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Proteste in Weissrussland
Der Kopf des christlichen Widerstands gegen Lukaschenko

Tadeusz Kondrusiewicz – hier im Petersdom in Rom – ist seit 2007 Erzbischof von Minsk. Am Montag wurde ihm die Rückreise in sein Heimatland verweigert. 
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Es war ein kurzer Arbeitsbesuch in Polen. Als der römisch-katholische Erzbischof von Minsk, Tadeusz Kondrusiewicz, am Montag nach Weissrussland zurückkehren wollte, verwehrten ihm Beamte die Einreise – obwohl er weissrussischer Staatsbürger ist. Gründe nannten die Behörden keine.

Doch die liegen auf der Hand: Am Sonntag zuvor wurde in den katholischen Kirchen Weissrusslands ein Hirtenbrief des Erzbischofs verlesen, in dem er zu einem Ende der Gewalt aufrief. Von Anfang an hatte er sich hinter die Demokratiebewegung gestellt und vor allem die Gewalt der Polizei gegen friedliche Demonstranten verurteilt. Das tat er auch in einem offenen Brief an Präsident Alexander Lukaschenko: Die grausame Behandlung der Demonstranten und die unmenschliche Inhaftierung von Menschen sei eine schwere Sünde.

Der Erzbischof bestand darauf, Innenminister Juri Karajew zu treffen, um die sofortige Freilassung der inhaftierten Demonstranten zu verlangen oder zumindest deren seelsorgerliche Betreuung zu erwirken. Doch blieb ihm der Zutritt zur Haftanstalt in Minsk, wo Regimekritiker gefoltert werden, verwehrt.

Unsere Freiheit ist bedroht, unsere Heimat ist geteilt.

Tadeusz Kondrusiewicz, Erzbischof von Minsk

Zur Unterstützung des «Marsches der Freiheit» Mitte August hatte der Erzbischof die Glocken der Minsker Kathedrale läuten lassen. In einer Messe kurz nach Lukaschenkos Wahlsieg rief er: «Unsere Freiheit ist bedroht, unsere Heimat ist geteilt.» Man wolle ein neues Belarus. «Ein Belarus, das auf christlichen Werten beruht.»

Für Präsident Lukaschenko eine pure Provokation. Vor wenigen Tagen drohte er den Kirchen des Landes mit Konsequenzen, sollten sie sich in die Politik einmischen. «Der Staat wird dem nicht mit Gleichgültigkeit zusehen», warnte er. Geistliche, die die Demokratiebewegung unterstützten, sollten sich schämen. Politik sei in der Kirche fehl am Platz.

Orthodoxe Kirche hält sich zurück

Das war natürlich vor allem auf den Minsker Erzbischof gemünzt. Als Präsident der weissrussischen Bischofskonferenz vertritt Kondrusiewicz die Katholiken des Landes, die mit 15 Prozent die zweitgrösste Religionsgemeinschaft stellen. Die orthodoxen Christen indessen, die überwiegende Mehrheit in Weissrussland, werden von ihren führenden Geistlichen angewiesen, sich nicht an den Protesten gegen Lukaschenko zu beteiligen. Die orthodoxe Hierarchie in Weissrussland ist Teil des Moskauer Patriarchats und damit den Vorgaben des dortigen Patriarchen Kyrill verpflichtet. Er hatte als einer der ersten Lukaschenko zum Wahlsieg gratuliert.

Kondrusiewicz ist seit 2007 Erzbischof von Minsk. 1946 im Dorf Adlesk im Westen von Weissrussland geboren, arbeitete er zunächst als Maschineningenieur in einem litauischen Schleifmaschinen-Werk. Mit 30 entschied er sich zum Priesterberuf. 1989, kurz vor der Wende, wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Bischof ernannt. Von 1991 bis zu seiner Rückkehr nach Minsk im Jahr 2007 wirkte er als Erzbischof von Moskau. Als solcher war er massgeblich am Wiederaufbau der dortigen katholischen Kirche beteiligt, was vom russisch-orthodoxen Patriarchat äusserst kritisch beäugt wurde.

Am Dienstag hat Lukaschenko das Einreiseverbot bestätigt. Kondrusiewicz habe in Polen «gewisse Aufträge» erhalten. Man werde die Angelegenheit untersuchen. Er habe jedoch keineswegs die Absicht, Kirchen in seinem Land zu unterdrücken, versicherte der Präsident.