Kommentar zu Nord Stream 2Deutscher Etikettenschwindel
Der Versuch, die umstrittene Erdgaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland als Projekt der EU zu verkaufen, ist dreist.
Gern betonen die deutsche Regierung und das Unternehmen (das seinen Sitz in der Schweiz hat), bei Nord Stream 2 handle es sich gar nicht um ein deutsch-russisches, sondern um ein europäisches Projekt. Sie argumentieren, dass mehrere europäische Energiekonzerne in den Bau der Pipeline investiert hätten. Ausserdem werde das aus Russland gelieferte Gas nicht nur Deutschland zugutekommen. Wenn die Röhre also eine europäische sein soll, fragt sich allerdings, wieso die Kritik aus allen Richtungen strömt: aus den östlichen EU-Staaten, vom Europäischen Parlament und zuletzt auch wieder aus Frankreich.
Aus Sicht des französischen Aussenministers Jean-Yves Le Drian ist die Pipeline ein Problem für die Energiesicherheit Europas. Und nach der Verurteilung des Oppositionspolitikers Alexei Nawalny zu jahrelanger Haft wird über neue Sanktionen gegen Russland diskutiert – darunter ein möglicher Baustopp der fast fertiggestellten Pipeline. Die Regierung in Berlin steht aber offiziell weiter zu dem Projekt.
Deutschland hat die Kritik seiner Nachbarn in den Wind geschlagen.
Tatsächlich handelt es sich um einen versuchten Etikettenschwindel. Nord Stream 2 war von Anfang an das Gegenteil eines europäischen Vorhabens. Der Bau zielte darauf ab, die Ukraine als Transitland zu schwächen. Er konterkarierte das Ziel der Europäischen Union, ihre Energieimporte zu diversifizieren und sich unabhängiger zu machen von russischem Gas. Überdies ist das Projekt forciert worden vom früheren Bundeskanzler und heutigen Gazprom-Lobbyisten Gerhard Schröder, was allein schon viel Misstrauen begründet.
Deutschland hat erst die Kritik seiner Nachbarn in den Wind geschlagen und dann versucht, der Röhre einen europäischen Anstrich zu geben. Das konnte nicht funktionieren.
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