«Wednesday» von Tim BurtonDie Addams Family kommt im Netflix-Zeitalter an
Kultregissuer Tim Burton holt für seine erste Netflix-Serie die Grufti-Familie zurück. Mit viel Schwarz, aber auch Fantasy und ganz realen Teenie-Ängsten.

Nun hat auch Tim Burton, der Vater der Achtzigerjahre-«Batman»-Filme, der Schöpfer von «Edward mit den Scherenhänden» und Reanimator von «Planet der Affen», eine Netflix-Serie gedreht. Auch sie basiert auf vergessenen Schätzen aus der Vergangenheit: Die titelgebende Wednesday stammt aus der Addams Family, als Comic-Figur gibt es sie seit den Dreissigern. Sie liebt Schwarz, hat immer schlechte Laune und eine Schlagseite ins Morbide, und damit passt sie ins den Aussenseitern zugetane Burton-Universum, wo der Tod weniger Schrecken hat als anderswo.

Kein süsses Kind. Am Anfang der neuen Serie ist sie sogar ganz besonders unsüss: Mitschüler haben ihren kleinen Bruder Pugsley malträtiert, und das ist ihr Privileg, also fällt ihre Rache blutig aus. Sie schüttet Piranhas ins Highschool-Schwimmbecken. Und dafür verfrachten sie ihre Eltern Gomez und Morticia (freudiges Wiedersehen mit Catherine Zeta-Jones) in das Internat, in dem sie sich kennengelernt haben.
Die Serie ist ein wüster Mix aus Harry Potter, Superhelden-Fantasy und Krimi.
Die Nevermore Academy liegt ausserhalb von Jericho, ein altes Gemäuer, in dem Kinder aufwachsen, neben denen sich die Kleinen aus Hogwarts ausnehmen wie Musterschüler. Wednesday (Jenna Ortega) teilt ihr Zimmer mit einer niedlichen Blondine, die eine auffällige Vorliebe für Pink hat, zumindest für einen Werwolf. Überall steht Wednesday im Schatten ihrer Mutter, die hier ein Star war – dabei hat sie doch sowieso schon typische Teenie-Probleme.
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Die Serie ist ein wüster Mix aus «Harry Potter», Superhelden-Fantasy und Krimi, Wednesday fängt an zu ermitteln: Jericho wird von einer Mordserie erschüttert. Der Sheriff glaubt, dass das Böse in der Nevermore Academy zu Hause ist. Und Wednesday ist der festen Überzeugung, dass einer von den stinknormalen Leuten aus Jericho dahintersteckt.
Es ist, der Satz fällt früh, aber nicht immer alles Schwarz oder Weiss auf Erden. Wednesday macht sich ein wunderbar komplexes Bild von der Welt – allerdings sind der Genre-Melange mit vielen Rückblenden und die Flut der Figuren manchmal etwas unübersichtlich.
Die alte Addams Family, die 1964 in ihrer Serie das frühe Fernsehen aufmischte, hat mit Burtons Neubearbeitung allerdings nur in Anklängen zu tun: Die ganze Familie ist immer noch seltsam und findet jeden Grusel toll, ohne ihren Mitmenschen bei all der Affinität zu fleischfressenden Pflanzen und fröhlicher Grabesstimmung ernsten Schaden zuzufügen, die Piranha-Episode ist da ein Ausreisser. Aber früher suchte die Familie noch das Einvernehmen mit ihrer Normalo-Nachbarschaft; und die vertraute Musik hört man nur als Kenner noch aus Danny Elfmans Score für die Burton-Serie heraus.

Die Zeiten haben sich halt geändert. Die Nevermore Academy hat wenige Verbündete in der Kleinstadt Jericho, neben der sie beheimatet ist, und wenn die «Normies» sich dort als Fans ihrer Pilgerväter-Vergangenheit outen, unter besonderer Berücksichtigung ihres Stadtgründers, der ein besessener Hexenjäger war, dann hat das natürlich mit dem Graben zu tun, der durch die amerikanische Gesellschaft geht. Und bei der Dichte an Highschool-Massakern in den USA kommt man gar nicht umhin, in Wednesday auch einen Umgang mit den Ängsten amerikanischer Schüler zu sehen.
Da sind die Bilder der freakigen Kids, die bei einem Angriff auf die Academy durch die Flure flüchten, einfach sehr nah dran an der Realität – auch, wenn diese Kinder bei Vollmond Klauen kriegen und laut aufheulen.
«Wednesday», acht Folgen, auf Netflix.
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