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Stichwahl in Georgia
Demokraten bauen ihre Macht im Senat aus

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Es läuft gerade gar nicht gut für Donald Trump. Am selben Tag, an dem in New York eines seiner Unternehmen wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde, erlitt er in Georgia eine Schmach an den Urnen: Sein Freund Herschel Walker verlor am Dienstag das Rennen um den letzten offenen Senatssitz in Georgia gegen den Demokraten Raphael Warnock.

Nachdem die Zwischenresultate mal den einen, mal den anderen an die Spitze gesetzt hatten, ging der 53-jährige Warnock am Abend mit knapp 51 Prozent der Stimmen derart in Führung, dass der 60-jährige frühere Footballstar Walker keine Chance mehr hatte.

Schon den ersten Wahlgang am 8. November hatte Warnock knapp gewonnen, die 50-Prozent-Marke dabei aber knapp verpasst. Seinen Vorsprung auf Walker konnte er nun noch einmal ausbauen, bei 1,8 Millionen Stimmen liegt er mit knapp 100’000 Stimmen vorne.

Sportgrösse ohne politische Erfahrung: Der republikanische Kandidat Herschel Walker trat verschiedentlich ins Fettnäpfchen.

Die Entscheidung markiert das Ende eines besonders bizarren Wahlkampfs, der teuersten Senatskampagne im ganzen Land. Mehr als 400 Millionen Dollar aus den ganzen USA waren nach Georgia geflossen, wo viele die Entscheidung über die Mehrheit im Senat erwartet hatten. Besonders viel investierten die Demokraten, sie hatten rund doppelt so viel Geld zur Verfügung als die Republikaner.

Republikanern die Spendierlaune vermiest

Trotz der Bedeutung der Wahl war einigen Geldgebern der Republikaner die Spendierlaune vergangen, als Kandidat Walker von einem Fettnäpfchen ins nächste hüpfte. Mit unbedarften Auslassungen etwa zum Klimawandel liess er Zweifel aufkommen, ob er des Amtes gewachsen gewesen wäre. Zudem führten die Demokraten eine erfolgreiche Schmierenkampagne: Walker verleugnete unter anderem nicht eheliche Kinder, und frühere Partnerinnen belegten, dass der angebliche Abtreibungsgegner ihnen einst Abtreibungen bezahlt hatte. Zwei Monate lang sprach Walker in der entscheidenden Phase des Wahlkampfs nicht mehr mit Journalisten.

Dem starken Mann der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, hatte darum längst geschwant, dass Walker eine Niederlage blühen würde. Öffentlich hatte er die Qualität der Senatskandidaten kritisiert – und die Kandidaten von Trumps Gnaden gemeint, besonders Walker, der in Georgia als Sportler zwar Heldenstatus geniesst, aber über keinerlei politische Erfahrung verfügt.

Raphael Warnock ist der erste Afroamerikaner, der in dem Südstaat eine ganze Legislatur im Senat gewinnt.

Warnock, der vor zwei Jahren überraschend in einer Ersatzwahl den Republikanern den Senatssitz entrissen hatte, nutzte deren Fehler nun dankbar aus. Er, der Pastor aus der Kirche von Martin Luther King, wusste die grosse Mehrheit der zahlreichen afroamerikanischen Stimmen in Georgia hinter sich – während Herschel Walker, auch er ein Afroamerikaner, bei Weissen besser abschnitt.

Der als Progressiver geltende Warnock vertrat im Wahlkampf gemässigtere Positionen, um die Wählerschaft in der Mitte anzusprechen. Es gelang ihm offensichtlich gut, seine Anhänger an die Urnen zu bewegen. Die Stimmbeteiligung war sehr hoch, sie lag 15 Prozent tiefer als beim ersten Wahlgang, was ein sehr guter Wert ist. Befürchtungen, wonach neue restriktive Wahlgesetze in Georgia die Stimmberechtigten von den Urnen fernhalten würden, haben sich eher nicht bestätigt. Allerdings mussten die Menschen vor allem in Gebieten, in denen viele Afroamerikaner leben, stundenlang anstehen, um ihre Stimme abzugeben.

Nun ist Warnock für sechs Jahre gewählt, seine erste volle Amtsdauer. Er schreibt damit Geschichte, denn Warnock ist der erste Afroamerikaner, der in dem Südstaat eine ganze Legislatur im Senat gewinnt. Und das in Georgia, wo besonders viele Afroamerikaner leben und sich mit Atlanta ihre heimliche Hauptstadt befindet.

Die Gerüchteküche um Warnock werde in den nächsten Wochen brodeln, prophezeite der Politik-Newsletter Axios. Sogar als möglicher Präsidentschaftskandidat dürfte er in den nächsten Wochen gehandelt werden, obwohl er bisher wenige solche Ambitionen gezeigt hat.

Demokraten haben nun 51 Stimmen im Senat

Der Erfolg ist indes nicht nur für Warnocks Karriere von Bedeutung, sondern auch für die Demokratische Partei. Sie hat nun ihre Machtposition im Senat deutlich verbessert. Die Mehrheit konnte sie sich zwar schon bei den Midterms am 8. November sichern. Doch nun erhalten die Demokraten einen zusätzlichen Sitz. Bisher kontrollierten sie 50 Mandate, genau wie die Republikaner; nur dank dem Stichentscheid der Vizepräsidentin Kamala Harris waren sie in der Überzahl.

Dank Warnock verfügen die Demokraten nun im Senat über 51 Stimmen, sind nicht mehr auf den Stichentscheid angewiesen – und auch weniger erpressbar durch eigene Parteimitglieder. Weil die Mehrheitsverhältnisse so knapp waren, hatten Mitte-Senatoren wie Joe Manchin und Kyrsten Sinema mehrfach Gesetzesvorschläge Joe Bidens verwässert oder gleich ganz scheitern lassen.

Zudem erhalten die Demokraten dank ihrer Mehrheit im Senat auch die Mehrheit der Sitze in den Senatsausschüssen – zuvor waren die genau hälftig geteilt. Damit kriegen die Demokraten mehr Einfluss auf die politische Agenda im Senat und können Gesetzesvorschläge der Republikaner aus dem Repräsentantenhaus leichter bekämpfen.

Der sonst so beredte Donald Trump schwieg sich zu dem Resultat vorerst aus.

Die Verantwortung für diese Entwicklungen muss Donald Trump auf sich nehmen. Er hatte Walker zur Kandidatur animiert und für ihn geworben. Doch Walker überzeugte nicht; er holte am 8. November deutlich weniger Stimmen als der Gouverneurskandidat der Republikaner, Brian Kemp.

Und das in Georgia, einem jener Swing-States, in dem einmal die Blauen gewinnen und dann wieder die Roten – und jetzt besetzen die Demokraten weiterhin beide Senatssitze für den Südstaat. Der sonst so beredte Trump schwieg sich zu dem Resultat vorerst aus. Dafür wetterte er umso eifriger gegen die New Yorker Justiz, die ihm aus rein politischen Gründen das Leben schwermache mit ihren Strafermittlungen und -verurteilungen.

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