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Paul McCartney über Beatles-Trennung
«Ich habe den Bruch nicht initiiert, das war unser Johnny»

Die britische Invasion: Paul McCartney und John Lennon während des ersten US-Konzerts der Beatles im Februar 1964. Die beiden Hauptfiguren des Quartetts waren damals 21 und 23 Jahre alt.
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Gemeinsam stiegen sie in den Musik-Olymp auf, doch das Ende der Beatles war voller Krisen und Streit. Das geht so weit, dass bis heute teils erbittert darüber debattiert wird, wer denn verantwortlich war für das Ende der vielleicht besten Band der Geschichte.

Nun hat Sänger und Bassist Paul McCartney in einem Interview mit der BBC, das am 23. Oktober ausgestrahlt werden soll und aus dem der Sender am Montag vorab zitierte, seine Unschuld beteuert an dem Bruch, den er im April 1970 selbst öffentlich gemacht hatte.

Ringo Starr, John Lennon, Paul McCartney und George Harrison. 

«Ich habe den Bruch nicht initiiert. Das war unser Johnny», sagt der 79-Jährige mit Verweis auf seinen kongenialen Co-Songschreiber John Lennon. John sei eines Tages ins Zimmer gekommen und habe gesagt: «Ich verlasse die Beatles.» McCartney meint dazu: «Ist das eine Spaltung oder nicht?»

Lennon, der 1980 in New York erschossen wurde, habe den Schritt als «ziemlich aufregend» empfunden und mit einer Scheidung verglichen, berichtet McCartney im Gespräch mit Interviewer John Wilson. An einen Rosenkrieg erinnerte die folgende jahrelange juristische Auseinandersetzung der Band, zu der noch Gitarrist George Harrison, der 2001 an Krebs starb, und Schlagzeuger Ringo Starr (81) gehörten.

«The Fab Four» im Jahr 1967: Sie dominierten die Musik knapp ein Jahrzehnt lang, vom ersten Hit «Love Me Do» 1962 bis zum letzten gemeinsamen Album «Let It Be» 1970.

Rückblick: Im April 1970 erscheint «McCartney», die Soloplatte des Sängers. McCartney verschickt die Schallplatte an Journalisten zusammen mit einem Schreiben im Frage-Antwort-Format, das den Bruch offenbart: Plant er ein neues Album, eine Single oder Auftritte mit den Beatles? «Nein.» Ist ihre Trennung vorübergehend oder dauerhaft? «Ich weiss es nicht.» Es gebe persönliche, geschäftliche und musikalische Differenzen, räumt McCartney ein.

Die Aussagen wurden allgemein als Ende der Beatles verstanden – «Paul verlässt die Beatles», titelte etwa die «Daily Mail» am 10. April. Die Gruppe versuchte noch zu beschwichtigen, aber der Bruch war öffentlich, der innere Zank wurde offenbar.

Paul McCartney an der Modeshow seiner Tochter Stella McCartney am 4. Oktober 2021 in Paris.

Doch wie McCartney mehrmals erzählte und wie auch Berichte der übrigen Bandmitglieder deutlich machen: Es war nicht der Sänger und Bassist, der Schluss machte. Tatsächlich war die Gruppe schon seit Monaten de facto am Ende – und ausgelöst hatte dies John Lennon. Er hatte bereits im September 1969 seine Bandkollegen informiert, dass er austreten werde, und erzählte später auch diese Version.

Auf Wunsch von Manager Allen Klein hielten die «Fabulous Four» aber zunächst dicht. Denn die Arbeiten am letzten Studioalbum «Let It Be» waren noch nicht beendet, auch einige Verträge noch nicht besiegelt.

Sie machten weiter, auch als das Ende schon besiegelt war: Links Paul McCartney und George Harrison, hinten Ringo Starr am Schlagzeug und rechts John Lennon, auf einem Foto mit unbekanntem Datum.

