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Streiks in französischen Raffinerien
Die Bevölkerung reagiert genervt auf den Treibstoffmangel

Geschlossene Tankstelle in Lille. 
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«Pénurie» ist das französische Wort für Knappheit, und man hörte es ziemlich oft in den vergangenen Wochen. Gasknappheit, Stromknappheit, seit neuestem auch: Benzinknappheit. In Frankreich bilden sich immer längere Schlangen vor den Tankstellen. Und das ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass viele Autofahrer noch schnell von dem Tankrabatt von 30 Cent pro Liter profitieren wollen, der ab November auf 10 Cent sinken wird.

Nach Angaben des französischen Energieministeriums war am vergangenen Wochenende an etwa jeder dritten Tankstelle mindestens ein Kraftstoff knapp. In manchen Regionen des Landes war sogar mehr als die Hälfte der Tankstellen betroffen. Am Dienstag kam es vor allem im Grossraum Paris zu langen Schlangen vor den Tankstellen. Die Bevölkerung reagiert genervt auf den Treibstoffmangel.

Zehn Prozent mehr Lohn

Die Energiekrise hat damit nur indirekt zu tun. Hauptursache für die Benzinknappheit sind – klassisch französisch – Streiks in mehreren grossen französischen Raffinerien und Kraftstofflagern. Seit Ende September haben viele Mitarbeiter dort ihre Arbeit niedergelegt und fordern höhere Löhne.

Betroffen sind vor allem die Energiekonzerne Total Energies und Exxon Mobil. Ein Regierungssprecher rief dazu auf, die Blockaden zu beenden, und drohte damit, das Personal zur Not zum Dienst zu verpflichten. Bereits am Dienstag wurde angekündigt, dass Streikende zu Notdiensten verpflichtet werden sollen am Mittwoch. Dann müsste notfalls die Polizei die Leute zur Arbeit bringen.

Das ist in der Nähe von Le Havre am Mittwoch bereits in Gange, die Regierung verpflichtete dort das nötige Personal für en Benzin-Depot von Exxon Mobil zum Dienst. Nicht wenige erinnert die aktuelle Situation an die Anfänge der Gelbwesten. In sechs von sieben Raffinerien stimmten die Angestellten am Mittwoch für eine Verlängerung des Streiks, mit dem sie ihrer Forderung nach höheren Löhnen Nachdruck verleihen. 

«Die vergangenen Monate waren für die Ölindustrie besonders günstig und haben ihr Milliardengewinne eingebracht», heisst es in einer Mitteilung der Gewerkschaft CGT. Anstatt den Aktionären unbegrenzte Gewinne auszuschütten, so die Gewerkschaft, solle das Geld den Beschäftigten der Branche zugutekommen, die unter der Inflation zu leiden hätten. Die CGT fordert nachträgliche Verhandlungen und zehn Prozent mehr Lohn für das Jahr 2022.

Geduldsprobe vor einer Tankstelle im nordfranzösischen Genech.

Die französischen Medien sind inzwischen voll mit Bildern von Warteschlangen vor den Tankstellen. Pendler beschweren sich, dass sie nicht mehr mit dem Auto zur Arbeit kommen. Die Taxifahrer fordern, dass sie beim Tanken Vorrang bekommen sollen.

Die Lage an den Zapfsäulen ist so angespannt, dass Präsident Emmanuel Macron zur Ruhe mahnte. Wer jetzt auf Vorrat tanke, verschlimmere das Problem nur. Die Regierung werde handeln, sagte Macron. «Es gibt kein allgemeines Versorgungsproblem», versicherte der französische Verkehrsminister Clément Beaune am Wochenende. Die Regierung hat nun entschieden, bisher verschlossene Kraftstoffreserven anzuzapfen. Ausnahmsweise dürfen Tanklaster auch am Wochenende fahren, um die Zapfsäulen aufzufüllen.

Viele sind auf das Auto angewiesen

Der Energiekonzern Total Energies, dessen Raffinerie in der Normandie am stärksten von dem Streik betroffen ist, hat inzwischen mit einem ersten Angebot reagiert: Man sei bereit, die eigentlich für November vorgesehenen jährlichen Verhandlungen schon im Oktober abzuhalten – vorausgesetzt, der Streik werde beendet. Einen konkreten Termin nannte der Konzern nicht. Die Gewerkschaften hingegen wollen ihren Streik erst beenden, wenn ein Termin feststeht und die Verhandlungen begonnen haben. Etwa 45 Prozent der Franzosen haben gemäss einer Umfrage keinen ausreichenden Zugang zu öffentlichen Transportmitteln. Auf dem Land beträgt der Anteil bis zu 70 Prozent.