Kolumne «Heute vor»Die Eltern wollten ihre Kinder nicht aus dem Schlaf rütteln
Dass die Kinder schon um 7 Uhr in der Schule sein müssen, war ihnen zu früh. Deshalb wurden Eltern vor 100 Jahren bei der Schulpflege vorstellig – und erreichten eine Reaktion.
«Aufstehen! Du musst in die Schule!» Jetzt nach den Herbstferien dürften die Eltern wieder gefordert sein, ihre Kinder rechtzeitig aus dem Bett zu kriegen. Wird es nicht langsam Zeit, den Schulbeginn nach hinten zu verlegen? Dieses Thema wird nicht nur in der heutigen Zeit immer wieder aufgeworfen, sondern wurde schon vor 100 Jahren heiss diskutiert.
Im Oktober 1921 berichtete die rechtsufrige «Zürichsee-Zeitung» vom Wunsch einzelner Küsnachter Väter und Mütter. Sie wollten, dass der Unterricht in der Primarschule im Sommer auch für die 4. bis 6. Klasse erst um 8 Uhr morgens beginnt, «da viele Schüler direkt aus dem Schlafe aufgerüttelt werden müssten, um schon um 7 Uhr in der Schule zu sein. Dabei wurde von ärztlicher Seite angeführt, dass nicht alle Schüler dann schon ausgeschlafen hätten und dass sie demnach nicht mit voller Aufmerksamkeit dem Unterrichte zu folgen vermöchten». Auch die Gegenseite wurde aufgezeigt, nämlich, dass die Schulstunden von 7 bis 8 Uhr in den heissen Sommermonaten «die fruchtbarsten seien». Ein später beginnender Unterricht würde auch später enden, was in der heissen Jahreszeit zu «einer schärferen Ermüdung führe, die den Unterrichtserfolg stark beeinträchtige».
Die Schulpflege fällte damals übrigens noch keinen Entscheid, «da beide Ansichten etwas für sich haben». Vielmehr startete sie eine Umfrage, «um ein Bild davon zu bekommen, wie die Meinungen in dieser Beziehung sind».
Ganz andere Hoffnungen hegten da die «Schuljungen» in Wädenswil. Wie der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee» schrieb, bemühten sie sich vergeblich um einen Sportplatz. «Bisher durfte die Jugend den Rasenplatz beim Eidmattschulhaus benützen; nun ist auch dieser Platz verboten worden. Die Baukommission wird deshalb gebeten, Umschau nach einem geeigneten Spielplatz im Dorf zu halten, und wir hoffen, dass sich Behörden und Sportsfreunde gern ins Mittel legen, der Schuljugend einen Platz zu freier, gesunder Betätigung anzuweisen.»
Wer genau diese Forderung stellte – die Schüler, die Eltern oder gar die Zeitungsredaktion – geht aus dem kurzen Beitrag übrigens nicht hervor.
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