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Kariem Hussein
«Der Reputationsschaden beschäftigt mich stark»

Sieht seinen Fehler ein und will daraus lernen: Kariem Hussein. 
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Seine Absicht ist unschwer zu erkennen. Kariem Hussein will sich erklären, er will transparent sein, und er will vor allem diese Botschaft in die Öffentlichkeit tragen: Er hat zwar einen Fehler gemacht, aber nicht bewusst betrogen. Darum lädt er am Samstagvormittag, am Tag nach Bekanntwerden seiner Dopingsperre, zu einer virtuellen Medienkonferenz, nachdem er am Freitag zuerst in einem Youtube-Video Stellung genommen hat.

Gleich zu Beginn verdeutlicht er noch einmal, dass es ihm ein Anliegen ist, sich persönlich zu äussern. Er beschreibt, wie er das verhängnisvolle Gly-Coramin an der Schweizer Meisterschaft Ende Juni in Langenthal nach dem Final über 400 m Hürden vor den Augen des Dopingkontrolleurs einnahm, im festen Glauben, nichts Verbotenes zu tun. «Ich war zu 100 Prozent überzeugt, dass ich diese Tablette im Training und im Wettkampf nehmen darf.» Eine erste hatte er schon tags zuvor vor dem Vorlauf gelutscht. «Ich war an diesem Tag extrem nervös und habe aus Gewohnheit diesen Griff in die Tasche gemacht.» Normalerweise nehme er Gly-Coramin höchstens vor dem Krafttraining, «weil es aktiviert».

Die Regel besagt, dass das Medikament nur in Trainings zugelassen ist. Hussein hat es im Herbst 2019 erstmals genommen, und natürlich überprüfte er damals, wann das Mittel erlaubt ist und wann eben nicht. «Nun hatte ich das schlichtweg nicht mehr auf dem Radar.»

Das Mail und der Schock

Umso schockierter war der 32-Jährige, als er am Freitag vergangener Woche ein Mail von Antidoping Schweiz erhielt. «Da habe ich erst realisiert, was Sache ist. Das war ein absoluter Schock.» Die Stunden, die er seither geschlafen habe, könne er an zwei Händen abzählen, sagt der Europameister von 2014.

Was ihm neben dem geplatzten Olympia-Traum zu schaffen macht, ist sein Image, das gelitten hat. «Meine grösste Angst, als ich es erfahren hatte, war, dass ich nun als Doper abgestempelt werde. Ich tue mich schwer mit diesem Begriff. Jemand, der betrügt, macht das mit einem Vorsatz und verschafft sich einen Vorteil. Bei mir war beides nicht gegeben. Das zeigt auch das Strafmass.» Der Arzt sagt auch: «Der Reputationsschaden beschäftigt mich stark, er zieht sich durch alle Bereiche. Ich habe gegenüber meinen Patienten eine Vorbildfunktion. Aber Fehler passieren, auch im Spital, wie überall.»

«Ich habe mich komplett abgeschottet. Ich lese keine Zeitungen und nicht einmal meine SMS.»

Kariem Hussein

Hussein erzählt, dass er sich «komplett abgeschottet» hat, «ich lese keine Zeitungen, nicht einmal meine SMS». Die Rückmeldungen aus seinem Umfeld seien aber durchwegs positiv und aufheiternd gewesen. Auch mit seinen Sponsoren hat er sich bereits ausgetauscht, persönlich oder am Telefon. «Es waren gute, offene Gespräche, ich habe mich bei ihnen entschuldigt. Alles weitere ist vertraulich.»

Und wie geht es nun weiter? Der Thurgauer ist gewillt, nach seiner neunmonatigen Sperre zurückzukehren, die WM im kommenden Jahr ist ein Ziel. «Ich habe jetzt eine erzwungene Ruhepause, nachdem ich in meiner Karriere mit Sport und Studium selten ruhige Phasen hatte. In ein, zwei Wochen werde ich dann mit dem Aufbau beginnen. Ich weiss aber noch nicht, wie der genau aussehen wird.»

Die leidige Geschichte hat ihn jedenfalls etwas gelehrt: «Dass man auch die banalsten Sachen immer wieder kontrollieren muss.»

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kai