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Grosserfolg gegen Mafia
Der «Kokain-König von Mailand» sitzt fest

Ein grosser Fisch: ’Ndrangheta-Boss Rocco Morabito bei seiner Festnahme 2017 in Montevideo, Uruguay.
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In Joao Pessao, einer Küstenstadt im Osten Brasiliens, ist die lange Flucht des kalabrischen Narcos Rocco Morabito zu Ende gegangen. Und wenn man dieser Personalie in Italien nun besondere Aufmerksamkeit widmet, liegt es daran, dass der 54-jährige Superboss der ’Ndrangheta in der Hierarchie der meistgesuchten Paten der italienischen Mafia in die oberste Etage gehört. Ein richtig grosser Fisch, einer von den Top drei. Wahrscheinlich ist nur Matteo Messina Denaro, der Boss von Cosa Nostra, nach dem man seit bald drei Jahrzehnten erfolglos sucht, noch grösser.

Morabito kommt aus Africo, einer Stadt im Hinterland von Reggio Calabria. Der Sprössling eines mächtigen Clans fuhr in der Jugend mit einem DKW Munga herum, einem jeepartigen Militärfahrzeug aus deutscher Herstellung, sehr auffällig. Deshalb gaben sie ihm den Spitznamen «’u Tamunga». Fast jeder Mafioso trägt einen Spitznamen, er dient dazu, die Mitglieder einer Familie auseinanderzuhalten. Nach seinem Studium zog Rocco Morabito nach Mailand und führte ein mondänes Leben: Luxus, Clubs, schöne Autos. Es gibt Bilder aus jener Zeit, die ihn mit langen Haaren und poppiger Brille zeigen, ein kleiner Rockstar.

Filmreife Flucht in letzter Minute

In den 90er-Jahren versorgte ’u Tamunga die Stadt mit so viel Kokain, das er direkt aus Südamerika importieren liess, dass man ihn «Kokain-König von Mailand» nennen sollte. Als sich die Polizei für ihn zu interessieren begann, türmte er ins Ausland, weit weg, ins uruguaysche Punta del Este, und gab sich fortan als Francisco Antonio Capeletto Souza aus: Unternehmer mit brasilianischem Pass, Import und Export. Er soll damals auch Sojaplantagen besessen haben.

2017 flog er auf, wurde verhaftet und sass zwei Jahre in einem Gefängnis in Montevideo. Uruguay willigte ein, ihn an Italien auszuliefern. In der Heimat war er zu dreissig Jahren Haft verurteilt worden wegen Drogenhandels und Zugehörigkeit zur Mafia. Doch kurz vor der Überstellung nach Italien gelang ihm die Flucht, filmreif, fast buchstäblich in letzter Minute. Er soll dafür Wächter geschmiert haben, offenbar mit 50’000 Euro. Doch wahrscheinlich hatte Morabito mächtige Freunde, die ihm bei der Flucht halfen. Das jedenfalls glauben sie in Italien.

Hier hatte Morabito vor seiner Festnahme 2017 in Uruguay gewohnt: Villa bei der Laguna del Sauce in der Nähe von Pan de Azucar.

Für zwei Jahre tauchte er unter, scheinbar spurlos, bis ihn nun die Carabinieri nach einer grossen Gemeinschaftsfahndung der Staatsanwaltschaft von Reggio Calabria, des FBI und der amerikanischen Drogenvollzugsbehörde DEA festgenommen haben.

Es ist dies ein weiterer Erfolg in einer stattlichen Serie des italienischen Staats im Kampf gegen die ’Ndrangheta, Italiens gefährlichste, globalste und wendigste Mafia. Vor zwei Monaten war schon die Verhaftung von Francesco Pelle alias Ciccio Pakistan gelungen. Er hatte sich in Lissabon versteckt. Ein anderer Grossboss, der inhaftierte Nicolino Grande Aracri aus Cutro bei Crotone, soll unterdessen damit begonnen haben, als Kronzeuge mit der Justiz zu arbeiten – eine Premiere in der Geschichte der ’Ndrangheta. Und ein kleiner Lichtblick.