Kommentar zum erneuten DebakelDie Credit Suisse braucht eine neue Kultur
Erneut drohen der Schweizer Grossbank Verluste im Milliardenbereich. Diesmal durch ihr Geschäft mit einem US-Hedgefonds. Die Ereignisse zeugen von einem bedenklichen Hang, für erwartete Profite enorme Risiken einzugehen.
Schon wieder die Credit Suisse. Noch bevor das Debakel aus dem Geschäft mit dem zweifelhaften Handelsfinanzierer Lex Greensill verdaut ist, drohen der Schweizer Grossbank schon weitere Milliardenverluste. Laut Schätzungen von Insidern hat die CS im Geschäft mit dem US-Hedgefonds Archegos Capital Management bis zu vier Milliarden Dollar verloren, bei Greensill waren es drei Milliarden.
Das zeigt: Die Credit Suisse hat ein erhebliches Kulturproblem. Sind die Gewinnaussichten hoch genug, interessieren die Risiken nicht mehr. Und wie der Fall Archegos Capital zeigt, waren diese Risiken gigantisch.
Das beginnt schon mit dem Hedgefonds-Besitzer Bill Hwang, der im Jahr 2012 wegen Insiderhandels in den USA verurteilt wurde. Hwang hat seine Wetten in einem Ausmass mit geliehenem Geld betrieben, wie das selbst für die Wallstreet einmalig ist.
Die Credit Suisse verliert aber mehr als nur viel Geld, schlimmer ist das weiter erodierte Vertrauen in die Spitze der Bank: in CEO Thomas Gottstein und noch mehr in den bald abtretenden Urs Rohner, seit zehn Jahren Präsident des Verwaltungsrates.
Die Ereignisse lassen sich nicht mit dem Anspruch der Bank in Übereinstimmung bringen, in erster Linie Vermögensverwalterin zu sein und Risiken ansonsten zu meiden.
Die Credit Suisse ist nicht die einzige Grossbank, die sich im Geschäft mit Bill Hwang die Finger verbrannt hat – oder zuvor in jenem mit Lex Greensill. Doch gemessen an den erwarteten Verlusten ist das Engagement der CS am grössten. Und noch wichtiger: Die Ereignisse lassen sich nicht mit dem Anspruch der Bank in Übereinstimmung bringen, in erster Linie Vermögensverwalterin zu sein und Risiken ansonsten zu meiden. Bei den anderen Instituten handelt es sich vorwiegend um Investmentbanken.
Das Debakel führte am Montag zu einem Einbruch der CS-Aktie von zwischenzeitlich mehr als 16 Prozent. Mehr Bedeutung hat, dass die CS als systemrelevante Bank Risiken für die Finanzstabilität eingeht, die alle betreffen. Es bleibt nur zu hoffen, dass mit dem Ende der Amtszeit von Urs Rohner als Verwaltungsratspräsident eine neue Kultur Einzug hält.
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