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Folgen der Grenzschliessungen
Deutsche wollen Schweizer Einkaufstouristen zurück

Eine Kassiererin wartet in einem deutschen Supermarkt Nahe der Schweizer Grenze auf Kunden.
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Wo sich sonst Autos mit Schweizer Nummernschildern aneinanderreihen, herrscht jetzt gähnende Leere: Auf den Parkplätzen der deutschen Detailhändler in der grenznahen Region fehlen die Einkaufstouristen. Die Aldi-Filiale in Jestetten ennet der Schaffhauser Grenze musste deshalb sogar die Öffnungszeiten um fünf Stunden verkürzen, wie die «Frankfurter Allgemeine» berichtet.

Nun öffnet der Bundesrat die Grenzübergänge ab dem 11. Mai langsam wieder. Fürs Einkaufen über die Grenze fahren ist aber weiterhin nicht erlaubt. Viele Schweizer Politiker fordern darum eine totale Grenzöffnung. Ein Austausch in den Grenzregionen sei wirtschaftlich wichtig, sagt etwa Regine Sauter, FDP-Nationalrätin und Präsidentin der Zürcher Wirtschaftskammer, gegenüber «20 Minuten».

«Existenzen stehen auf dem Spiel»

Das sehen auch fünfzehn Bürgermeister und zwei CDU-Bundestagsabgeordnete aus grenznahen Regionen in Baden-Württemberg so: Sie drängen auf eine Öffnung zur Schweiz. «Die Grenze zu unserem südlichen Nachbarn ist nicht einfach nur eine Grenze, sondern eine tägliche Lebensader», sagt Philipp Frank, Oberbürgermeister von Waldshut-Tiengen.

Durch die Grenzschliessung seien Freunde und Familien getrennt worden, und die Wirtschaft leide: «Weil die Schweizer Kunden fehlen, beklagen der stationäre Handel in den Innenstädten sowie die Gastronomie massive Umsatzeinbussen», so Frank.

Auch kleinere Handwerksbetriebe seien von der Grenzschliessung betroffen. «Existenzen stehen auf dem Spiel», sagt Frank. Eine Grenzöffnung sei nötig. Weil die Schweiz nicht mehr als Corona-Risikogebiet eingestuft werde, sei dies auch vertretbar. Inzwischen hätten beide Länder ähnlich hohe Infektionsraten.

Deutsche Umsatzzahlen sinken

Die fehlenden Schweizer Kunden bemerken die deutschen Detailhändler Aldi, Lidl und Edeka. Die Kundenzahl sei in den grenznahen Filialen rückläufig, bestätigen die Händler auf Anfrage. Angaben zu den Umsatzzahlen wollen alle drei nicht machen.

Wegen den fehlenden Schweizer Kunden hat Lidl Deutschland das Personal aber reduziert und die Warenlieferungen angepasst, wie eine Mediensprecherin sagt. Auf eine mögliche Grenzöffnung ist der Detailhändler vorbereitet: Man könne rasch auf eine steigende Nachfrage reagieren.

Schweizer Händler profitieren

Den einheimischen Detailhändlern kommt die Grenzschliessung entgegen. Sie konnten im Lockdown ihren Umsatz sogar steigern. Der Einkaufstourismus ist den Schweizer Händlern seit Jahren ein Dorn in Auge. Denn jährlich geben die Eidgenossen rund 10 Milliarden Franken ausserhalb von der Schweiz aus. Ein grosser Teil davon fliesst ins grenznahe Ausland.

Gerade jetzt würde sich aber der Einkauf im Ausland lohnen: Der Schweizer Franken hat sich in der Corona-Krise aufgewertet. Das heisst, Ware im Ausland ist für Schweizer zurzeit besonders preiswert. So kostet im Moment 1 Euro rund 1,05 Franken.

Einkaufstourismus wird sich in Grenzen halten

Dass die Schweizer nach einer Grenzöffnung sofort in Deutschland einkaufen gehen, bezweifelt Christian Fichter, Wirtschaftspsychologe der Kalaidos-Fachhochschule, aber: «Die Angst vor dem Virus wird viele Leute vom Shoppen im Ausland abhalten.» Mit einem Ansturm sei nach der Öffnung der Grenzen wohl nicht zu rechnen.

Allgemein habe die Corona-Krise die Konsumstimmung der Schweizer verschlechtert. «Viele werden im Moment auf unnötige Einkäufe verzichten.» Statt das Geld für billige Mode auszugeben, würden die Menschen in Zukunft wohl lieber in langlebige Produkte wie Möbel investieren. Auch sei davon auszugehen, dass viele Schweizer ihre Einkäufe vermehrt online tätigen werden.

Komplett und für immer habe die Krise das Konsumverhalten der Schweizer aber auch nicht verändert: «Sobald wir gelernt haben, mit Corona zu leben, wird der Einkaufstourismus wieder zunehmen.» Sparen sei auch in Zukunft ein wichtiges Motiv für den Einkauf im Ausland.

red