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Olympia-Skandal in Japan
Die «Beyoncé von Japan» wehrt sich mit Humor

Beliebte japanische Komikerin: Naomi Watanabe bei einem Auftritt in Tokio. (Rodrigo Reyes Marin/ZUMA/Imago Images)
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Der Humor von Naomi Watanabe hält etwas aus. Deshalb reagierte Japans wohl prominenteste Komödiantin auch gelassen, als sie von der Frechheit hörte, die diese Woche zur nächsten Aufregung rund um die Olympischen Spiele in Tokio führte. Naomi Watanabe hatte die Spiele ja eigentlich schon abgehakt. Das Angebot an sie, bei der Eröffnungsfeier aufzutreten, hatten die Organisatoren im vergangenen Jahr wegen der Pandemie zurückgezogen. Sie hatte nichts mehr zu tun mit dem Ereignis. Bis am Donnerstag der Olympia-Kreativchef Hiroshi Sasaki zurücktrat, weil eine Zeitschrift eine seiner kruden frühen Ideen für die Eröffnungsfeier veröffentlicht hatte. Demnach sollte Naomi Watanabe im Schweinchen-Kostüm als «Olympig» ins Olympiastadion schweben. Naomi Watanabe nahm es zur Kenntnis und liess mitteilen: «Ich bin sehr glücklich mit meiner Figur.»

Naomi Watanabe (33) ist mollig. Das sollte eigentlich kein Thema sein in einer freien Gesellschaft, die Menschen nach ihren Talenten, nicht nach ihrem Äusseren bewertet. Aber es ist eben doch eines. Die ganze Welt wird beherrscht vom Ideal des schlanken Körpers. Und in Japan, wo es wie die erste Bürgerpflicht wirkt, sich Normen anzupassen, fallen Menschen mit üppiger Taille besonders auf. Vor allem von den Frauen wird hier erwartet, zierlich zu sein. Bei manchen führt das zu manischer Gewichtskontrolle und Magersucht.

Gespielt, getanzt, geblödelt

Umso wichtiger, dass Naomi Watanabe da ist. Mit Spass und Selbstbewusstsein hat sie sich in die Herzen der Nation gespielt, getanzt, geblödelt. Ihre Komik mag bisweilen etwas vordergründig und schrill wirken. Aber ihre Botschaft ist gross. Sie erzählt vom Wert des Andersseins und vom Recht auf Übergrössen. Lachen ist in ihrer Welt ein Akt der Erkenntnis.

Geboren ist sie in Neu-Taipeh, Taiwan, aufgewachsen in Japan, Präfektur Ibaraki. Die Mutter ist Taiwanerin, der Vater Japaner. «Ich bin nicht in der besten Umgebung aufgewachsen», hat Naomi Watanabe einmal dem New Yorker Lifestyle-Magazin «The Cut» erzählt. Mit Musik und Comedy habe sie sich abgelenkt, wenn die Eltern stritten. Und wenn der Krach in frostige Stille überging, «habe ich was Lustiges gesagt und meine Eltern zum Lachen gebracht».

Mit 18 begann sie öffentlich aufzutreten. Die Mutter war dagegen. Naomi Watanabe machte es trotzdem. 2008 kam der Durchbruch mit einer Play-back-Parodie. Naomi Watanabe schwang die Hüften wie die amerikanische Popgrösse Beyoncé und verdiente sich damit den Beinamen «Beyoncé von Japan». Sie bewährte sich als Stammkraft im Variété-Showgeschäft, das die Männer dominiert hatten. Sie wurde zur Identifikationsfigur der Normalen und nicht so Schönen.

Uneitel und furchtlos

Heute ist Naomi Watanabe eine prägende Grösse im öffentlichen Leben Japans, uneitel und furchtlos. Auf Instagram hat sie 9,3 Millionen Follower. Ständig flimmert irgendwo ein Reklamefilm mit ihr. Sie hat in Musicals, Filmen, Serien mitgespielt und Anime-Charakteren ihre Stimme gegeben. 2014 gründete sie «Punyus», ein Modelabel für Übergrössen.

Japan ist ihr mittlerweile zu klein geworden. Im März gab sie bekannt, in die USA umzuziehen. Eine Modelagentur und eine Künstleragentur haben sie dort unter Vertrag genommen. Sie spricht von einer «brandneuen Herausforderung». In einem Fernsehinterview hat sie kürzlich ihr Ziel abgesteckt: mit 40 eine Hauptrolle in einer amerikanischen Komödie.

Naomi Watanabe ist also beschäftigt. Sie hat eigentlich gar keine Zeit für irgendwelche Herren, die sie in Schweinchenkostüme stecken wollen. Sie findet so was auch nicht interessant. Sie kennt sich aus mit solch Abschätzigem. Sie weiss, was davon zu halten ist. «Die Leute, die negative Sachen sagen, haben selbst Probleme mit ihrem Körper», sagt Naomi Watanabe, «ich bin darüber hinweg. Also ist es Zeit, dass sie auch darüber hinwegkommen.»