Die grosse Film-Offensive von Lego, Playmobil und Co.
Spielwarenhersteller setzen zunehmend auf bewegte Bilder, um Kinder zu erreichen. Die Spanne reicht von Youtube-Filmchen bis zum Kinostreifen. Erfolg haben sie aber nicht immer.
Nach der Kinopremiere war der Hype abrupt vorbei. «Playmobil – Der Film» geriet zu einem der grössten Flops im Kinojahr 2019. Da halfen auch die Publikumslieblinge wie Matthias Schweighöfer oder Beatrice Egli nichts, die den Figuren des Animationsfilms ihre Stimmen liehen. «Kreativ sieht anders aus», hiess es, der Streifen sei ein reines Werbefilmchen für Playmobil. Für Geobra Brandstätter, das Unternehmen, das sein Geld ausser mit Kunststoff-Pflanzkübeln (Lechuza) hauptsächlich mit Playmobilfiguren verdient, geriet der erste Spielfilm zum Fiasko.
Es ist ein schwieriges, weil ungewohntes Terrain, auf das sich inzwischen alle grossen Spielwarenhersteller begeben. Einer nach dem anderen steigt ins Filmgeschäft ein. Im digitalen Zeitalter ist das fast schon unumgänglich. «Die Spielwaren- und die Entertainmentbranche verschmelzen immer mehr», sagt Michael Sieber, Chef des Spielzeugriesen Simba-Dickie.
Es reicht nicht mehr, Spielzeug einfach in die Regale zu stellen. «Sie müssen zum Produkt eine Geschichte mitliefern und über die Kanäle ausspielen, auf denen sich Kinder bewegen», sagt Felix Stork, Marketingchef bei Simba-Dickie. «Früher war das einfach. Da machte man Fernsehspots oder brachte Comichefte auf den Markt.» Heute aber gebe es immer mehr Apps, Streamingdienste – und Youtube, wo sich die Kinder tummelten. Wer als Hersteller mit seinem Spielzeug sichtbar sein will, braucht entsprechend auch eigene Filme für all diese Kanäle.
Lizenzprodukte werden wichtiger
Umgekehrt kennt man das Geschäft schon länger: Blockbuster wie «Harry Potter», «Die Eiskönigin» oder «Star Wars» liefern die Vorlagen für Spielzeug. Die jeweiligen Filmhelden werden als Figürchen oder Puppen nachgebaut, ebenso ihre Raumschiffe und Lebenswelten. Die Spielwarenproduzenten zahlen zum Teil hohe Lizenzgebühren an Rechteinhaber und Produktionsfirmen, um die Produkte exklusiv bauen und vertreiben zu dürfen. Experten schätzen, dass vor allem grosse Spielwarenmarken inzwischen mindestens ein Viertel ihres Umsatzes mit Lizenzgeschäften erwirtschaften.
Lego zum Beispiel ist seit Jahren mit massstabgetreuen Raumschiffen aus den «Star Wars»-Filmen hervorragend unterwegs und erreicht damit im Übrigen auch eine erwachsene Kundschaft. Zum Weihnachtsgeschäft 2019 brachte der dänische Klötzchenkonzern den «Imperialen Sternzerstörer» auf den Markt, einen 1,10 Meter langen Raumschiffbausatz mit 4800 Teilen – und dem stolzen Preis von 749 Franken.
Auch Puzzle-, Spielfiguren- oder Brettspielhersteller – nahezu die gesamte Branche – profitieren vom Lizenzhype: 34,5 Milliarden US-Dollar wurden nach Angaben von Maura Regan, Präsidentin des Weltverbands Licensing International, im vergangenen Jahr mit Lizenzspielwaren umgesetzt. Sie sind damit nach Bekleidung die zweitgrösste Produktgruppe im Lizenzgeschäft, noch vor entsprechenden Videospielen und Computersoftware.
Lego-Movie mit Oscar-Nominierung
Auf das Lizenzgeschäft wollen sich zumindest die grossen Markenhersteller aber nicht verlassen. Fremdbestimmt wäre man dann, zu sehr darauf angewiesen, dass erfolgreiche Filmfiguren auch als Spielzeug zünden. Also erwecken die Firmen ihre eigenen Kreationen immer häufiger in eigens produzierten Animationsfilmen zum Leben. Das muss nicht zwangsläufig so schiefgehen wie bei Playmobil. «The Lego Movie», der 2014 veröffentlichte erste Spielfilm des dänischen Spielzeugherstellers, spielte mehr als 450 Millionen Euro ein und war sogar für den Golden Globe und für einen Oscar nominiert.
Für die meisten Spielwarenhersteller ist das Filmgeschäft Neuland. In der Regel geben sie die Produktionen bislang bei einschlägigen Fremdfirmen in Auftrag. Spielzeugriese Simba-Dickie dagegen gehört zu denen, die es neuerdings in Eigenregie versuchen. 2018 übernahm das Fürther Familienunternehmen eine kleine schwedische Produktionsfirma, die inzwischen als Kid-e-Media firmiert. Im September 2019 ging die erste Eigenproduktion bei Youtube an den Start; seither erlebt Chichi Love, ein Taschenhündchen aus der Simba-Produktpalette, monatlich ein neues, siebenminütiges Abenteuer. Die ersten fünf Folgen, produziert in diversen Sprachen, wurden nach Firmenangaben bereits 25 Millionen Mal abgerufen.
Eine Minute kostet fünstelligen Betrag
Mit Rückschlägen muss dabei gerechnet werden. An einen Kinofilm wagt sich Simba-Dickie in absehbarer Zeit (noch) nicht heran. Konkurrent Playmobil will sich dem Firmensprecher zufolge trotz des Kinoflops «weiter auch zu einer Medienmarke entwickeln und vielseitige neue Unterhaltungsangebote machen».
Billig ist all dies nicht. Für eine Minute Animationsfilm fällt schnell ein niedriger fünfstelliger Betrag an Produktionskosten an. Beim Playmobilfilm schätzen Experten die Gesamtkosten auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Das Unternehmen nennt auf Nachfrage keine Zahlen. Man habe nur die Verfilmungsrechte an der Marke Playmobil zur Verfügung gestellt, so der Sprecher. Drehbuch, Produktion, Vermarktung – alles habe ausschliesslich in den Händen der Filmproduzenten gelegen. Verantwortlich für den Flop seien «Probleme bei der Vermarktung» und ein «zu geringes Marketingbudget aufseiten unserer internationalen Partner». Die anderen sind also schuld. Und wie sehr die Marke Playmobil unter dem Flop leidet, lässt sich ohnehin nicht beziffern.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch