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Das berühmteste Rugby-Team der Welt
Als Verlierer verspottet – und doch sind sie kaum zu schlagen

New Zealand's openside flanker and captain Sam Cane (R) speaks with his players as they form a huddle ahead of the France 2023 Rugby World Cup quarter-final match between Ireland and New Zealand at the Stade de France in Saint-Denis, on the outskirts of Paris, on October 14, 2023. (Photo by Miguel MEDINA / AFP)
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Grosse Sportteams werden nie nur am Gegner gemessen. Sondern immer auch an der eigenen Vergangenheit und an der Kraft ihres Namens. An der Aura, die sie umgibt. Dies umso mehr, je weniger die Resultate stimmen. Man frage aktuell bei Chelsea nach, auf Schalke oder beim FC Basel.

Neuseeland ist ein Gigant im Rugby, die Nummer 1 dieser Sportart, ein Team mit Ansehen und legendärem Ruf. Die All Blacks überstrahlen alles. Nicht ohne Grund: In den 120 Jahren ihres Bestehens weisen sie die sagenhafte Siegquote von 82 Prozent aus – bei 944 Länderspielen. Von neun Weltmeisterschaften haben sie drei gewonnen, ein einziges Mal, 2007, standen sie nicht im Halbfinal. Gegen niemanden auf der Welt ist ihre Sieg-Niederlagen-Bilanz negativ. Am besten steht noch Südafrika da, das knapp 30 Prozent der Duelle gewann.

Jede Niederlage ist angesichts dessen ein kleiner Weltuntergang, «ein nationales Desaster». So hatte das der 55-fache neuseeländische Nationalspieler Colin Meads einmal gesagt.

Bis auf Rang 5 abgerutscht

In den jüngsten Jahren hatte sich die Laune rapide verschlechtert. Seit Ian Foster 2020 Nationaltrainer wurde, sank die Siegquote der All Blacks auf 70 Prozent. Plötzlich verlor Neuseeland sogar gegen Argentinien und rutschte in der Weltrangliste auf Platz 5 ab. Tiefpunkt war im letzten Testspiel vor der WM ein 7:35 gegen Südafrika. Eine Klatsche – man kann es nicht anders nennen.

Auch der WM-Auftakt misslang den Neuseeländern, im Eröffnungsspiel unterlagen sie Gastgeber Frankreich deutlich 13:27. Nie zuvor hatte diese Mannschaft ein WM-Gruppenspiel verloren. Die Fans standen unter Schock, und die Zeit der Nörgler brach an. «Neuseelands Überlegenheit im Rugby ist vorbei, und das ist gut so», befeuerte das britische Wochenmagazin «The Economist» die Schadenfreude. «Einfach furchtbar», kommentierte der ehemalige Nationalspieler Israel Dagg und heutige TV-Experte fassungslos den Auftritt im Stade de France.

Sieben Wochen später schaut die Sportwelt erneut nach Paris, nun gipfelt die Endrunde im Final. Und während der Gastgeber nur noch gastgibt nach der Viertelfinalniederlage gegen Südafrika, sind es jetzt eben doch die All Blacks, die am Samstagabend um ihren vierten WM-Titel kämpfen. Gegner sind die Springboks aus Südafrika, ihr Erzrivale und inzwischen die Nummer 1 der Welt. Grösser könnte die Affiche kaum sein, es ist die Neuauflage des WM-Finals von 1995, den Südafrika gewann. Der Sieger wird alleiniger Rekordweltmeister sein.

Diesmal werden die All Blacks leicht favorisiert, denn sie haben sich beeindruckend erholt vom schlechten Start ins Turnier. Auf ihre Startniederlage folgten in der Vorrunde drei Siege mit nicht weniger als 240 Punkten (für einen Try gibt es 5). Im Viertelfinal wartete Irland, da noch die Weltnummer 1, und mit einem 28:24-Sieg sandte Neuseeland das deutliche Signal ab, nach innen wie nach aussen: Schreibt uns niemals ab. Im Halbfinal war auch Argentinien diesmal kein Gegner – 44:6.

The Argentine team applaud the New Zealand team off the pitch after the end of the Rugby World Cup semifinal match between Argentina and New Zealand at the Stade de France in Saint-Denis, outside Paris, Friday, Oct 20, 2023. New Zealand won the game 44-6 (AP Photo/Themba Hadebe)

Für den «New Zealand Herald» ist sogar klar, dass Neuseeland auch gegen Südafrika «mehr als nur einen Vorteil hat». Da wäre zum einen diese trotzige Haltung, die im Team zu vernehmen sei nach der teilweise heftigen Kritik in den letzten Wochen und Monaten. Motto: Wir gegen die Welt.

Zum anderen war es vor allem so, dass die All Blacks stark ersatzgeschwächt ins Turnier gestartet waren – und es nun etwas weniger sind. Teamstützen Jordie Barrett, Emoni Narawa, Shannon Frizell und sogar Captain Sam Cane fehlten zum Auftakt wegen Verletzungen. Erst im Laufe der Vorrunde kehrten Barrett, Cane und Frizell zurück.

New Zealand's Sam Cane, centre evades a tackle by Ireland's Tadhg Beirne, left, during the Rugby World Cup quarterfinal match between Ireland and New Zealand at the Stade de France in Saint-Denis, near Paris Saturday, Oct. 14, 2023. (AP Photo/Christophe Ena)

Vor allem Cane und Frizell sind kaum zu ersetzen. Als Flügelstürmer sind sie Teil der wichtigen hintersten Reihe im Gedränge, der dritte im Bunde ist Ardie Savea. Diese Reihe ist seit der Rückkehr der Stammspieler besonders dominant wegen ihrer Dynamik, Wucht und Gabe, ein Gedränge zu drehen. So können Ballverluste oder Strafen provoziert werden. Im engen Viertelfinal gegen die starken Iren machte genau dies den Unterschied aus.

Der «Herald» vergleicht Cane und Savea mit dem All-Blacks-Tandem der WM 2015 in England: Kieran Read und Richie McCaw, die dem genialen Verbindungshalb Dan Carter zuarbeiteten. Die Mannschaft um dieses Trio dominierte das Turnier – und am Ende auch den Final gegen Australien. Wiederholt sich am Samstag die Geschichte?