Vorbereitung auf GasmangelDas müssen Sie zum Krisenplan des Bundesrats wissen
Hat die Schweiz zu wenig Rohstoff zur Verfügung, dürfen mit Gas geheizte Wohnungen maximal 20 Grad warm sein. Warum die Regierung sich für ein Grad mehr entschieden hat – und welche weiteren Einschränkungen drohen.
Rechnet der Bund im kommenden Winter mit einem Gasmangel?
Der Bund hält das Risiko derzeit für relativ klein, wie Bundesrat Guy Parmelin vor den Medien sagte. Ein Gasmangel kann aber nicht ausgeschlossen werden. Ob es dazu kommt, hängt auch vom Wetter ab. Unabhängig davon rufen die Behörden aber dazu auf, Energie zu sparen, damit sich die Gasspeicher nicht allzu rasch leeren. Würde ein Nachbarland ein Exportverbot erlassen, könnte sich die Situation zudem schnell ändern.
Was geschieht im Fall einer schweren Mangellage?
Zunächst würde es Sparappelle geben. Dann müssten Betreiber von Zweistoffanlagen von Gas auf Öl umschalten, was viele wegen der Preise bereits getan haben. In einem weiteren Schritt gäbe es verbindliche Beschränkungen für Verbraucher. Der letzte Schritt wäre eine Rationierung für Unternehmen. Je nach Lage erfolgen mehrere Schritte gleichzeitig. Das Ziel ist laut Parmelin stets, Schlimmeres zu verhindern – vor allem einen Netzzusammenbruch.
Sind die Massnahmen schon definitiv beschlossen?
Nein, der Bundesrat behält sich vor, die einzelnen Massnahmen im Krisenfall der Lage anzupassen. Die Verordnungen werden erst im Fall einer schweren Mangellage in Kraft gesetzt. Der Bundesrat hat aber die Entwürfe veröffentlicht, damit sich Private und Unternehmen vorbereiten können.
Welche Einschränkungen sind für Private vorgesehen?
Wohnungen und Büros dürften im Krisenfall auf höchstens 20 Grad geheizt werden. In der Vernehmlassung hatte der Bundesrat 19 Grad vorgeschlagen.
Warum nun 20 statt 19 Grad?
Die Änderung erklärte Parmelin damit, dass 20 Grad auf den Reglern eine Standardeinstellung sei. Die Massnahme könne somit leichter umgesetzt werden. Ein Grad mehr bringe auch etwas zusätzlichen Komfort. Doch es dürfte auch darum gehen, dass die Vermieter Klagen vor Gericht befürchtet hatten. Im Kommentar zum Verordnungsentwurf heisst es, eine Absenkung der Temperatur auf maximal 20 Grad könne als «verhältnismässig und zumutbar» betrachtet werden.
Wer muss sich darum kümmern, dass die Wohnung nicht zu warm ist: die Mieter oder die Vermieter?
Können die Mieter die Raumtemperatur nicht selber regulieren, so müssen die Vermieter die Heizungen so einstellen, dass diese die Raumtemperatur auf höchstens 20 Grad erwärmen.
Gelten die Heizvorschriften für alle Wohnungen?
Nein, die Vorschriften gelten nur für Wohnungen, die überwiegend mit Gas geheizt werden. Für mit Öl geheizte Wohnungen ist keine Einschränkung vorgesehen.
Was ist mit Ferienwohnungen?
Das Heizen von Räumen, in denen sich länger als 24 Stunden niemand aufhält, würde verboten. Allerdings wäre das Heizen zum Schutz vor Frost- und Feuchtigkeitsschäden erlaubt.
Kann auch die Wassertemperatur begrenzt werden?
Ja, das ist vorgesehen. Mit Gas beheiztes Wasser dürfte auf höchstens 60 Grad erwärmt werden. Auch das Heizen von Schwimmbädern, Dampfbädern und Saunen sowie Heizstrahler, Warmluftvorhänge, Gasfeuer und Warmluftzelte würden verboten.
Wird kontrolliert, ob die Wohnung zu warm ist?
Für Kontrollen sind die Kantone zuständig. Die Polizei werde nicht mit dem Thermometer von Wohnung zu Wohnung gehen, sagte Parmelin. Es könne aber Stichproben geben wie im Verkehr. Verstösse werden als Vergehen geahndet, mit Geldstrafen. Parmelins Departement prüft die Möglichkeit von Ordnungsbussen.
Worauf müssen sich Unternehmen einstellen?
Unternehmen müssen damit rechnen, dass das Gas rationiert wird. Betroffen wären alle Unternehmen – mit Ausnahme von Institutionen wie Spitälern, Polizei oder Abwasserreinigung. Die Kontingente müssen die Unternehmen selbst berechnen, auf Basis des Verbrauchs der letzten fünf Jahre. Die Wirtschaft hatte auf eine solche Referenzperiode gepocht. Mit den Gaskontingenten könnten die Unternehmen auch handeln. Systeme dafür müssen noch entwickelt werden.
Müssten Grossverbraucher vorübergehend den Betrieb einstellen?
Neu ist vorgesehen, dass Grossverbraucher kurzfristig ganz vom Versorgungsnetz abgehängt würden. Damit könnten in kurzer Zeit grosse Mengen eingespart werden. Wie die Unternehmen abgegolten würden, prüft der Bund noch.
Zeigt die Sparkampagne des Bundes Wirkung?
In den letzten Monaten ist der Gasverbrauch im Vergleich zu den Vorjahren zurückgegangen. Grund dafür waren der hohe Gaspreis, das warme Wetter und freiwillige Sparbemühungen. Noch könne nicht gesagt werden, welchen Effekt das Sparen habe, sagte Parmelin. Ab Anfang Dezember soll ein Monitoringsystem zur Verfügung stehen. In den Sommermonaten verbraucht vor allem die Industrie Gas. Sie hat laut dem Wirtschaftsminister wegen der hohen Preise Effizienzmassnahmen ergriffen.
Welche Massnahmen sind in einer Strommangellage vorgesehen?
Dazu liegen die Details noch nicht vor. Der Bundesrat wolle demnächst darüber entscheiden und die Konsultation eröffnen, sagte Parmelin. Die Branche wartet mit zunehmender Ungeduld auf die Verordnungen. Im Sommer hatte der Bund einen groben Plan vorgelegt. Umstritten ist unter anderem, ob auch beim Strom ein Handel mit Kontingenten ermöglicht werden soll.
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