US-Demokrat vor StichwahlEin Sieg könnte ihn zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2024 machen
Raphael Warnock tritt heute in Georgia im zweiten Wahlgang gegen den Republikaner Herschel Walker an. Sein bester Wahlhelfer ist ausgerechnet Donald Trump.
Die Ebenezer Baptist Church in Atlanta ist ein legendärer Ort, ein spirituelles Zentrum der schwarzen Menschenrechtsbewegung von Georgia. Es war der Ort, an dem Martin Luther King Jr. jahrelang predigte, ehe er 1968 ermordet wurde. Am Sonntag stand nun Reverend Raphael Gamaliel Warnock vor der Gemeinde.
Allzu parteiisch sollte der Kirchendienst zwischen seinen Wahlkampfterminen nicht werden, doch die Gläubigen wussten schon, für wen ihr leitender Pastor da warb. Wählen sei eine Art des Gebets, sagte Warnock. Die Wähler hätten die Wahl «zwischen zwei Kandidaten, deren Nachname mit W beginnt». Einer der beiden Kandidaten ist er selbst, Raphael Warnock, 53 Jahre alt und seit Januar 2021 Senator in Washington, was er gerne bleiben würde.
Von Trump ins Rennen geschickt
An diesem Dienstag tritt der Demokrat ein zweites Mal gegen den anderen W-Mann an, Herschel Walker von den Republikanern. Walker, 60, war ein prominenter Footballspieler und wurde vom vormaligen US-Präsidenten Donald Trump ins Rennen geschickt, obwohl seine politische Eignung kaum zu entdecken ist. Das Duell schien am Ende dieser Zwischenwahlen über die Mehrheit im US-Senat zu entscheiden, aber ganz so dramatisch wird es nun doch nicht.
Nötig wird die Stichwahl in dem südlichen Bundesstaat, weil Warnock im ersten Wahlgang am 8. November Walker zwar mit dem hauchdünnen Vorsprung von 49,4 zu 48,5 Prozentpunkten bezwang, allerdings nicht auf die nötigen 50 Prozent plus kam. Die übrigen Stimmen gingen an einen dritten Bewerber. So folgt jetzt der Showdown. Die Macht im Senat haben sich die Demokraten unterdessen gesichert. Sie besetzen dort wie gehabt mindestens 50 der 100 Sitze und führen nach wie vor das Wort, dafür sorgt im Falle eines Patts bei Abstimmungen ihre Vizepräsidentin Kamala Harris.
Setzt sich Warnock erneut durch, dann wäre er sogar eine demokratische Alternative als Präsidentschaftskandidat für 2024.
51 Mandate wären ihnen gleichwohl lieber, also schauen die USA an diesem 6. Dezember noch einmal auf Georgia. Den jüngsten Umfragen zufolge liegt Raphael Warnock wieder knapp vorne, er ist das Gegenmodell zum Trump-Adlatus Walker. Sein Triumph würde Präsident Joe Biden, für den die Midterms bisher ein beachtlicher Erfolg sind, weiter stärken. Und setzt sich Warnock erneut durch, dann wäre er sogar eine demokratische Alternative als Präsidentschaftskandidat für 2024, sollte der 80-jährige Biden am Ende doch nicht antreten.
Warnock kam als elftes von zwölf Kindern seiner Eltern, beide Pastoren, im Juli 1969 zur Welt, ein gutes Jahr nach dem Tod von Martin Luther King Jr. Wie einst der Bürgerrechtler besuchte er das Morehouse College, machte dort und an anderen Hochschulen seine Abschlüsse in Philosophie und Theologie, wurde selbst Pastor und wandte sich später der Politik zu. 2013 sprach Warnock in der Washington National Cathedral ein Gebet zur zweiten Amtseinführung von Barack Obama, zuletzt ging Obama als Wahlkämpfer für ihn auf die Bühne.
Schwangerschaftsabbruch bezahlt
Anfang 2021 wurde Warnock, ebenfalls nach einem zweiten Wahlgang, erster schwarzer Senator von Georgia. Der Vater zweier Kinder unterstützt anders als Walker das Recht auf Abtreibung und profitiert ausserdem davon, dass sein Rivale bei dem Thema schlecht aussieht, weil mindestens zwei Frauen versichern, Walker habe ihnen einen Schwangerschaftsabbruch bezahlt. Warnock ist unter anderem gegen sexuelle Diskriminierung und für schärfere Waffengesetze.
Sein bester Wahlhelfer könnte Trump sein, weil dessen Nähe zu Walker Liberale und unabhängige Wechselwähler im Zweifel abschreckt. «Aber wirf den Football nicht weg, bevor du in der Endzone bist», warnt Reverend Warnock in der Sportlersprache Walkers vor zu früher Gewissheit. Die New York Times zitiert den Prediger der Ebenezer Baptist Church mit den Worten, dass er nicht wisse, «was Gott morgen tun wird».
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