Tipps für Tinder & Co.Das beste Date kommt noch
Weshalb sucht man sich die falschen Singles aus? Warum meldet sich der andere nicht? Und was sollte man beim Anbandeln vermeiden? Ein neues Buch hat die Antworten.
«Hi! Ich bin Pia, 29 Jahre alt, 1,78 Meter gross und aus Berlin. Ich bin verliebt in das Leben, immer bereit für besondere Momente, late night working sessions, guten Kaffee und neue Begegnungen. Schreib mir gerne, wenn du ähnlich tickst. »
Das ist der Text auf dem Tinder-Profil von Pia Kabitzsch. Die Psychologin und Autorin hat beim Onlinedaten so ziemlich alles erlebt, wovor es Singles graut: Sie wurde nach vermeintlich perfekten Dates versetzt, erhielt plumpe Nachrichten wie «Einsamer sucht Einsame zum Einsamen», traf sich mit Leuten, die überhaupt nicht passten, und stellte sich irgendwann die Frage, die sich viele stellen: «Was mache ich eigentlich falsch?»
Sie machte sich in wissenschaftlichen Studien auf die Suche nach Antworten. Seither datet Pia Kabitzsch deutlich gelassener – auch dank diesen Erkenntnissen.
Warum habe ich immer wieder Tinder-Matches, höre dann aber nichts von den Personen?
«Weil viele Leute auf Tinder gar nicht auf der Suche nach einem Date sind», sagt Pia Kabitzsch. Nur ungefähr die Hälfte der Userinnen und User sind tatsächlich Single. Die übrigen wollen bloss ihren Marktwert checken oder ihr Ego pushen oder sind auf Tinder, weil ihnen langweilig ist.
Das erklärt, weshalb man trotz Matches oft keine Antwort bekommt. Überhaupt werden nur 16 Prozent der ersten Kontaktversuche beim Onlinedating beantwortet. Frauen reagieren durchschnittlich seltener auf die erste Nachricht als Männer. Das sollte man also nicht persönlich nehmen.
Soll man beim Onlinedating Menschen anschreiben, die man wenig attraktiv findet, um die Trefferquote zu erhöhen?
Nicht unbedingt. Wenn man als Frau auf Männersuche ist, kann es sich sogar lohnen, die besonders Hübschen zu kontaktieren: Je attraktiver ein Mann, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass er auf eine Nachricht reagiert. Das Forscherteam der betreffenden Studie vermutet, dass diese seltener angeschrieben werden, weil viele Frauen denken, es lohne sich nicht. Für jene, die sich trauen, erhöht sich damit die Chance auf eine Antwort.
Bei attraktiven Frauen ist es genau andersherum. Diese antworten tendenziell seltener, was aber daran liegen könnte, dass Frauen grundsätzlich mehr Nachrichten erhalten. Für sie ist es also einfacher, online einen Partner zu finden, immerhin kommen bei der Dating-App Tinder auf eine Frau zwei Männer.
Kann man den Profilbeschreibungen trauen?
Jein. 81 Prozent der Onlinedater lügen bei mindestens einer Angabe. Frauen schummeln oft ein wenig beim Gewicht, Männer bei der Grösse. «Ich bin mit 1,78 Metern relativ gross. Wenn Männer im Profil schreiben, dass sie 180 sind, kann ich davon ausgehen, dass sie kleiner sind als ich», sagt Pia Kabitzsch. Fotos bilden ebenfalls nicht ganz die Realität ab: Frauen wählen im Schnitt öfter ältere und bearbeitete Bilder für ihr Profil als Männer.
Stimmt es, dass Männer bei Tinder vor allem auf Sex aus sind und Frauen auf eine Beziehung?
Nein, das ist ein Mythos. Zwar konnten amerikanische Wissenschaftler zeigen, dass Männer tatsächlich etwas häufiger an Sex denken als Frauen. Allerdings dachten sie auch häufiger an Essen und Schlafen. Vermutlich weil sie allgemein mehr auf ihr eigenes Wohlbefinden achten als Frauen. Das hat aber mit der Sozialisierung zu tun und nicht mit den tatsächlichen Bedürfnissen. In einer anonymen Umfrage stellte sich jedenfalls heraus, dass sich Frauen genauso häufig zu Sexdates treffen wie Männer.
