Gefangenenaustausch in den USAIm kalten Krieg wurden die Spione über die «Bridge of Spies» geschickt
Immer wieder lässt sich die USA auf den Austausch von Häftlingen ein. Drei Deals mit Russland spielten sich dabei vor den Augen der Weltöffentlichkeit ab.
Steven Spielbergs Historienfilm «Bridge of Spies – Der Unterhändler», 2015 in den Kinos, hatte es wieder ins kollektive Gedächtnis der Amerikaner gerückt: Der Austausch von Gefangenen zählt zu den – aus moralischer Sicht zweifellos nicht immer ganz makellosen – aussenpolitischen Standardpraktiken ihres Landes. Zumal im Kalten Krieg solche Deals zwischen Washington und Moskau dazugehörten.
Daran werden sich sicherlich einige erinnert haben, als Aussenminister Antony Blinken jetzt einen neuen «prisoner swap», wie der Austausch von Häftlingen in den USA genannt wird, in Aussicht stellte: die Freigabe des zu langer Haft verurteilten berüchtigten russischen Waffenhändlers Wiktor But gegen die in Russland festgehaltene Weltklasse-Basketballerin Brittney Griner und den US-Geschäftsmann Paul Whelan.
Im Kalten Krieg gab es immer wieder derlei Geschäfte auf Gegenseitigkeit zwischen Amerikanern und Russen. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit spielten sich drei dieser Deals ab, stets war die Glienicker Brücke über die Havel in Berlin der Schauplatz. Der erste – und spektakulärste – Gefangenenaustausch diente zum Vorbild für Spielbergs Film.
Immer wieder gab es kleine Deals
Im Februar 1962 überquerten der russische Spitzenspion Rudolf Abel und der amerikanische U-2-Pilot Francis Gary Powers die Brücke – jeweils in entgegengesetzter Richtung. Abel hatte einen sowjetischen Agentenring in den USA geleitet, Powers war fast zwei Jahre zuvor in seinem Spionageflugzeug über der Sowjetunion abgeschossen worden. Gut zwanzig Jahre später wurden auf der Brücke 23 westliche Agenten gegen vier russische Spione ausgetauscht. 1986 gelangte dort der russische Dissident (und spätere israelische Handelsminister) Natan Scharanski zusammen mit drei weiteren Männern in die Freiheit, ausgetauscht gegen fünf Häftlinge aus dem Westen.
Auch sonst haben sich die Regierungen in Washington immer wieder auf kleine schmutzige Deals eingelassen. So tauschten die USA unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump 2019 einen iranischen Stammzellenforscher gegen einen amerikanischen Studenten aus. US-Behörden hatten den Wissenschaftler angeklagt, weil er versucht haben soll, trotz der Sanktionen gentechnisch veränderte Proteine in sein Heimatland zu schmuggeln. Den Amerikaner hatte ein iranisches Gericht wegen angeblicher Spionage verurteilt.
Normalerweise höre man «nicht viel davon»
Trumps Vorgänger Barack Obama hatte 2016 vier im Iran festgehaltene US-Bürger gegen 400 Millionen US-Dollar freibekommen. Das Geld war seit der Islamischen Revolution 1979 in den USA eingefroren gewesen. Zwei Jahre zuvor hatte Obama dem Austausch von fünf internierten Afghanen gegen den US-Soldaten Bowe Bergdahl zugestimmt, der jahrelang in Afghanistan festgehalten worden war. Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice nannte es eine «heilige Pflicht», Amerikaner aus der Gefangenschaft in die Heimat zurückzuholen.
«Man hört normalerweise nicht viel davon», sagt der US-Militärhistoriker Paul Springer, der zur Geschichte der amerikanischen Gefangenenaustausche forscht. «Es sei denn, es handelt sich um eine berühmte Person, oder die Angehörigen machen viel Lärm in der Öffentlichkeit.» Beides dürfte nun auf den aktuellen Fall Griner zutreffen.
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