Reform des deutschen RundfunksARD und ZDF müssen sparen wie nie – 3sat bleibt vorerst
Die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland dürfen künftig weniger Geld für Sender und Sportrechte ausgeben. Für den trinationalen Kulturkanal 3sat besteht Hoffnung.
- Die Reform soll ARD, ZDF und Deutschlandfunk modernisieren und Kosten reduzieren.
- Die Anzahl der Radiosender wird von 70 auf 53 reduziert.
- Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht politisch stark unter Druck.
- Der Entscheid über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags wurde auf Dezember verschoben.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle «moderner, schlanker und zukunftsfester» werden, so umriss am Freitag Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, die eben beschlossene Reform der 16 Bundesländer. Mit dem Schlagwort «mehr Klasse statt Masse» umschrieb er das vermutlich einschneidendste Abbauprogramm in der Geschichte von ARD, ZDF und Deutschlandfunk: Die Radiosender werden dabei von 70 auf 53 reduziert, die sogenannten Sparten-TV-Kanäle von 10 auf 5 oder 6.
Den öffentlich-rechtlichen Medien stehen durch den Rundfunkbeitrag, den jeder deutsche Haushalt bezahlen muss, jährlich rund 9 Milliarden Euro zur Verfügung. Wie in anderen Ländern Europas gerät diese Finanzierung politisch immer stärker unter Druck. ARD, ZDF und Deutschlandradio waren in der Vergangenheit stetig gewachsen und hatten ihr Angebot immer weiter ausgebaut – und sich dabei oft gegenseitig konkurrenziert. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer zwingen mit der Reform die Sender nun erstmals markant zum Sparen.
Weniger Geld für Olympische Spiele oder Fussball
Welche Kanäle ARD und ZDF nun abbauen, ist ihnen selbst überlassen – die Politik hat nur die Gesamtzahl der Radiosender und die Zahlen für bestimmte TV-Sparten festgelegt. Von den Infosendern Phoenix, Tagesschau24, ARD alpha und ZDF info etwa dürften nur zwei überleben. Der Kinderkanal Kika dürfte genauso erhalten bleiben wie der Onlinesender Funk. Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind insgesamt drei Sender vorgesehen.
ARD und ZDF müssen überdies die Kosten für Sportausstrahlungsrechte – für Olympische Spiele etwa oder den Fussball – auf maximal 5 Prozent ihrer Gesamteinnahmen deckeln. Diese Einschränkung ist empfindlich: Bisher lag dieser Anteil bei der ARD bei etwa 8, beim ZDF sogar bei 10 Prozent. ARD und ZDF sollen zudem eine gemeinsame Mediathek aufbauen, um im Wettbewerb mit den grossen amerikanischen und chinesischen Plattformen besser mitzuhalten.
Die Annäherung von 3sat und Arte ist Zukunftsmusik
Besonders viel Empörung hatte im Vorfeld der Plan ausgelöst, den deutsch-österreichisch-schweizerischen Kultursender 3sat im deutsch-französischen Programm von Arte aufgehen zu lassen. Die Ministerpräsidenten haben diese Absicht nun zwar nicht fallen gelassen, allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass es bald zu einer Fusion kommt.
Schweitzer sagte am Freitag, man wolle Arte in Zukunft zu einer europäischen Kulturplattform weiterentwickeln; der französische Präsident Emmanuel Macron hatte dies kürzlich angeregt. Gelinge das, könnten «perspektivisch» auch heutige Inhalte von 3sat dabei «eine Rolle spielen». Der Kulturkanal dürfte also erst mal weiter bestehen. Unabhängig von der Entwicklung von Arte ist er aber durch Abbaupläne in der Schweiz gefährdet: Das aktuelle Sparpaket des Bundesrats sieht jedenfalls die Streichung der dafür vorgesehenen Bundesmittel vor.
Wie viel Geld sich mit dem beschlossenen Reformprogramm in Deutschland einsparen lässt, weiss niemand so genau. Die Fachleute von der unabhängigen Kommission für die Ermittlung des Finanzbedarfs von ARD, ZDF und Deutschlandfunk (KEF) glauben, dass sich die Einsparungen eher mittel- und langfristig als kurzfristig bemerkbar machen. Der Wunsch der Politik, mit der Reform die «Kostenexplosion» bei den Öffentlich-Rechtlichen zu stoppen, wie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, dürfte damit also noch nicht erfüllt sein.
Dazu passte, dass die Bundesländer am Freitag die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags von 18,36 Euro auf 18,94 Euro im Monat blockierten. Die von der KEF empfohlene Erhöhung auf den 1. Januar 2025 muss von allen 16 Ländern und deren Parlamenten gutgeheissen werden, um Gesetz zu werden. Mehrere Länder, unter ihnen Bayern, Thüringen oder Sachsen-Anhalt, hatten aber bereits im Vorfeld angekündigt, dass sie dies verweigern würden.
Am Ende muss wohl wieder das höchste Gericht entscheiden
Schweitzer erklärte, die Bundesländer strebten einen «Systemwechsel» an, was die Finanzierung angehe. Denkbar wäre ein Modell, das den Rundfunkbeitrag automatisch an die Berechnungen der KEF anpasst, ohne dass die Politik dies jedes Mal einstimmig genehmigen muss. Im Dezember soll das neue Modell vorgestellt und über die anstehende Erhöhung abgestimmt werden.
Verweigern einzelne Bundesländer die Anpassung, dürften ARD, ZDF und Deutschlandfunk dagegen beim Bundesverfassungsgericht klagen. Schon bei der letzten Anpassung vor vier Jahren wurde der Beitrag erst erhöht, nachdem das höchste deutsche Gericht ein Urteil gegen das blockierende Bundesland gesprochen hatte.
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