Grenzschliessung wegen CoronaDeutsche Politiker wollen Grenzen zur Schweiz öffnen
Prominenz aus CDU, CSU und FDP fordert den deutschen Innenminister dazu auf, die Grenzkontrollen zu beenden.
Nun wird nicht mehr nur aus Luxemburg, dem Elsass und der Schweiz gemahnt, sondern auch aus Deutschland selbst: Zwölf christdemokratische Bundestags- und Europaabgeordnete haben am Donnerstag gemeinsam gegen die Verlängerung der Grenzkontrollen durch den christlich-sozialen Innenminister Horst Seehofer protestiert.
«Nach über sieben Wochen muss Schluss sein mit Gitterzäunen und Schlagbäumen im Herzen Europas.»
«Nach über sieben Wochen muss Schluss sein mit Gitterzäunen und Schlagbäumen im Herzen Europas», schreiben die Parlamentarier, die vom ehemaligen Fraktionschef von CDU und CSU im Bundestag, Volker Kauder, vom aktuellen Vizefraktionschef Andreas Jung und vom Gruppenchef der deutschen Christdemokraten im Europaparlament, Daniel Caspary, angeführt werden.
«Eine Verlängerung bedeutet, dass Familien weiter getrennt, Pendler massiv behindert und jetzt auch noch Schulwege blockiert werden.» Spätestens bis zum 15. Mai müssten die Grenzen ganz geöffnet werden. «Das kann keinen Tag länger gehen.»
Auch Herrmann und Lindner drängen
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und FDP-Chef Christian Lindner pflichteten den Forderungen bei. Lindner bezeichnete die Grenzkontrollen als nunmehr «unverhältnismässig», weil sie den Pendel- und Warenverkehr in den Grenzregionen zu stark behinderten. Überhaupt sei es fragwürdig, ob diese je einen Beitrag zur Bekämpfung der Epidemie geleistet hätten. Bereits Anfang der Woche hatten fünfzehn baden-württembergische Oberbürgermeister und sechs Landkreise an der Grenze zur Schweiz an Seehofer appelliert, das schädliche Grenzregime so schnell wie möglich zu normalisieren.
Deutschland hat die Grenzen zu fünf europäischen Ländern – Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Dänemark und Österreich – Mitte März weitgehend geschlossen. Erst am Montag gab Seehofer die Verlängerung der Einschränkungen bis 15. Mai bekannt.
Bundesrat glaubt nicht an eine schnelle Wende
Auf der anderen Seite der Grenze hatten sich am Mittwoch im Nationalrat Abgeordnete aus der Nordwest- und der Ostschweiz für ein schnelles Ende der Sperrungen eingesetzt. Da die epidemiologische Lage in Deutschland, Österreich und der Schweiz mittlerweile ähnlich sei, gebe es keinen Grund mehr für Restriktionen an den jeweiligen Grenzen. Die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP) erklärte jedoch, dass es dazu nicht sehr bald kommen dürfte.
Keller-Sutter begründete ihre Einschätzung mit der Haltung des deutschen Innenministers. Deutschland habe derzeit kein Interesse an offenen Grenzen zur Schweiz, vor allem wegen der Grenze der Schweiz zu Italien. Die Grenzen zu Deutschland einseitig zu öffnen, komme für die Schweiz nicht infrage. Deswegen seien zwar punktuelle Erleichterungen denkbar, aber kaum eine schnelle Wende.
Aufgrund der Forderungen aus der eigenen Partei könnte sich Seehofers Haltung in den nächsten Tagen allerdings durchaus ändern. Am Donnerstag lehnte er eine vorzeitige Grenzöffnung erneut ab. «Es besteht Einvernehmen in der Bundesregierung, die Kontrollen zunächst bis zum 15. Mai fortzusetzen», sagte Seehofer zu «Bild». Über das weitere Vorgehen solle in der nächsten Woche entschieden werden. Dazu gebe es Gespräche mit den Bundesländern und den angrenzenden Nachbarstaaten.
Neue Gespräche, neue Proteste
Angela Merkels Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte, man müsse sich unbedingt europaweit abstimmen. Derzeit wolle Deutschland einen dichten Reiseverkehr über seine Grenzen hinweg lieber vermeiden, weil dieser grosse Ansteckungsgefahren mit sich bringe.
An deutschen Grenzübergängen zu Luxemburg und Frankreich sind in den nächsten Tagen Protestaktionen von Politikern beider Seiten geplant, um weiter Druck auf die Regierenden in Berlin, Paris und Bern auszuüben.
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