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Fall Brittney Griner
Gefangene US-Basketballspielerin gegen russischen Waffenhändler?

«Der stolze Krieger ergibt sich nicht», sagte Wiktor But bei seiner Anhörung vor einem New Yorker Bundesbezirksgericht: Hier bei der Auslieferung an die amerikanischen Behörden, 16. November 2010.
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Sie ist eine amerikanische Profi-Basketballerin in russischer Gefangenschaft. Er ein ehemaliger russischer Waffenverkäufer, mit dem Spitznamen «Händler des Todes». Er versorgte Rebellen und Terroristen mit Waffen und sitzt derzeit eine 25-jährige Haftstrafe in den USA ab. Sie soll Cannabisöl in ihrem Gepäck gehabt haben.

Der Kreml scheint nun interessiert zu sein, Wiktor But mittels eines Gefangenenaustauschs zu befreien. Einige russische Medien, darunter auch die Nachrichtenagentur Tass, haben die mögliche Freilassung der Amerikanerin Brittney Griner mit dem Fall von Wiktor But in Verbindung gebracht, wie die «New York Times» berichtet. Gespräche zwischen dem Kreml und Washington über einen allfälligen Austausch seien schon im Gang. Von der US-Regierung gibt es noch keine Stellungnahme. 

In Untersuchungshaft: Brittney Griner im Anschluss an eine Anhörung am 13. Mai 2022 in Moskau.

Für die Regierung von Joe Biden wäre ein Gefangenenaustausch zwischen But und Griner eine Gratwanderung. «Der grosse Unterschied zwischen den Fällen von Brittney Griner und Wiktor But macht deutlich, wie schwierig es für Präsident Biden wäre, einen Gefangenenaustausch anzustreben», schreibt die «New York Times».

Das amerikanische Aussenministerium betont, dass die Verhaftung der WNBA-Spielerin nicht rechtens sei. Hinzu kommt der massive Druck der Öffentlichkeit, die Basketballspielerin zurück auf amerikanischen Boden zu bringen. Gleichzeitige wolle die amerikanische Regierung ungern Anreize für die Verhaftung oder Entführung von weiteren Amerikanern im Ausland schaffen – was eine Rechtfertigung der Freilassung von Schwerverbrechern wie Wiktor But schwierig mache, analysiert die «New York Times». 

Wie realistisch ist ein Gefangenenaustausch?

Die amerikanische Regierung hat sich noch nicht zu einem allfälligen Gefangenaustausch zwischen Griner und But geäussert. Das amerikanische Aussenministerium lehne grundsätzliche den Austausch von Gefangenen ab. «Unrechtmässige Inhaftierungen als Druckmittel zu nutzen, stellt eine Bedrohung für die Sicherheit aller Personen dar, die ins Ausland reisen», sagte der Sprecher des Ministeriums, Ned Price, der «New York Times».

Ein ehemaliger US-Beamter erklärt der amerikanischen Zeitung, dass ein Austausch «höchst unwahrscheinlich» sei. Frühere Bemühungen des Kreml, But zurück nach Russland zu bringen, seien alle gescheitert. Dies wird durch Danielle Gilbert, eine Assistenzprofessorin von der US Air Force Academy, bestätigt. Doch sie sagt auch, dass sie einen Austausch nicht ausschliessen würde. «Es würde mich nicht überraschen, wenn sie diese Möglichkeit zumindest in Erwägung zögen», erklärt sie der «New York Times». Es wäre nicht der erste Gefangenaustausch zwischen Amerika und Russland.

Im April wurde der ehemalige US-Marine Trevor Reed im Zuge eines Gefangenaustauschs freigelassen. Er war 2020 nach einer Ferienreise in Russland unter fadenscheinigen Gründen zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Im Gegenzug liess die Regierung von Biden Konstantin Jaroschenko frei, einen russischen Piloten, der 2011 wegen Drogenschmuggels zu 20 Jahren Haft verurteilt worden war. Das Weisse Haus betont jedoch, dass es sich damals aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes von Reed um eine Ausnahme gehandelt habe. 

Drei Jahre verbrachte er in einem russischen Gefängnis: Ein Polizeibeamter bringt den Ex-Marine Trevor Reed in einen Gerichtssaal in Moskau, 11. März 2021.

Für den russischen Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, habe die Befreiung von But «oberste Priorität». Das habe Antonow im Gespräch mit Buts Anwalt Steve Zissou erwähnt. «Es wurde der amerikanischen Seite sehr deutlich mitgeteilt, dass sie Wiktor But wirklich freilassen sollten, wenn sie weiterhin Gefangene austauschen möchten», sagt Zissou der «New York Times» und ergänzt: «Ich habe den Eindruck, dass kein Amerikaner nach Hause geht, wenn Wiktor But nicht mit ihm nach Hause geschickt wird.»

Wer ist Wiktor But?

