Endo Anaconda ist totDer Stiller-Has-Sänger ist 66-jährig gestorben
Endo Anaconda alias Andreas Flückiger hat mit Stiller Has die Schweizer Musik über drei Jahrzehnte geprägt.
Andreas Flückiger, besser bekannt als Endo Anaconda, ist in der Nacht auf Mittwoch gestorben – an den Folgen von Lungenkrebs, wie es auf der Facebook-Seite seiner Band Stiller Has heisst. Er wurde 66 Jahre alt.
Mit Stiller Has brachte er die Schweiz während mehr als drei Jahrzehnten zum Staunen. Sein erdiger Berner Mundartrock, gepaart mit Blues und Jazz, und seine poetischen und sprachlich virtuosen Texte haben ihn schweizweit bekannt gemacht und zu einem der ganz grossen Schweizer Musiker werden lassen.
Im Frühjahr 2020 kündigte er mit dem Album «Pfadfinder» seinen Abschied an. Zur selben Zeit gab der in Österreich aufgewachsene Berner im «Magazin» seine Lebensbeichte ab: Er erzählte in einem grossen Interview über seine Rauschgifte, seine Jugend im katholischen Internat, über das Gefühl von Heimatlosigkeit, über sein lustvolles Spiel mit der Gefahr. «Ich wünschte mir vielmehr eine #MeToo-Bewegung der Ehrlichkeit, dass all die Figuren in unseren Chefetagen gestehen, dass sie dem heutigen Leistungsdruck ohne Medikamente oder Drogen nicht standhalten würden. Mein Drogen-Bekanntenkreis reicht übrigens bis ins Bundeshaus», sagte er.
Nicht nur seine raue, ja geradezu schürfende Stimme, seine Provokationen, seine wuchtigen Auftritte und sein Charisma werden noch lange in Erinnerung bleiben. Sondern vor allem seine Texte.
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Er war ein hervorragender Songschreiber, der etwa wunderbar poröse Liebeslieder schreiben konnte. Keiner konnte die Zerrissenheit besser wiedergeben, den schmalen Grat zwischen Glück und Schmerz in der Liebe besser besingen als Endo Anaconda. Etwa wenn es in der Rockballade «Las Vegas» vom jüngsten Album heisst: «I sugge a de Stummle wägem Lippestift vo dir.»
Sprache, sie war sein Werkzeug. Klang, Laut, Lärm, Endo Anaconda erzählte nie nur Geschichten, sondern nutzte die Sprache wie ein Instrument. Endo Anaconda war ein Literat, ein Sprachkünstler. Erfolgreich war er denn auch etwa mit den Kolumnensammlungen «Sofareisen» und «Walterfahren» mit denen er in der ganzen Deutschschweiz auf Lesetour war.
Noch 2018 sagte Endo Anaconda in einem Interview: «Ich habe womöglich nicht mehr allzu lange Zeit.»
Endo Anaconda war ein ungestümer, ein wütender, ein stets gut informierter und politischer Mensch, gleichzeitig zart und verletzlich. Nie war er um ein Bonmot verlegen. Etwa wenn er über die Anfänge von Stiller Has Ende der 1980er-Jahre sprach und sagte: «Wir hatten Weltschmerz statt Heimweh.»
Die Gesundheit, sie war jüngst immer wieder ein Thema. Noch 2018 sagte er in einem Interview: «Ich habe womöglich nicht mehr allzu lange Zeit. Das Alter, der Lebensstil ... An meinen inneren Organen wurde herumgeschnippelt, dass ich bald als Hologramm auftreten könnte.»
Bei Erscheinen von «Pfadfinder» 2020 hatte sich Endo Anaconda äusserlich stark verändert. Er war deutlich schlanker und agiler. Er hatte da schon seit zehn Monaten keinen Alkohol mehr getrunken und trieb zwei- bis dreimal in der Woche Sport: Fitness und Ausdauer. «Ich will einfach nicht mit 70 als Rocktrottel in einen Orchestergraben stürzen», sagte er im selben Jahr in einem Interview mit dieser Zeitung. Der Musiker hinterlässt drei Kinder.
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