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Krieg in der Ukraine
Das Leben nach der Flut – wie der Alltag in Cherson nach dem Hochwasser aussieht

Der Alltag gestaltet sich noch immer schwierig: Auch zwei Monate nach der Überflutung von weiten Teilen der Region Cherson sind die Bewohner mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Blick in ein stark beschädigtes Haus in Cherson (13. Juli 2023). 
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Zwei Monate sind seit dem verheerenden Dammbruch des Kachowka-Stausees in der Region Cherson vergangen. 600 Quadratkilometer, die Fläche des Kantons Glarus, wurden überflutet. Zeitweise war der Pegel des Dnjepr mehr als fünfeinhalb Meter über seinen Normalstand angestiegen. Mindestens 60 Menschen fanden in den Fluten den Tod. Das Wasser ist inzwischen wieder abgeflossen. Geblieben sind massive Zerstörungen an den Häusern, der Strom- und Wasserversorgung und der Infrastruktur.

Gemäss einer Analyse der Kyiv School of Economics wurden auf beiden Seiten des Flusses 11’000 Häuser vollständig überflutet, 6500 teilweise. Bei 33’000 Gebäuden geht man von einer «potenziellen» teilweisen Überflutung aus, wie durch die Analyse von Satelliten- und Open-Source-Daten festgestellt werden konnte.

Zerstörte Wände und kaputter Boden: Eine Frau steht in ihrem stark beschädigten Haus im Korabel-Quartier der Stadt Cherson. (27. Juli 2023). 
Von Schlamm überzogen: Getrockneter Flussschlamm im Inneren eines Autos, das vom Hochwasser beschädigt wurde (27. Juli 2023). 
Immer noch ist vieles feucht: Teppiche, Tücher und Matrazen sind über einen Zaun zum Trocknen aufgehängt, im Korabel-Quartier der Stadt Cherson (27. Juli 2023).  
Schlammbedeckter Boden: Volodymyr Burykin in seinem stark beschädigten Haus im Korabel-Quartier der Stadt Cherson. Seine Tochter konnte nicht rechtzeitig evakuiert werden  – sie ertrank in den Fluten (27. Juli 2023).

Die Kyiv School of Economics beziffert den totalen Schaden, der durch die Überflutung entstanden ist, auf rund 2 Milliarden US-Dollar. Rund die Hälfte machen Schäden an Privathäusern aus. Auf den Energiesektor entfällt mehr als ein Viertel des durch die Explosion des Wasserkraftwerks verursachten Schadens: 586 Millionen Dollar. Die jährlichen wirtschaftlichen Verluste, die dem ukrainischen Stromunternehmen Ukrhydroenergo durch die Zerstörung des Kraftwerks entstehen, belaufen sich auf über 100 Millionen US-Dollar.

Die Reparatur der nach Schätzungen rund 290 Kilometer Strassennetz, die durch die Flut beschädigt wurden, werden weitere 311 Millionen US-Dollar kosten. Am stärksten beschädigt wurden die Gemeindestrassen, die über 50 Prozent des motorisierten Verkehrsnetzes ausmachen. Am rechten Ufer des Dnjepr wurden die Verkehrsverbindungen gemäss der Kyiv School of Economics auf den Hauptstrassen bis zum 19. Juni 2023 wiederhergestellt.

Regale voller Stiefel, Sandalen und Sneakers: Gespendete Kinderschuhe warten im Kleidermarkt der Wohltätigkeitsorganisation «Lighthouse of Revival» auf neue Besitzer (27. Juli 2023).   
Ein Junge sieht sich Spielzeug in einem Kleidermarkt einer Hilfsorganisation an (27. Juli 2023). 
Eine Frau sucht nach etwas Passendem in einem Kleidermarkt mit gespendeten Kleidungsstücken (27. Juli 2023).
Trotz der schwierigen Verhältnisse nicht das Lachen verloren: Ukrainerinnen stehen an, um Wasser, Lebensmittel und Tierfutter von einer örtlichen Wohltätigkeitsorganisation zu erhalten (27. Juli 2023). 
Feuerwehrleute pumpen stehendes Wasser von einem Grundstück. Im Vordergrund ein Loch, das zur Reparatur von Gasleitungen gegraben wurde (27. Juli 2023). 

