Neue Variante des CoronavirusDeshalb hat Grossbritannien am schnellsten reagiert
Als Erste in Europa reagierten die Briten mit neuen Reiserestriktionen – das war bei Delta noch anders. Einschränkungen im eigenen Land plant die Regierung Johnson vorläufig aber noch nicht.
Diesmal wollte sich die britische Regierung nicht den Vorwurf einhandeln, beim Auftauchen einer neuen Covid-Variante zu lange gezögert zu haben. Noch vor anderen europäischen Staaten zogen die Briten am Donnerstag wegen B.1.1.529 die Notbremse und beschlossen die Wiedereinführung von Hotelquarantäne und ein Ende des Flugverkehrs aus dem südlichen Afrika. Noch im Frühjahr hatte Boris Johnson ja der Delta-Variante einen mehrwöchigen Vorsprung in Grossbritannien gegeben, als er sich aus kommerziellen Gründen weigerte, den freien Zugang aus Indien einzuschränken.
Jetzt hat Gesundheitsminister Sajid Javid erklärt, man müsse «schnell» und «zum frühestmöglichen Zeitpunkt» handeln in diesem neuen Fall. Vor dem britischen Unterhaus erklärte der Minister, er fürchte, dass die neue Variante «ein erhebliches Risiko für die öffentliche Gesundheit» darstelle – zumal weil ersten Einschätzungen nach «die gegenwärtigen Impfstoffe weniger wirksam gegen sie sein könnten». Man müsse auch befürchten, dass es Probleme geben werde mit einzelnen Medikamenten, die in den letzten Monaten gegen schwere Covid-Erkrankungen entwickelt worden sind.
Als «die besorgniserregendste Variante, die uns je zu Gesicht gekommen ist», bezeichnete auch die ärztliche Chefberaterin der britischen Gesundheitsämter, Dr. Susan Hopkins, die von der WHO «Nu» genannte Variante. Hopkins wollte von südafrikanischen Kollegen unter anderem erfahren haben, dass der sogenannte R-Wert sich bei «Nu» auf 2 belaufe, die Variante sich also schnell verbreite. «Seit Beginn der Pandemie», als es noch keine Schutzmassnahmen gab, habe man eine derart schnelle Ausbreitung nicht mehr erlebt, sagte sie. «So gut wie sicher» war es auch für den Oxforder Covid-Experten Professor James Naismith, dass die neue Variante die Effizienz der vorhandenen Impfstoffe in gewissem Masse beeinträchtigen werde: «Dennoch darf man nicht verzweifeln.» Impfstoffe würden auch weiter Wirkung haben. Und Medikamente würden laufend neu entwickelt. Das Ganze sei «eine schlechte Nachricht, aber noch kein Weltuntergang».
Was in Grossbritannien besondere Sorge macht, ist die kontinuierliche Höhe der Infektionszahlen, die mittlerweile bei nahezu 50’000 gemeldeten Fällen pro Tag liegt und seit der Vorwoche um 10 Prozent angestiegen ist. Trotz dieser hohen Zahlen bestehen seit August praktisch keine gesetzlichen Restriktionen zur Abwehr von Covid im täglichen Leben mehr. Auch in Sachen Reiseverkehr hatte man Anfang November die letzten Länder auf der «roten Liste», die noch Quarantäne erforderten, von dieser Liste gestrichen. Südafrika war schon am 11. Oktober von der Liste gestrichen worden. Seither sind schätzungsweise 27’000 Passagiere allein aus Südafrika im Vereinigten Königreich eingeflogen, ohne Quarantänepflicht.
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Alle Reisenden, die in den letzten zehn Tagen aus dem südlichen Afrika kamen, sollen sich nun, auf Bitten der britischen Regierung, zusätzlich testen lassen. Sicherheit sei natürlich geboten, meinte dazu am Freitag Verkehrsminister Grant Shapps. Bisher sehe er allerdings keinen Grund für weitere Restriktionen in England selbst. Bloss weil Besorgnis über die neue Variante herrsche, heisse das noch lange nicht, dass man zum Beispiel wieder per Gesetz Maskenzwang in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften einführen müsse, fand Shapps: «Wir wollen ja, dass unsere Wirtschaft blühen kann, dass die Leute ihren Geschäften nachgehen können und dass man weiterhin Freunde und Familie sehen kann.»
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