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Das Leben ist so schön langweilig

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Eine Toilettenschüssel, eine Zimmerpflanze, eine geflieste Wand, eine Wasserlache, eine Mauer: Was der Fotograf Vitali Gelwich zeigt, ist das, worauf der Blick im Alltag ständig fällt. Aber auch das, was in der Regel eher nicht als Fotosujet taugt.

Scheinbar absichtslos geknipst, werden die Fotografien in Gelwichs «Boring Book» zu einem visuellen Tagebuch, das bewusst die unglamourösen Seiten des Daseins festhält – Menschen von hinten, wartende Festivalbesucher, eine Gabel mit Pommes, Krempel auf einem Beistelltisch. Und immer wieder Frauen in Reizwäsche, die aber gerade nicht damit beschäftigt sind, besonders aufreizend zu wirken.

Vitali Gelwich arbeitet in Berlin als Künstler und Modefotograf für Marken wie Nike oder Hugo Boss; sein Handwerk hat er sich selber beigebracht. Geboren wurde er 1990 in Nowosibirsk, aufgewachsen ist er in einem Plattenbau im deutschen Brandenburg.

«Wir lebten in Beton», schreibt er im beinahe lyrischen Vorwort seines Bildbandes dazu. Und: «Heute realisiere ich, wie grau die Gehsteige waren, auf denen ich ging, wie langweilig der Ort, wo ich herkomme.»

Womöglich ist es gerade Vitali Gelwichs Gespür fürs Ungeschliffene, das die Modeindustrie fasziniert – schliesslich suchen auch Luxusmarken immer wieder das ästhetisch Aufgeraute und damit so etwas wie Street-Credibility. In «Boring Book» ist es aber gerade nicht diese bewusste Verweigerungshaltung dem gängigen Schönen gegenüber, die anziehend wirkt. Einnehmend ist vielmehr das liebevoll Dokumentarische, das in diesen versammelten Schnappschüssen steckt.

Wer seine Füsse in der Dusche oder eine Plastiktasche in einem Lift ablichtet, der anerkennt, dass das Leben zum grossen Teil aus dem Unspektakulären, ja Langweiligen besteht – ein Umstand, der auch mal gewürdigt werden darf.