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Meinung

Warum in Davos die Antworten auf die grossen Fragen ausblieben

Will im laufenden Jahr Europa ins Visier nehmen: US-Präsident Donald Trump am WEF 2020 in Davos. Foto: Keystone
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Das 50. Weltwirtschaftsforum (WEF) ist zu Ende. Was bleibt? Am Montag hat die am WEF präsentierte, jährlich durchgeführte Umfrage des Beratungsunternehmens PWC unter Topmanagern ergeben, dass sich der Pessimismus unter ihnen auf einem Rekordniveau befindet.

Dieser Pessimismus passt schlecht zu den Rekordkursen an den Börsen und den relativ stabilen Wirtschaftsaussichten. Grund zu Pessimismus bieten alleine die Themen, die in Davos debattiert wurden. Viel wurde zu den Risiken des Klimawandels gesagt und dazu, was droht, wenn wir die Treibhausgase nicht rasch reduzieren. Dann sind da die vielen geopolitischen Spannungen und Herausforderungen des technologischen Wandels, dazu kommen die Handelsstreitigkeiten.

Zwar ist es zwischen China und den USA zu einem ersten wackligen Deal gekommen. Aber wie Donald Trump in Davos deutlich gemacht hat, will er im laufenden Jahr Europa ins Visier nehmen und droht recht unverhohlen auch hier mit hohen Zöllen. Das bremst die Globalisierung aus – und kein Ort der Welt steht so sehr für die Globalisierung wie Davos.

«Ausgerechnet jene Macht, die wie keine andere internationale Kooperation fördern und Regeln durchsetzen kann, will jetzt am wenigsten davon wissen.»

Alle diese Herausforderungen und eine Reihe weiterer sind für sich genommen kein Grund zum Pessimismus, solange Lösungswege bereit­stehen. Dem Finden von Lösungs­wegen hat sich das WEF als ­Organisation immerhin verschrieben. Doch effektiven Lösungen stehen aktuell grosse Hindernisse im Weg. Das wurde in Davos ebenfalls überaus deutlich.

Um Herausforderungen wie den Klimawandel, die Unzufriedenheit mit dem Welthandel, geopolitische Spannungen oder die negativen Seiten des technologischen Wandels zu meistern, braucht es internationale Regeln und ein Mindestmass an Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit. Denn die genannten Herausforderungen lassen sich mit dem atomaren Wettrüsten vergleichen: Die Gefahren eines Atomkriegs können nur gemindert werden, wenn sich die Länder auf eine Beschränkung atomarer Waffen verständigen und auf Regeln und Überwachungsmechanismen, um die Verbreitung von nuklearer Waffentechnologie zu unterbinden. Sonst kann kein Land dem anderen trauen, und viele werden gerade deshalb Atomwaffen anstreben.

Aus dem exakt gleichen Grund braucht es eine Kooperation zur Beschränkung von Treibhausgasen, gegen einen Missbrauch von Daten oder zur Verhinderung unfairer Handelspraktiken. Wenn jedes Land nur für sich schaut, kann keines darauf vertrauen, dass auch andere ihren Anteil beisteuern. Viele Länder werden deshalb wenig oder gar nichts tun.

«Die globalen Herausforderungen werfen auch innerhalb der Länder Grundsatzfragen auf, die die Gesellschaften weiter zu spalten drohen.»

Genau das droht jetzt. Denn ausgerechnet jene Macht, die bisher wie keine andere für die internationale Kooperation eingestanden ist und internationale Regeln auch durch­setzen konnte, will jetzt am wenigsten davon wissen: die USA unter Donald Trump. Im Zuge des in den USA angelaufenen Wahlkampfs hat Trump diesmal noch mehr als bei seinem letzten Besuch in Davos der Doktrin des nationalen Egoismus gefrönt. Es waren die Europäer, die versucht haben, dagegenzuhalten. Doch angesichts ihrer politischen Schwäche und ihrer sinkenden Bedeutung neben den Weltmächten haben ihre Argumente wenig Gewicht.

Aber nicht nur international, auch innerhalb von vielen Ländern ist es schwieriger geworden, breite Teile der Gesellschaft für gemeinsame ­Lösungen zu verpflichten, weil auch da eine Polarisierung stattfindet und sich wachsende Bevölkerungsteile im Stich gelassen fühlen – von ihren Politikern und von einer Elite, die sich zum Beispiel in Davos trifft, um über die Köpfe ihrer Mitmenschen hinweg die Welt regeln zu wollen. Das ist der Nährboden, auf dem die Politik eines Donald Trump gedeiht.

Die globalen Herausforderungen werfen auch innerhalb der Länder Grundsatzfragen auf, die die Gesellschaften weiter zu spalten drohen. Der Klimawandel zum Beispiel stellt unsere ganze gewohnte Lebensweise zur Diskussion, und es sind nicht alle gleichermassen bereit oder in der Lage, sich anzupassen. Das dürfte die bestehenden gesellschaftlichen ­Gräben weiter vertiefen und breit getragene Lösungen erschweren. Angesichts eines verbreiteten Misstrauens in die Politik hat die Regierungsform der Demokratie selbst ein wachsendes Legitimationsproblem – auch weil undemokratische Länder wie China zeigen, dass man auch ohne Demokratie wirtschaftlich erfolgreich sein kann.

Was bleibt also von Davos 2020? Nicht nur die grossen Herausforderungen für die Welt wurden dort benannt, deutlich wurden auch die Gründe, warum es aktuell besonders schwierig ist, sie zu meistern. Die Elite, die sich jeweils am WEF trifft, ist dafür mit­verantwortlich. Aber von der Elite allein sollten wir auch keine Lösungen erwarten.