«Für einige Monate mussten wir also so tun, als ob», sagt McCartney nun Jahrzehnte später der BBC. «Es war merkwürdig, weil wir alle wussten, dass die Beatles am Ende waren, aber wir konnten nicht einfach abhauen.» Schliesslich habe er aber die Ausreden sattgehabt und die Katze aus dem Sack gelassen, so berichtet es McCartney. Der Promotion seiner Solo-LP, die bald darauf erschien, tat die Nachricht sicher auch keinen Abbruch, wie Kritiker ätzten.

Tatsächlich hatte sich der Bruch schon lange angedeutet, wie viele Biografen seit Jahrzehnten immer wieder geschrieben haben. Die Bandmitglieder lebten sich auseinander. McCartney heiratete Linda Eastman, das Paar bekam ein Kind. John Lennon heiratete die Künstlerin Yoko Ono und setzte unter anderem mit dem gemeinsamen «Bed-in» politische Zeichen. Alle verfolgten Soloprojekte. Ein Konzert hatten die Beatles da schon seit Jahren nicht mehr gespielt.

Die Aktion «Bed-ins for Peace» von John Lennon und Yoko Ono im März 1969 richtete sich gegen den Vietnam-Krieg. Die Protesttage im Hilton-Hotel in Amsterdam waren gleichzeitig die Flitterwochen des frisch vermählten Paars.

Begegnungen der Bandmitglieder, bei denen es rein ums Geschäftliche gegangen sei, seien zunehmend unangenehm geworden, berichtete McCartney. «Zu der Zeit hatten wir kleinere Treffen, und es war furchtbar», erinnert er sich. «Es war das Gegenteil von dem, was wir waren.»

Er sagt heute, der Bruch sei unvermeidlich gewesen. Lennon «wollte in einem Sack gehen und eine Woche für den Frieden in einem Bett in Amsterdam liegen. Und daran war nicht zu rütteln», sagt er im BBC-Interview. Das dürfte denjenigen unter den Beatles-Fans Aufschwung geben, die vor allem Lennons teilweise bizarre Auftritte mit Yoko Ono für das Ende der Band verantwortlich machen. Doch das liegt McCartney fern. «Sie waren ein tolles Paar. Sie strahlten enorme Stärke aus», sagt er.

Yoko Onos Einfluss auf John Lennon gilt für viele Fans als Auslöser der Beatles-Trennung. Paul McCartney erteilt dieser Darstellung der Ereignisse nun eine klare Absage. 

Ein bisschen Wehmut klingt aber doch an, so erfolgreich McCartney und auch die anderen Beatles als Solokünstler waren. Unvergessen bleibt nicht nur John Lennons Welthit «Imagine», der im Oktober seinen 50. Geburtstag feierte.

Die Gruppe habe selbst dann noch «ziemlich gutes Zeug» kreiert, als sie eigentlich schon zerbrochen gewesen sei, sagt McCartney: «‹Abbey Road›, ‹Let It Be›, ganz anständig.»

John Lennon und Yoko Ono im August 1980 vor der Hit Factory, einem Aufnahmestudio in New York. Keine vier Monate später wurde der Sänger von einem ehemaligen Fan erschossen. 

McCartney war hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die Band Musik am Laufmeter produzierte, wie Ringo Starr Anfang Oktober dem Magazin «Rolling Stone» erzählte. Ohne Paul hätten die Beatles «vielleicht nur zwei Tonträger aufgenommen», sagt der Drummer. McCartney habe «die faule Band immer wieder gegen ihren Willen zum Arbeiten überredet». Und das mit grossem Erfolg, 13 Alben veröffentlichten die vier Briten von 1962 bis 1970.

Und es hätten auch noch mehr sein können. Paul McCartney betont: «Das war meine Band, das war mein Job, das war mein Leben, deshalb wollte ich, dass es weitergeht.» Und wenn Lennon nicht die Band verlassen hätte, wäre die Karriere weitergegangen? «Das hätte gut sein können.» Genügend Stoff ist also da für neue Legenden.

Ringo Starr und Paul McCartney 2016 bei der Premiere des Beatles-Films «Eight Days a Week – the Touring Years» in London.

SDA/anf