Der berüchtigte russische Waffenhändler Wiktor But wurde in der Hauptstadt von Tadschikistan geboren. Er besuchte eine russische Militärschule und diente als Offizier bei der sowjetischen Luftwaffe. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann But mit dem Transportieren von Fracht zwischen den Kontinenten. Laut US-Beamten wurde er schnell einer der weltweit grössten Waffenhändler. Besonders lukrativ waren für ihn Geschäfte mit afrikanischen Ländern wie Liberia und Sierra Leone. But bestreitet, wissentlich mit Waffen gehandelt zu haben.

Stand jahrelang im Dienst des «Händlers des Todes»: Ein verlassenes Flugzeug auf dem alten Flugplatz von Umm al-Quwain in den Vereinigten Arabischen Emiraten, 27. Mai 2022. 

Der amerikanische Geheimdienst vermutete, dass der heute 55-Jährige Geschäfte mit den afghanischen Taliban und dem Terrornetzwerk al-Qaida machte. 2008 lockten die USA But in eine Falle. Zwei Agenten der Drug Enforcement Administration gaben sich damals als Mitglieder der linken kolumbianischen Rebellengruppe Farc aus. Die US-Beamten vereinbarten ein Treffen in Bangkok, um Waffen zu kaufen. Darunter 30’000 AK-47-Gewehre, Plastiksprengstoff und Boden-Luft-Raketen. Die Beamten sagten ihm, sie wollten mit den Waffen gegen die kolumbianische Regierung und das amerikanische Militär kämpfen. 2012 wurde er deswegen zu 25 Jahren Haft verurteilt.

But, der sechs Sprachen spricht, unterbrach damals den Staatsanwalt, als dieser erklärte, er habe der Lieferung von Waffen zugestimmt, mit denen Amerikaner getötet werden sollten. «Das ist eine Lüge», rief er auf Englisch. Auf Russisch fügte er hinzu, er habe «niemals die Absicht gehabt, jemanden zu töten. Gott weiss diese Wahrheit.»

Wer ist Brittney Griner?

Griner ist zweifache Olympiasiegerin und zweimalige Weltmeisterin mit dem US-Team, gewann 2014 den Titel in der Women’s NBA (WNBA) und wurde siebenmal ins All-Star-Team gewählt. Sie ist eine der bekanntesten Basketballerinnen der Welt. Am verhängnisvollen Tag ihrer Verhaftung wollte sie von Moskau in ihre Heimat fliegen, weil sie während der Saisonpause in der WNBA für das russische Team aus Jekaterinburg aufläuft. Wie zahlreiche andere Profis der Women’s NBA spielte sie für zusätzliche Einnahmen monatelang in Europa – schon seit Jahren steht sie während der Saisonpause bei UGMK Jekaterinburg unter Vertrag.

Verhängnisvolle Reise: Brittney Griner spielt für Phoenix in den USA und in Russland für Jekaterinburg. Nun befindet sie sich in einem russischen Gefängnis.

Griner stammt aus dem konservativen Texas und traf wegen ihrer pluralistischen Werte immer wieder auf Widerstände. Teilweise sehr bewusst. So wählte sie für ihr Studium die Baylor-Universität, eine fundamental christliche Hochschule in Waco, Texas. Wie sie selbst einmal sagte, hat sie während ihrer Schulzeit Mobbing erlebt; ihre psychische Gesundheit habe darunter gelitten. Später, als Profi in der WNBA, spielte sie vor ihrer Zeit in Jekaterinburg ausserdem in China, auch dazu hatte sie niemand gezwungen. Doch auch in den beiden Ländern war sie extremen Anfeindungen ausgesetzt, 2014 wurde sie in China bei einer Messerattacke verletzt. Die Schweizerin Christa Wirth, die als Geschichtsprofessorin an der Universität Agder in Norwegen arbeitet und zur Geschichte der USA und zum Kalten Krieg forscht, sagt: «In sehr konservativen Regionen wird sie angefeindet und zur Projektionsfläche christlich-nationalistischer Ressentiments gegenüber einer pluralistischen Gesellschaft.» Trotzdem kehrte Griner auch 2021 für ein weiteres Jahr nach Russland zurück, ihr insgesamt fünftes.

Was droht Griner und was wird ihr vorgeworfen?

Die Starspielerin der US-Profiliga WNBA war Mitte Februar am Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen worden. Nach Behördenangaben fanden Beamte in Griners Gepäck Kartuschen für E-Zigaretten mit Cannabisöl. Die Menge entsprach weniger als einem Gramm Cannabis in fester Form, wie der Staatsanwalt am Freitag sagte. Auf Drogenschmuggel stehen in Russland bis zu zehn Jahre Gefängnis. Griner äusserte sich laut ihrem Verteidiger Alexander Boikow bislang nicht vor Gericht. Der Prozess wurde auf den 7. Juli vertagt.