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Rücktritt des britischen Vizepremiers
Der «Bully» muss gehen

Brexit-Hardliner mit rüden Umgangsmethoden: Dominic Raab – hier beim Verlassen von 10 Downing Street.
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Nach monatelangem Ringen um sein politisches Überleben hat am Freitag der britische Vizepremierminister Dominic Raab von allen Ämtern zurücktreten müssen. Raab, der auch Justizminister war, ist das höchstrangige von drei Kabinettsmitgliedern, die Regierungschef Rishi Sunak nun seit seinem eigenen Amtsantritt im vorigen Oktober verloren hat.

Zu Fall gebracht wurde Raab durch einen Untersuchungsbericht, den Sunak bereits im November in Auftrag geben musste, nachdem eine immer grössere Zahl von Mitarbeitern und Untergebenen des Ministers sich beklagt hatte über die «vollkommen unakzeptable» Art der Behandlung durch Raab.

«Regelrechte Magenkrämpfe» und «Panikattacken»

Übereinstimmend hatten die Betroffenen Raab beschuldigt, sie über Jahre hinweg auf mehreren Ministerposten drangsaliert, eiskalt abgefertigt und oft regelrecht tyrannisiert zu haben. Sie seien auf übelste Weise herumkommandiert und herabgesetzt worden, sagten sie. Augenzeugenberichten zufolge sollen Ministerialbeamtinnen und -beamte in Tränen aus Besprechungen mit Raab gekommen sein. Von «regelrechten Magenkrämpfen» und «Panikattacken» war die Rede.

Manche Untergebene Raabs, hiess es, hätten sich krankschreiben lassen, nur um ihm nicht gegenübertreten zu müssen. Insgesamt 28 Personen sollen sich beklagt haben, über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren, in dem Raab die Top-Posten im Brexit-, Aussen- und Justizministerium innehatte. Der Untersuchungsbericht kam denn auch zum Schluss, dass Raab «beharrlich aggressiv» aufgetreten sei und «ein einschüchterndes Verhalten» an den Tag gelegt habe gegenüber seinem Personal.

All diese Vorwürfe haben Raab keine andere Wahl gelassen, als zurückzutreten – obwohl er in seinem Rücktrittsschreiben darauf besteht, dass der Bericht «voller Fehler» und das ganze Verfahren gegen ihn «kafkaesk» gewesen sei. Noch am Donnerstagabend hatte der Vizepremier versichert, dass er auf keinen Fall zurücktreten werde. Sunak teilte ihm aber am Freitagmorgen mit, dass er nicht länger zu halten sei.

Raab selbst erklärte, es sei ein «gefährlicher Präzedenzfall» geschaffen worden.

Tatsächlich hatten mehrere Ministerialbeamte gedroht, sie würden ihrerseits kündigen, falls Raab im Amt bliebe. Das hatten Verbündete Raabs als Beweis dafür gewertet, dass ebenso «überempfindliche» wie aufmüpfige Untergebene des Ministers diesen «aus politischen Gründen» aus dem Amt haben wollten.

Raab selbst erklärte, hier sei ein «gefährlicher Präzedenzfall» geschaffen worden, indem man «die Schwelle für einschüchterndes Verhalten so niedrig angesetzt» habe. Eine solche «koordinierte» Aktion von offenkundig «gewerkschaftlich organisierten Beamten» werde nur immer neuen «fadenscheinigen Beschwerden über Minister Vorschub leisten» und das Regierungsgeschäft erschweren, klagte er.

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Dominic Raab, der über einen schwarzen Karate-Gürtel verfügt, war von Anfang an von Mitarbeitern als «Bully» eingestuft worden. Er hatte schon vor Jahren zusammen mit Liz Truss und anderen Tories einen rabiaten Rechtsruck in der Politik verlangt und zum Beispiel verkündet, Feministinnen gehörten «zu den widerlichsten Fanatikern» in der Welt. Theresa May zögerte noch, Raab nach 2016 einen hochrangigen Posten in ihrem Kabinett zu übergeben. Als sie den Brexit-Hardliner dann doch zum Brexit-Minister machte, trat er bald schon aus Protest gegen ihre «lasche» Politik zurück.

Schon Bildungsminister Williamson musste gehen 

Boris Johnson, der 2019 Premierminister wurde, übergab Raab erst das Aussen- und später das Justizministerium und machte ihn zum Vizepremier. In dieser Rolle vertrat Raab Johnson zeitweise an der Regierungsspitze, als dieser mit Covid im Spital lag. Liz Truss hatte, als sie Johnson im Sommer vorigen Jahres beerbte, keine Verwendung für Raab in ihrer Regierung. Aber sie selbst hielt sich nur sieben Wochen lang. Sunak, der auf sie folgte, setzte Raab prompt erneut als Vizepremier und Justizminister ein.

Nach Ansicht der oppositionellen Labour-Partei bewies Sunak damit «einen erschreckenden Mangel an Urteilskraft» – und das nicht zum ersten Mal – auf der höchsten Ebene von Partei und Regierung. Denn schon im vorigen November hatte Bildungsminister Gavin Williamson, aus ähnlichen Gründen wie Raab, abtreten müssen. Und im Januar dieses Jahres feuerte Sunak den Tory-Generalsekretär und Ex-Schatzkanzler Nadhim Zahawi nach einem Steuerskandal. Mit Raab hat er jetzt einen seiner engsten Mitstreiter verloren.

Zum neuen Vizepremier wurde der frühere Kulturminister und Tory-Generalsekretär Oliver Dowden ernannt.