn auch mit ihrer Initiative vor allem darauf setzen, dass in einem Gegenvorschlag ein Rentendeal resultiert, der den Rentenplafond zumindest erhöht, wie das in der 2017 gescheiterten Rentenreform vorgesehen war. Möglicherweise muss die Mitte dann aber auch zu Reformen bei den Witwenrenten bereit sein. SP und Gewerkschaften fordern ihrerseits mit einer Initiative die Einführung einer 13. AHV-Rente. Das Parlament wird mit den Beratungen zu dieser Initiative demnächst beginnen.

GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy sieht in der Abschaffung des Ehepaarplafonds keine sozialpolitische Notwendigkeit. Von der Plafonierung seien vor allem Ehepaare mit höheren Einkommen betroffen, und diese hätten in der Regel auch eine gute zweite Säule. Die Mitte-Initiative helfe nicht jenen, die tatsächlich zu tiefe Renten hätten. Das sind vor allem jene mit tiefen Erwerbseinkommen und ungenügender zweiter Säule. Im Fall von verheirateten Paaren erreichen diese Erwerbstätigen im Alter zusammen ohnehin nicht mehr als 150 Prozent der maximalen AHV-Rente und sind deshalb von der Plafonierung kaum betroffen. 

Mitte will Individualbesteuerung verhindern

Mit dem zweiten Volksbegehren fordert die Mitte erneut die Abschaffung der steuerlichen Benachteiligung von Ehepaaren. Heute bezahlen bei der direkten Bundessteuer immer noch rund 450’000 Zweiverdiener-Ehepaare und 250’000 Rentnerehepaaren deutlich mehr Steuern als Konkubinatspaare in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen. Der Nationalrat will diese Benachteiligung nun beseitigen, indem beide Ehepartner künftig separat veranlagt und besteuert werden (Individualbesteuerung).

Die Mitte-Partei will mit ihrer Initiative die Individualbesteuerung verhindern, indem die gemeinsame Besteuerung der Ehepartner in der Verfassung festgeschrieben wird. Zur Beseitigung der Heiratsstrafe greift die Mitte auf einen Vorschlag des Bundesrats zurück. Dieser sah vor, Ehepaaren eine Wahlmöglichkeit zu geben zwischen gemeinsamer und individueller Besteuerung. Das Ehepaar soll dann die jeweils günstigere Variante wählen können.

Zurzeit sind die Befürworter der Individualbesteuerung im Parlament im Vorteil. Zudem haben die FDP-Frauen im September eine Volksinitiative zur Einführung der Individualbesteuerung eingereicht. Im Nationalrat gibt es für diesen Systemwechsel mit SP, Grünen, FDP und GLP eine deutliche Mehrheit, im Ständerat haben SP, Grüne und FDP eine knappe Mehrheit. Die Individualbesteuerung erhöhe den Anreiz für Zweitverdienende zur Erwerbstätigkeit, sagt Bertschy. Die von der Mitte-Partei vorgeschlagene Entlastung für Ehepaare führe hingegen primär zur Steueroptimierung ohne merklichen volkswirtschaftlichen Nutzen.