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Der Krieg, den keiner will

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Die Anzahl der Menschen in der US-Regierung, von denen man sagen kann, sie wünschten sich wirklich einen Krieg gegen den Iran, ist vermutlich sehr klein. Die Liste beginnt meistens mit John Bolton, dem Sicherheits­berater von Präsident Donald Trump, der schon seit Jahren von einem gewaltsamen Regimewechsel in Teheran spricht. Aber nach Bolton ist dann oft Schluss. Selbst Aussenminister Mike Pompeo, der kein Problem mit militärischer Gewalt hat, gilt eher als Mann, der zwar zum Krieg gegen den Iran bereit wäre, aber nicht als jemand, der diesen Krieg unbedingt will.

Und obwohl die Krise zwischen den USA und dem Iran nun seit Monaten schwelt, ist immer noch unklar, was der wichtigste Akteur in Washington will – der Präsident. Sicher ist: Donald Trump ist kein Freund von Militärinterventionen im Nahen Osten. Er droht dem Iran zwar mit Krieg, und er hat die US-Militärpräsenz in der Region verstärkt. Aber das scheint für Trump eher eine Methode zu sein, um vor möglichen Verhandlungen Druck aufzubauen, nicht, um einen Militärschlag vorzubereiten. Dass er tatsächlich einen Waffengang mit dem Iran beginnen möchte, ist eher zweifelhaft.

Mehrere Gesprächsangebote

Aber was dann? Trump bestreitet, dass er einen Regimewechsel in Teheran anstrebt. Im Gegenteil: In den vergangenen Wochen liess er kaum eine Gelegenheit aus, dem Iran Verhandlungen anzubieten. Diese Woche erst war der japanischen Premier Shinzo Abe zu Besuch in Teheran und hat dort im Namen Trumps ausgerichtet, dass die USA reden wollten.

Etwas vage ist allerdings, worüber Trump mit dem Iran verhandeln will. Über ein neues Atomabkommen, das jenes ersetzt, das er zur grossen Wut des Iran und der Europäer gekündigt hat? Teheran vom Bau atomarer Waffen abzuhalten, ist erklärtermassen Trumps wichtigstes Ziel.

Doch was ist mit dem iranischen Raketenprogramm und der Einmischung Teherans in anderen Ländern in der Region, vom Libanon über Syrien bis zum Jemen? Beidem will Washington ein Ende setzen. Sollen diese Themen auch Gegenstand von Gesprächen sein? Und wann sollen Verhandlungen beginnen?

Verhandlungen und Einigung?

Die Unklarheit bezüglich der amerikanischen Intentionen und der Strategie war in den letzten Tagen offensichtlich. Da war einerseits Pompeo, der vor die Presse trat und den Iran bezichtigte, für die jüngsten Angriffe auf Öltanker im Golf von Oman verantwortlich zu sein. Das für die Region zuständige US-Zen­tralkommando veröffentlichte zudem ein Video, das Teherans Schuld belegen soll. Auf diesem sei, so die Darstellung des US-Militärs, ein iranisches Patrouillenboot zu sehen, dessen Besatzung eine nicht explodierte Haftmine von einem der Tanker abmontiert und an Bord nimmt.

Doch trotz dieser schweren Vorwürfe blieb Pompeo gemässigt. «Unsere Politik besteht weiterhin darin, den Iran durch ökonomische und diplomatische Mittel an den Verhandlungstisch zurückzuholen und zu einer umfassenden Einigung zu ermutigen, die eine grosse Bandbreite von Bedrohungen betrifft», versicherte er. Kein Wort von Krieg. Stattdessen: Verhandlungen und Einigung.

Andererseits war da Trump selbst, der seine Sicht der Dinge über Twitter mitteilte. «Ich persönlich denke, dass es noch zu früh ist, um überhaupt über eine Einigung mit dem Iran nachzudenken», schrieb er. «Sie sind nicht bereit dafür, und wir sind es auch nicht.» Zog er damit das von Abe überbrachte Gesprächsangebot zurück? Oder war es nur eine beleidigte Reaktion darauf, dass Teheran kurz zuvor jegliche Verhandlungen abgelehnt hatte?

Eskalationspotenzial

Am Freitag legte Trump bei Fox News nach. Es bestehe keinerlei Zweifel daran, dass der Iran für die Angriffe auf die Tanker verantwortlich sei, sagte er. Das beweise das Video von dem Pa­trouillenboot: «Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter, so viel ist sicher.»

Klarer wurde die Lage durch die Äusserungen von Pompeo und Trump nicht. Ob Washington sich nun mit Teheran an den Verhandlungstisch setzen oder doch noch einige Zeit abwarten will, während der Druck durch die Wirtschaftssanktionen auf das iranische Regime steigt, ist weitgehend Interpretations­sache.

Die Sorge in den USA und Europa ist freilich, dass es am Ende egal ist, was Trump genau will. Krisen wie jene, die sich derzeit zwischen Washington und Teheran entfaltet, bergen enormes Eskalationspotenzial. Beobachter befürchten, dass durch die Drohungen und Provokationen auf beiden Seiten die Hardliner gestärkt werden. Dann könnte ein kleiner Zwischenfall reichen, damit die Lage ausser Kontrolle gerät. Das muss nicht so kommen. Aber das Vertrauen, dass ausgerechnet Trump dann ruhig und überlegt reagiert, ist in Washington nicht sehr gross.