Antisemitismusvorwürfe gegen ModeratorinDer Fall Nemi El-Hassan
Die Journalistin hätte eigentlich eine Sendung im Westdeutschen Rundfunk moderieren sollen. Dann kam heraus, dass sie an einer judenfeindlichen Demonstration teilgenommen hatte.
Noch ist unklar, wie es mit Nemi El-Hassan weitergeht. Die Journalistin und Ärztin darf die Wissenschaftssendung «Quarks» vorerst aber nicht moderieren, wie der Westdeutsche Rundfunk (WDR) in einem Statement schrieb. Was war passiert?
Nachdem vergangene Woche bekannt geworden war, dass die 28-Jährige die Sendung ab Oktober präsentieren würde, wurden auf Social Media heftige Vorwürfe gegen die junge Moderatorin laut: Sie sei eine Islamistin und Antisemitin, schrieben einige Twitter-Nutzer. Es kursierten sogleich Fotos und Videos, die El-Hassan unter anderem bei der alljährlichen antisemitischen Al-Quds-Demonstration in Berlin zeigen. Dort kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Ausschreitungen. Auch 2014, als El-Hassan mitlief, riefen Teilnehmer zur «Vergasung» auf; es wehten Fahnen der Terrororganisation Hizbollah.
Im selben Jahr soll die Moderatorin mit palästinensischen Wurzeln bei einem Poetry-Slam einen Vers vorgetragen haben, der laut FAZ als antisemitisch eingestuft werden kann. Weiter tauchte ein Interview auf, in dem sie erzählt hatte, mehrmals die «Blaue Moschee» besucht und dort zum islamischen Glauben gefunden zu haben. Dabei handelt es sich jedoch um das Islamische Zentrum Hamburg, das gemäss dem Verfassungsschutz direkt dem iranischen Mullah-Regime unterstellt ist, welches wiederum die Vernichtung Israels anstrebt.
Antiisraelische Instagram-Posts gelikt
In Deutschland brach prompt eine öffentliche Debatte um den Fall El-Hassan los. Unterstützer kritisierten, dass es sich hierbei um «Cancel-Culture» handle. Die Vorfälle lägen schon viele Jahre zurück. Am Mittwoch zeigten weitere Recherchen der «Bild» jedoch, dass von einer geläuterten El-Hassan nicht ganz die Rede sein kann. So likte sie laut der Zeitung auch dieses Jahr «antiisraelische bis antisemitische Inhalte» auf Instagram. Dabei handelte es sich unter anderem um Beiträge der linken Aktivistenorganisation Jewish Voice for Peace (JVP), die etwa die Boykottbewegung BDE unterstützt. Die Kampagne wird von zahlreichen jüdischen Organisationen und Kritikern als antisemitisch eingestuft.
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Erst im September gefiel El-Hassan ein Post, in dem der Ausbruch palästinensischer Insassen aus einem israelischen Gefängnis als «unglaubliche Heldentat» gefeiert wurde. Darunter befanden sich jedoch islamistische Terroristen, die an tödlichen Attacken gegen israelische Zivilisten beteiligt gewesen waren. Auch antiisraelische Parolen wie «Antizionismus ist eine Pflicht» und «Von dem Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein» wurden von El-Hassan gelikt.
«Ich schäme mich für diese Zeit»
Zu den neusten Enthüllungen der «Bild» haben sich bisher weder der WDR noch El-Hassan geäussert. Tage zuvor hatte sie sich jedoch in einem «Spiegel»-Interview von den Fehlern aus ihrer Vergangenheit distanziert. Sie habe nicht gewusst, dass die Demonstrationen durch das iranische Regime ins Leben gerufen wurden, und habe lediglich ihre Solidarität mit den Palästinensern ausdrücken wollen. «Es ist sehr schmerzhaft für mich, über den Menschen nachzudenken, der ich damals war», sagte El-Hassan. «Ich schäme mich für diese Zeit.»
Daraufhin hatten mehrere Hundert Publizisten, Kulturschaffende und Wissenschaftler in einem öffentlichen Brief ihre Solidarität mit ihr bekundet. Sie habe «glaubhaft ihren Wandel dargelegt» und setze sich als Journalistin «seit Jahren dezidiert gegen Antisemitismus und Rassismus ein», hiess es dort. Die Debatte hingegen habe «jegliches Mass und Mitte verloren».
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