Bilanz der digitalen FilmtageDas nächste Mal «voll in den Kinos»
Die Solothurner Filmtage haben rund 25’000 virtuelle Tickets verkauft. Die Preise gehen an drei Regisseurinnen.
Heute Dienstag vergeben die ersten virtuellen Solothurner Filmtage die Preise, morgen sind sie zu Ende. Die «Home Edition» wird bis dann 170 Filme sowie zahlreiche Filmgespräche gezeigt haben. Inoffizielles Maskottchen war eindeutig das Sofa im Solothurner Uferbau: Expressive Muster im Ethno-Hipster-Chic, auf die sich ein Gast nach dem anderen setzte.
Trotz Virtualität ergaben sich angeregte Diskussionen. Festivaldirektorin Anita Hugi gibt sich im Gespräch gut gelaunt: Einige Besucher hätten Fotos von ihren Home-Cinema-Installationen gepostet. «Einige sagten, sie seien am Tag langlaufen gegangen und hätten am Abend Filme geschaut.» Neben den Cinephilen, welche die Diskussionen verfolgten, seien auch viele Tickets an Leute verkauft worden, die sonst weniger oft Festivals besuchen.
Ein Billett für eine Online-Vorführung kostete 10 Franken. Zu den verkauften digitalen Tickets melden die Filmtage einen Zwischenstand, da verschiedene Titel diese Woche noch verfügbar bleiben. Demnach wurden bis heute Dienstag 24’514 virtuelle Tickets verkauft. Mehr als die Hälfte davon wurden von Branchenvertretern, Partnern und Journalisten bezogen.
2020 kamen über 66’000 Leute nach Solothurn und besuchten Filmvorführungen und Veranstaltungen. Anita Hugi sagt, die Views auf der Website hätten sich dieses Jahr mehr als verdoppelt. Bis jetzt verzeichne man mehr als 55’000 digitale Besuche.
Vielleicht wird in Zukunft ja auch «Zoom-Regisseur» zum Filmberuf werden. Technisch hat die Ausgabe, von ein paar Ausfällen abgesehen, gut funktioniert. Trivial waren die Schaltungen nicht: Zum Teil sassen die Moderatorinnen und Gesprächspartner im Homeoffice, zum Teil waren sie in Solothurn. Fragen stellen konnte man über Zoom, wobei man dafür etwas digitales Knowhow brauchte.
Eine virtuelle Festival-Zukunft sieht Anita Hugi trotzdem nicht. Die Filmtage würden beim nächsten Mal wieder «voll in den Kinos» stattfinden. Sicher aber werde man Filmstarts das Jahr über in den sozialen Medien stärker begleiten. «Online-Festivals zeigen den Menschen doch vor allem, was sie an Filmkultur verlieren und wie kostbar Kinos als Begegnungsorte sind.»
Wie dramatisch die Situation teils aussieht, merkte man an einer Online-Podiumsdiskussion zu den Kinos. Betreiberin Edna Epelbaum bezeichnete sie als «Brücken zum Publikum», die nun alle hochgezogen seien. Aus Solidarität mit den Kinos verschickten die Schweizer Filmfestivals gemeinsam eine Mitteilung, in der sie von der Politik eine Perspektive forderten: «Sind die Kinos erst einmal geschlossen, kehren sie nicht wieder.»
Erfreuliche Folgen hatte die Digitalisierung an den 56. Filmtagen insofern, als man sich restaurierte historische Werke direkt in die Stube holen konnte. Stellvertretend dafür war das Programm «Histoires» über Schweizer Filmpionierinnen, dank dem etwa Gertrud Pinkus’ beeindruckender Dokumentarfilm «Il valore della donna è il suo silenzio» von 1979 wieder verfügbar wurde – per Mausklick. Restauriert hat ihn die Streaming-Edition Filmo der Solothurner Filmtage; er soll nach dem Festival auf verschiedenen Plattformen zugänglich sein.
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