Auch wenn bereits zwei Monate seit dem Dammbruch vergangen sind, ist die Beurteilung der Schäden noch lange nicht abgeschlossen. Derzeit werden die Zerstörungen durch Vertreter der ukrainischen Baubehörden genauer begutachtet. «Das Ausmass der Schäden ist wirklich schockierend», erklärte Olena Vasylko von der Baubehörde der Region Lwiw gegenüber der Deutschen Welle. Sie leitet eine Expertenkommission, welche die Schäden an Privateigentum im Zentrum der Stadt Cherson analysiert.

«Es wird weitere Schäden an den Häusern geben, wenn sie trocknen» erklärte Vasylko weiter. Sie hat eine neue Bebauung für den unteren Teil der Tschaikowsky-Strasse im Zentrum von Cherson vorgeschlagen. Eine Entscheidung über das Projekt sei aber erst nach dem Ende des Krieges möglich.

Ihr Kollege Leonid Vosnyuk, Architekturprofessor am Polytechnikum von Lwiw, betonte, dass das Hochwasser für viele Gebäude zu lange angehalten habe und gerade die Häuser aus der Mitte des 20. Jahrhunderts schlecht damit zurechtgekommen seien. «Es gibt Mauern aus Baumstämmen, die auf Lehm gebaut wurden. Einige Fachwerkhäuser waren aus Lehm und Schilfrohr gebaut. Der Lehm wurde durch das Hochwasser vollständig weggeschwemmt. Einige der Fundamente wurden ebenfalls weggeschwemmt, und wir wissen immer noch nicht, was mit dem Sockel passiert ist.» Drei der vier Häuser, die sie inspiziert hätten, müssten abgerissen werden.

Männer tragen von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gespendete Küchensets in die Lagerräume der örtlichen Wohltätigkeitsorganisation «Lighthouse of Revival» in Cherson (27. Juli 2023). 
Immer noch unter Wasser: Ein Mann entfernt Unkraut in seinem teilweise überschwemmten Garten (27. Juli 2023). 
Auf Hilfe angewiesen: Ein Vater mit seinem Sohn erhält Grundnahrungsmittel und Wasser von einer Hilfsorganisation (27. Juli 2023).  
Auch für Haustiere wird gesorgt: Eine Frau erhält eine Ration Hundefutter (27. Juli 2023). 
Zerstörte Erinnerungen: Eine Frau betrachtet ein durch das Hochwasser stark beschädigtes Fotoalbum (27. Juli 2023). 

Hunderte von Bewohnern seien nicht in ihre Häuser zurückgekehrt, betonte Vosnyuk von der Expertenkommission gegenüber der Deutschen Welle. Viele wüssten nicht, ob sie jemals wieder darin leben würden. Dennoch sei die Stimmung bei der Bevölkerung besser, als er erwartet habe. «Ich bin beeindruckt von der Freundlichkeit und der positiven Einstellung der Menschen hier.»

Immer noch unbewohnbar: Ein stark beschädigtes Haus im  Korabel-Quartier der Stadt Cherson (27. Juli 2023).   
Arbeiter einer lokalen Hilfsorganisation räumen Schwemmgut und zerstörten Hausrat aus einem Gebäude (27. Juli 2023). 
Vieles ist nicht mehr brauchbar: Vor den Häusern stapelt sich der zerstörte Hausrat (27. Juli 2023).   
Einsatzkräfte des russischen Desinfektionsdienstes behandeln ein Gebäude gegen Insektenbefall, im russisch besetzten Nowa Kachowka gleich unterhalb der zerstörten Kachowka-Staumauer. Gemäss den örtlichen Behörden ist der Befall mit Flöhen und anderen Insekten seit der Dammkatastrophe ein grosses Problem (2. August 2023). 
Weitgehend ausgetrocknet: Ansicht des fast ganz entleerten Kachowka-Reservoirs in der Nähe der zerstörten Staumauer (11. Juli 2023).
Auf die Schnelle nicht reparierbar: Ansicht der am 6. Juni zerstörten Kachowka-Staumauer (11. Juli  2023). 
Nicht mehr schiffbar: Zwei Schiffe liegen beim ausgetrockneten Hafen bei Nowa Kachowka auf Grund. Der Pegelstand des Kachowka-Stausees liegt seit der Zerstörung der Staumauer nur noch bei einem Bruchteil des ursprünglichen Wasserstandes (11. Juli 2023).   
Ein Technikgebäude des zerstörten Dammes steht neben den Überresten der Staumauer (11. Juli 2023).