Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Schwindendes Interesse an Donald Trump
Der Clickomator hat ausgedient

Immer noch prominent, aber nicht mehr sonderlich gefragt: Der ehemalige US-Präsident Donald Trump beim Verlassen des Trump Tower in Manhattan (9. März 2021).
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Präsidentschaft von Donald Trump wurde manchmal mit einem Autounfall verglichen. Das hatte zum einen mit dem recht erheblichen Schaden zu tun, den Trump angerichtet hat. Es lag zum anderen aber auch an einem Phänomen, das man von Unfällen auf Autobahnen kennt: Die Menschen halten an und gaffen. Trump hat den Amerikanern und der Welt vier Jahre lang immer etwas gegeben, was sie anstarren konnten. Viele wussten, dass sie da Zeugen von etwas Gruseligem wurden. Aber sie konnten einfach nicht wegschauen.

«Trump-Index» so tief wie noch nie

Doch jetzt scheint sich dieser Bann zu lösen. So zumindest kann man den aktuellen «Trump-Index» interpretieren, den das Unternehmen Socialflow errechnet. Die Firma hilft Medien, ihre Inhalte über soziale Netzwerke zu verbreiten. Sie hat deswegen einen guten Überblick darüber, was im Internet besonders eifrig geklickt, geteilt und gelesen wird, welche Artikel, Namen und Themen gut laufen. (Hier sehen Sie die besten Trump-Karikaturen von Felix Schaad.)

Und ein Name, der immer besonders gut lief, war Donald Trump. Der Trump-Index wurde so kalibriert, dass ein Tag, an dem die Internetleserschaft ein normales Interesse an Berichten über den früheren Präsidenten hatte, einen Wert von 50 hatte. Seit Mitte 2020 lag der Trump-Index fast immer über dieser Schwelle, zum Teil deutlich. Das heisst: Überdurchschnittlich viele Menschen schauten gebannt zu, was Trump tat, sagte oder twitterte.

In der Republikanischen Partei spielt der Altpräsident nach wie vor eine Führungsrolle.

Den höchsten Wert – satte 99 Punkte – erreichte der Trump-Index am 6. Januar. An diesem Tag stürmten Anhänger des Präsidenten das Capitol in Washington, angefeuert von Trump persönlich. Seit dem Ende seiner Amtszeit am 20. Januar ist der Index allerdings drastisch eingebrochen. Am Sonntag lag er nur noch bei mageren 10 Punkten, in der Woche davor schwankte er zwischen 19 und 5 Punkten. Fazit: Donald Trump ist in den Hintergrund gerückt, er dominiert die Öffentlichkeit nicht mehr. Das Gros der Amerikaner interessiert sich für andere Dinge als den golfenden Rentner in Palm Beach.

Keine öffentlichen Auftritte mehr

Nun ist öffentliche Aufmerksamkeit allenfalls ein grober Massstab, um politischen Einfluss zu messen. In der Republikanischen Partei spielt der Altpräsident nach wie vor eine Führungsrolle. Das wird mindestens so lange so bleiben, bis klar ist, ob er 2024 noch einmal für die Präsidentschaft kandidieren wird.

Zudem ist das Einknicken des Trump-Index zumindest zum Teil eine logische Folge der Tatsache, dass der Ex-Präsident derzeit praktisch nicht öffentlich auftritt. Es gibt nur sehr wenig über ihn zu schreiben oder zu senden. Trump hat seit dem Ende seiner Amtszeit nur eine einzige grössere Rede gehalten, am 28. Februar. Andererseits: Auch in den Tagen danach stieg der Trump-Index nur sehr kurze Zeit über 25 Punkte. Selbst als es etwas über Trump zu berichten gab, waren die Intensität der Berichterstattung und die Nachfrage also verhältnismässig gedämpft.

Ausgetwittert: US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania Trump auf der Andrews Air Force bei Washington, bevor sie mit der Air Force One in den verdienten Ruhestand in Florida fliegen (20. Januar 2021).  

Was das politisch bedeutet, ist schwer abzusehen. Trumps politische Wucht fusste immer auch auf seiner Fähigkeit, mit einer einzigen Äusserung oder Provokation den Blick der Öffentlichkeit lenken zu können. Sein bevorzugtes Werkzeug dabei war Twitter. Und vielleicht ist das am Ende die offensichtlichste Lehre, die man aus dem Trump-Index ziehen kann: Seit Twitter am 8. Januar das Konto des Präsidenten dauerhaft gesperrt hat, ist der Trump-Index nur noch ein einziges Mal über die 50-Punkte-Marke gestiegen. Das war während des zweiten Impeachment-Verfahrens, und damals war die Berichterstattung über Trump alles andere als vorteilhaft.

Trump ohne Twitter – das geht nicht

Ohne Twitter fehlt Trump ein Kanal, um seine Meinungen und Kommentare zu verbreiten. Ab und an weicht er zwar auf traditionelle Methoden aus und lässt über sein Büro Presseerklärungen verschicken, die wie Tweets geschrieben sind. Aber diese Art der Öffentlichkeitsarbeit ist weit entfernt von der schnellen, ungefilterten Kommunikation, mit der Trump vier Jahre lang alles beherrscht hat. Es ist nicht auszuschliessen, dass Donald Trump etwas passiert, was Egomanen wie er besonders fürchten – dass sich niemand mehr für ihn interessiert.

Alles klar, Amerika? – der USA-Podcast von Tamedia
Den Podcast können Sie auf
Spotify, Apple Podcasts oder Google Podcasts abonnieren. Falls Sie eine andere Podcast-App nutzen, suchen Sie einfach nach «Alles klar, Amerika?».