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Analyse zum Wahlausgang im Iran
Die Ayatollahs veranstalten eine Wahlfarce

Wunschkandidat des Wächterrats: Ebrahim Raisi, neuer Präsident des Iran.
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Der scheidende iranische Präsident Hassan Rohani hat das Establishment aus ultrakonservativen Klerikern und Revolutionsgarden gewarnt: «Das Herz von Wahlen ist der Wettbewerb», sagte er. «Wenn man das wegnimmt, bleibt nur eine Leiche.» Freie und faire Wahlen hat es in der Islamischen Republik nie gegeben, aber doch einen gewissen Wettstreit politischer Ideen und konkurrierender Fraktionen. Damit ist es jetzt vorbei – die republikanischen Elemente des Systems hat der Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei mit der jüngsten Wahlfarce beerdigt.

Khamenei hat seinen Wunschkandidaten, den Hardliner Ebrahim Raisi, als neuen Präsidenten installiert. Alle Bewerber anderer politischer Strömungen mit Gewicht hatte zuvor der demokratisch nicht legitimierte Wächterrat eliminiert, wie schon bei der Parlamentswahl 2020.

In Richtung eines totalitären Systems

Der Iran steuert auf die schwierigste Zeit seit dem Tod von Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini im Jahr 1989 zu. Das Regime taumelt durch seine schwerste Krise, Khamenei ist 82 Jahre alt. Raisi gehört der letzten Generation an, die 1979 an der Islamischen Revolution teilgenommen hat. Er soll deren Prinzipien wahren, könnte gar Khamenei beerben. Den einzigen Weg, den Bestand des Regimes zu garantieren, sieht Khamenei offenkundig darin, die Islamische Republik in Richtung eines totalitären Systems umzuformen, in dem die Hardliner alle Macht auf sich vereinigen.

Begonnen hat diese bedauerliche Entwicklung schon 2009, als nur massiver Wahlbetrug dem populistischen Scharfmacher Mahmoud Ahmadinejad eine zweite Amtszeit verschaffte. Massenproteste von Anhängern der Reformer, die sogenannte grüne Revolution, schlug die Führung brutal nieder und drängte all jene aus dem geduldeten politischen Spektrum, die für grundlegende Erneuerung und mehr Demokratie eintraten. Ähnliches haben nun die gemässigten Konservativen zu gewärtigen, die zwar nicht am System rütteln, aber Pragmatismus über die Prinzipien der Revolution stellen.

Das Regime taumelt durch seine schwerste Krise: Revolutionsführer Ali Khamenei.

Raisi hat sich dem Establishment mit brutaler Härte gegenüber politischen Widersachern angedient. Er war an den offiziell geleugneten Massenhinrichtungen von Regimegegnern Ende der Achtzigerjahre auf Geheiss Khomeinis ebenso beteiligt wie an der Niederschlagung der Proteste 2009 und als Justizchef an der Verfolgung von Dissidenten bis in die jüngste Zeit. Für viele Menschen im Iran, vor allem die jungen, heisst das: Menschenrechte werden noch weniger zählen, die kleinen Freiheiten sind in Gefahr. Raisi will den Zugang zum Internet und zu sozialen Medien weiter begrenzen und konservative soziale Normen stärker durchsetzen.

Die Entfremdung ist unverkennbar

Es ist grotesk, wenn nun Khamenei die Wahlbeteiligung von weniger als 50 Prozent, die niedrigste in der Geschichte des Landes, als Beleg der Unterstützung wertet. Die Entfremdung zwischen der Führung und grossen Teilen der Bevölkerung ist unverkennbar; die Menschen wollen wirtschaftliches Wohlergehen und in einem Land leben, das sein Auskommen findet mit der Welt.

Die Mehrheit der Iranerinnen und Iraner lehnt Ideologie, Korruption und Missmanagement des Regimes ab. Die Menschen haben dies auf die einzige Weise zum Ausdruck gebracht, die ihnen ihre Führung noch gelassen hat: Sie haben die Wahl boykottiert oder ihre Stimmzettel ungültig gemacht.