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Bitterer Kampf ums grüne Gold
Avocado-Mafia plündert Plantagen leer

Ein Arbeiter im März 2021 auf der Avocado-Plantage von Afrupro, die sich wie jene von Allesbeste in Tzaneen in Südafrika befindet. 
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In Südafrika hat die organisierte Kriminalität ein neues, lukratives Geschäftsfeld entdeckt: den Handel mit dem «grünem Gold». Seit Avocados in Europa immer beliebter werden, ist ein Kampf um sie entbrannt. «Meine grösste Angst ist, dass die Situation kippt: dass es Tote geben wird», sagt Zander Ernst. Der südafrikanische Farmer stapft mit hochgekrempelten Ärmeln durch scheinbar endlos lange Reihen von Avocado-Bäumen mit satten, reifen Früchten. Hier in Tzaneens Hügellandschaft gedeiht das «grüne Gold», wie es auch genannt wird, für den Export auch nach Europa.

Allesbeste heisst das Familienunternehmen von Zander Ernst. Es betreibt eine der grössten Avocado-Farmen in Südafrika und beliefert auch den deutschen Discounter Lidl. Die Lage der Farm ist fast idyllisch – wären da nicht meterhohe Elektrozäune und Stacheldraht, die die Plantage schützen. Nachts patrouillieren dort private Sicherheitsdienste, denn in Südafrika hat die organisierte Kriminalität Avocados längst entdeckt. «Das sind schon kartellartige Strukturen. Wenn wir uns nicht schützen, dann klauen diese Banden in einer einzigen Nacht unsere gesamte Avocado-Ernte», sagt Ernst.

Eine Avocado-Plantage in Tzaneen. 

Südafrika ist einer der zehn grössten Avocado-Exporteure in der Welt. «Dieses Jahr rechnen wir mit einem Export von 66 000 Tonnen», sagt Derek Donkin, Chef des Subtropischen Farmerverbandes in Südafrika, und betont: «Deutschland ist einer unserer grössten Märkte.» Wie hoch der Verlust der Industrie durch den Diebstahl dieses Jahr bereits ist, vermag Donkin nicht zu beziffern. «Aber ganz offensichtlich sind es hohe Verluste», sagt er. Eine Verbandsstudie bezifferte den Schaden schon im Jahr 2018 nur für die Region Tzaneen auf 1,6 Millionen Euro.

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Die Erfahrungen von Farmer Ernst deuten darauf hin, dass sich die Banden in den vergangenen drei Jahren offensichtlich zunehmend besser organisierten. Vor einigen Monaten wurden auf der Nachbarfarm zehn Hektar Avocado-Bäume leer geplündert. «Das entspricht 150 Tonnen», rechnet Ernst vor. In Europa erzielt er acht bis zwölf Euro pro Kilo.

Beute wird nicht exportiert

Die Diebe kommen meist am frühen Morgen, graben Tunnel unter Elektrozäune oder waten durch Flüsse an der Grenze der Plantage. Die Gefahr, von Krokodilen oder Nilpferden angefallen zu werden, schreckt sie nicht. Die wertvollen Früchte reissen sie hastig von den Bäumen, stopfen sie in Säcke, die irgendwo im Gebüsch ausserhalb der Farm versteckt werden. Alles ist bis ins kleinste Detail organisiert. Eine andere Truppe holt die gestohlenen Avocados ab und bringt sie zur nächsten Hauptstrasse, wo sie wiederum jemand einlädt.

Anders als etwa mit gestohlenen Macadamia-Nüssen haben Avocado-Banden den Export noch nicht entdeckt. An oft wechselnden Orten werden die Früchte in branchenübliche Kisten oder Netze verpackt und landen in örtlichen Supermärkten oder an Strassenständen. Es ist ein lukratives Geschäft.

Private Sicherheitsfirmen patrouillieren während der Nacht auf dem Gelände.

Allesbeste-Manager Patrick Kjashuane ist rund um die Uhr im Einsatz, um die Verluste niedrig zu halten. Wenn der Sicherheitsdienst ihn nachts anruft und Aktivität auf der stockdunklen Plantage meldet, rast er auf den holprigen Sandwegen los. Mitunter stellt er dann auch den einen oder anderen Dieb. «Sie sind schnell und können sich gut in den dichten Avocado-Bäumen verstecken; es ist wie die buchstäbliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen», sagt Kjashuane.

In einem Fall konnte er zwei Männer fangen und sie zur Polizeistation bringen. Viermal ging er in den darauffolgenden Wochen zur Wache, um herauszufinden, wann die Diebe vor Gericht erscheinen. Jedes Mal wurde er weggeschickt – bis ein Polizist ihm sagte, die Männer hätten ein Ordnungsgeld gezahlt und seien wieder auf freiem Fuss. «Ich glaube, Korruption spielt eine grosse Rolle», vermutet Kjashuane.

Also bleibt nur Selbstschutz. Allesbeste investiert inzwischen bis zu 100’000 Euro pro Jahr für Sicherheitsmassnahmen rund um die Avocado-Plantagen. In den vergangenen Monaten hat sich die Lage zugespitzt. Einige Plantagenbesitzer setzen jetzt sogar Spürhunde und bewaffnete Sicherheitsleute ein. Anders als auf anderen Plantagen in Tzaneen ist das Sicherheitspersonal bei Allesbeste jedoch nicht bewaffnet. «Ich habe Angst, dass sich das hochschaukelt, dass die Banden auch bewaffnet auf unsere Farm kommen. Ich werde meine Ernte nicht mit Waffengewalt verteidigen», sagt Zander Ernst. Für Avocados werde niemand sterben.

Die Afrupro-Plantage ist zum Schutz von einem elektrischen Zaun umgeben: Mitbesitzer Edrian Ernst. 

SDA