Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Massive Polizeigewalt in Burma
Demonstranten hoffen verzweifelt auf Hilfe aus dem Westen

Fünfzig Menschen wurden bisher bei den Protesten getötet: Demonstranten fliehen vor der Polizei in Rangun. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Immer neue verstörende Bilder kommen ans Licht, weil es der Junta in Burma nicht gelingt, den Strom an Mitteilungen über soziale Medien zu kontrollieren. «Ich dränge die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats, die Fotos und Videos der schockierenden Gewalt zu sichten, die gegen friedliche Demonstranten entfesselt wird», fordert Tom Andrews, der UNO-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Burma.

Eines dieser Videos wurde aus der Deckung einer Wohnung auf die Strasse hinaus gefilmt. Es zeigt eine versammelte Menge von Polizisten, einige schleppen gerade einen Mann im Wickelrock aus einem Haus, sie schubsen ihn nach vorn, dann fällt ein Schuss, der Gefangene fällt zur Seite. Später packen sie den leblosen Körper an den Armen, sie schleifen ihn über den Asphalt.

Exekution auf offener Strasse

Das Video, das eine Exekution auf offener Strasse zu zeigen scheint, wurde gemäss Informationen dieser Zeitung am 3. März um 13.23 Uhr in North Okkalapa aufgenommen, einem Stadtteil von Rangun. UNO-Experten beschäftigen sich inzwischen mit einer ganzen Flut von Zeugnissen, die den Verdacht auf schwere Verbrechen durch die Junta nahelegen. Andrews spricht von einer «systematischen Brutalität durch das Militär». Die weltweite Empörung darüber wächst, erste Sanktionen wurden von der EU, Grossbritannien und den USA verhängt, doch sie scheinen die Generäle nicht zu beeindrucken.

Davon berichtet auch die Sonderbeauftragte des UNO-Generalsekretärs für Burma, die Schweizer Diplomatin Christine Schraner Burgener. In einer Online-Pressekonferenz gab sie Auskunft über ihren Austausch mit dem Militär, das am 1. Februar putschte und Wahlsiegerin Aung San Suu Kyi wegsperrte. Als die UNO-Vertreterin den Vizechef der Junta, Soe Win, telefonisch davor warnte, dass das Militär nun in die Isolation drifte, bekam sie eine ernüchternde Antwort: «Wir sind an Sanktionen gewöhnt, und wir haben Sanktionen in der Vergangenheit überlebt», so zitiert die Diplomatin die Machthaber in Burma.

Die Demonstranten lassen sich nicht mehr kleinkriegen: Protest gegen die Machtübernahme des Militärs in Rangun. 

Angesichts rasch steigender Opferzahlen – mehr als fünfzig Menschen starben bislang bei Einsätzen von Polizei und Militär gegen Kritiker und Demonstranten – wird am Freitag der UNO-Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen über die Krise beraten. Während bei Analysten die Einschätzung vorherrscht, dass eine einheitliche Front der Staatengemeinschaft nötig sei, um massgeblichen Druck auf die neuen Herrscher in Burma aufbauen zu können, sind die Voraussetzungen dafür nicht besonders günstig. Denn Peking und Moskau, die jeweils über ein Vetorecht im UNO-Sicherheitsrat verfügen, zeigten bislang keine Bereitschaft, harte Schritte, etwa ein weltweites Waffenembargo, gegen die Generäle zu beschliessen. Sie ziehen sich auf die Position zurück, dass es sich dabei um innere Angelegenheiten des Staates handele.

«Ich hoffe, China wird realisieren, dass es wichtig ist zusammenzuarbeiten», sagte Schraner Burgener in ihrem Appell an die Staatengemeinschaft, auch Russland sprach sie an. Starke Hebel, die beiden Länder zu einer solchen Kooperation zu bewegen, haben die Vereinten Nationen allerdings nicht.

«Für China sind die eigenen Investitionen und Geschäftsinteressen viel wichtiger als der Wille unseres Volkes.»

Sa Sa, burmesischer Oppositionspolitiker

«China wird sich bis zu einem gewissen Grad immer hinter die Generäle stellen», sagt der burmesische Politiker Sa Sa, der zu jenen gewählten Abgeordneten im Untergrund gehört, die nun ein Ersatzkabinett gebildet haben. «Für China sind die eigenen Investitionen und Geschäftsinteressen viel wichtiger als der Wille unseres Volkes», sagt er. Er fürchtet einen wachsenden Einfluss Pekings. «Wie sollen wir unter dem Schirm Chinas Demokratie wiederherstellen und Menschenrechte schützen können?», fragt er.

Die Erwartungen in Burma auf Hilfe von aussen sind gross. Die Hoffnung richtet sich vor allem auf den Westen, auch weil die Kräfte der Demokratiebewegung erkennen, dass die Nachbarstaaten Burmas keine einheitliche Linie finden. Beratungen der Asean-Aussenminister Mitte der Woche brachten keinen entscheidenden Impuls, die Krise zu entschärfen.

Sanitäter müssen um ihr Leben fürchten

Die Generäle wiederum wissen, dass ein fortgesetzter Volksaufstand ihr Verhältnis zu Peking auch belasten wird, denn China wünscht sich stabile Verhältnisse im Nachbarland, durch das Peking eine Ölpipeline bauen liess. Insofern hat das Militär einen riskanten Kurs eingeschlagen und nach Einschätzungen von UNO-Experten wohl die Wucht des Widerstandes in Zeiten sozialer Medien unterschätzt. Ein Jahrzehnt in Freiheit hat eine junge Generation geprägt, die nun nicht so leicht aufgeben will.

Aber was hat sie einer Junta entgegenzusetzen, die, wie die gewählten Abgeordneten im Untergrund klagen, Krieg gegen ihr eigenes Volk führt? Sogar Sanitäter müssen offenbar um ihr Leben fürchten, einige sollen vom Militär attackiert worden sein, wie das Onlinemagazin «Irrawaddy» berichtet. «Es ist eine deprimierende Lage», sagte Hla Hla Kyaing, der eine Gruppe von Helfern leitet. Vier Freiwillige wollten Verletzte gerade in die Klinik bringen, als das Militär sie festnahm.