Ein Staatsfond für die Schweiz?Jetzt macht sogar die CVP mit
Ein vom Bund garantierter Fonds zur gezielten Wirtschaftsförderung war lange eine Forderung von links. Nun kommt neue Bewegung in die Sache.
Soll der Bund in der Corona-Krise Firmen mit Kapital oder Darlehen unter die Arme greifen? Ja, sagt neuerdings die CVP. In zwei gleichlautenden Vorstössen fordern CVP-Ständerat Beat Rieder (VS) und Nationalrat Martin Candinas (GR), dass der Bund einen «unabhängigen gemeinwohl- und ertragsorientierten Fonds» einrichtet.
Candinas will damit Infrastrukturprojekte und Investitionen, beispielsweise im Berggebiet, finanzieren, die heute mangels Rendite von den Banken kein Geld erhalten. Dieser Staatsfonds soll eine Bundesgarantie erhalten und eventuell mit Geld aus der Bundeskasse geäufnet werden. Weiter soll er sich auf dem Kapitalmarkt und bei der Nationalbank mit Geld eindecken.
Candinas denkt dabei auch an Tourismusprojekte in seiner Region, der Surselva. «Die Gäste wollen ein Resort mit Wohnungen, Restaurants und einem attraktiven Wellnessangebot», sagt er. «Und wer heute so etwas bauen will, der hat grösste Mühe, Schweizer Investoren zu finden.»
In einem noch nicht veröffentlichten Papier wehrt sich nun Economiesuisse, der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, gegen dieses Vorhaben. «So ein Staatsfonds befeuert Begehrlichkeiten der Politik, die man nicht mehr bremsen kann», befürchtet Ruedi Minsch, Chefökonom des Verbandes. Zudem leide die Unabhängigkeit der Nationalbank, wenn der Fonds von ihr Geld erhalten sollte. Dies habe Auswirkungen auf die Geldpolitik und das oberste Ziel der Währungshüter, nämlich stabile Preise. Mit dem Drucken von Geld könne man keine realen Werte schaffen.
Kein Freipass für finanzpolitische Unvernunft
Die andere Möglichkeit, dass der Bund einen solchen Fonds mit Geld ausrüste, lehnt Economiesuisse ebenfalls ab. Der Verband befürchtet, dass damit die Schuldenbremse umgangen werde und der Fonds somit ein «Freipass für finanzpolitische Unvernunft» würde. Es sei eine Illusion, dass man sich günstig verschulden könne.
Die derzeit tiefen Zinsen beruhten auf der Erwartung der Finanzmärkte, dass die Schweiz ihren finanzpolitischen Weg beibehalte. Seit der Einführung der Schuldenbremse vor 17 Jahren hat der Bund seine Schulden von 124 auf 97 Milliarden Franken abgebaut. Jetzt könnten sie in einem Jahr wieder auf das frühere Niveau steigen.
Ob durch die Nationalbank oder den Bund finanziert: Der Staat sei kein geeigneter Investor, findet der Verband. So ein Fonds müsse dann zum Beispiel sozialverträglich sein, grüne Technologien und Innovationen fördern. Die Politik sei allerdings kein guter Ratgeber für Anlageentscheide. Das Risiko sei gross, dass ein solcher Fonds höhere Risiken eingehe und weniger Ertrag abwerfe, als wenn eine Bank die Investitionen tätigen würde. Er übertrage das Risiko dieser politisch motivierten Investitionen auf die Steuerzahler, und diese müssten am Schluss die Rechnung bezahlen.
Geld für Tourismusprojekte in den Bergen
Martin Candinas findet die Argumente von Economiesuisse falsch. Was er und Beat Rieder forderten, sei ein von der Politik unabhängiger Staatsfonds mit einem Aufsichtsgremium aus Fachleuten. Es gehe darum, dass auch Projekte Kapital oder Darlehen erhalten könnten, die heute im freien Markt kaum jemanden fänden. Der Grund liege in den Renditeerwartungen der Anleger von sechs bis sieben Prozent. «Der Staatsfonds könnte dank der Bundesgarantie auch investieren, wenn es nur ein Prozent Rendite gäbe», fordert Candinas. Mit so einem Fonds hätte die Schweiz auch bei der Fluggesellschaft Swiss oder deren Mutter Lufthansa einsteigen können, wie es Deutschland gemacht habe, findet er.
«Ich bin gegen einen rein ökologischen Staatsfonds.»
Die Politik dürfe aber auf keinen Fall einzelne Projekte beurteilen, findet er. «Ich bin gegen einen rein ökologischen Staatsfonds», sagt Candinas. Es könne schon sein, dass Grüne und SP solche Forderungen stellen würden, aber dem müsse das Parlament den Riegel schieben. «Es geht jetzt darum, in die Infrastruktur zu investieren, damit die Wirtschaft in der ganzen Schweiz wieder auf die Beine kommt», sagt der Bündner. Die Vorstösse von Beat Rieder und ihm sind mit dem Parteipräsidium abgesprochen. Der Ständerat dürfte die Forderung im September ein erstes Mal behandeln.
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