Was soll man in der ersten Nachricht schreiben?
Pia Kabitzsch empfiehlt, es so individuell wie möglich zu versuchen. «Ich habe häufiger Antworten erhalten, wenn ich mich auf ein Detail im Bild oder in der Profilbeschreibung bezogen habe.» Grundsätzlich sollten sich Frauen eher kurz halten, weil zu ausschweifende Nachrichten die Chance schmälern, eine Antwort von einem Mann zu bekommen. Frauen hingegen reagieren generell eher auf längere Texte. Insgesamt werden Nachrichten, in denen häufig «du» oder «dir» vorkommen, eher beantwortet als solche mit vielen «ich».
Stimmt es, dass man Männer mit Emojis abschreckt?
Nein. Die Ergebnisse einer Studie, die Pia Kabitzsch im Buch erwähnt, deuten auf das Gegenteil hin. Männer scheinen sich auch mehr zu Profilbeschreibungen mit Emojis hingezogen zu fühlen und verwenden selber häufiger Emojis als Frauen.
Warum bekommen andere Singles tolle Männer oder Frauen angezeigt und man selber nicht, obwohl man ein nahezu identisches Profil hat?
Das ist ein Mysterium, das nur Tinder beantworten kann. Eine Rolle könnte spielen, als wie attraktiv man vom Algorithmus eingeschätzt wird. Wenn andere einen besonders häufig nach rechts wischen, erhält man selber eher Leute vorgeschlagen, deren Profil überdurchschnittlich beliebt ist. Tinder hat dieses Rankingsystem zwar offiziell abgeschafft und durch ein anderes ersetzt. Welche Faktoren wie gewichtet würden, sage das Unternehmen jedoch nicht, schreibt Pia Kabitzsch.
Warum gefallen mir meine Matches in der Realität nicht?
Dass wir uns mit Leuten verabreden, die gar nicht zu uns passen, könnte mit der riesigen Anzahl Menschen auf Dating-Apps zusammenhängen. Denn interessanterweise weichen wir eher von unserer Idealvorstellung ab, je grösser die Auswahl ist, und sind am Ende unzufrieden. «Es kann helfen, die Auswahl nach bestimmten Kriterien zu filtern», sagt Pia Kabitzsch.
«Die Wahrscheinlichkeit, dass man nach rechts wischt, sinkt im Laufe des Swipens um durchschnittlich fast 30 Prozent.»
Ausserdem empfiehlt sie, sich einen Timer zu setzen. Denn langes Swipen führt dazu, dass wir spätere Profile eher ablehnen, also nach links wischen, und so vielleicht jemand Passendes verschmähen. «Die Wahrscheinlichkeit, dass man nach rechts wischt, sinkt im Laufe des Swipens um durchschnittlich fast 30 Prozent.»
Nach wie vielen Tagen soll man sich treffen?
«Forschende haben herausgefunden, dass zwischen 17 und 23 Tage eine gute Zeit sind, aber das ist natürlich wie immer nur ein Richtwert», sagt Pia Kabitzsch. Grundsätzlich ist es sinnvoll, sich zunächst eine Weile zu schreiben. Das hat den Vorteil, dass man sich emotional eher öffnet, als wenn man sich persönlich trifft. Allerdings spinnen wir uns mit jeder Nachricht, die wir erhalten, ein Bild der Person zusammen. Und weil unser Gehirn dazu neigt, unsere Matches zu idealisieren, sollte man das persönliche Treffen nicht zu lange hinauszögern, um eine Enttäuschung zu vermeiden.
Nach wie viel Zeit ohne Lebenszeichen kann man davon ausgehen, dass der andere nichts von einem will?
Bei einer Befragung eines Datingportals gaben 63 Prozent der weiblichen Singles und 67 Prozent der männlichen an, sich innerhalb von 24 Stunden nach einem Date zu melden. Wenn man in dieser Zeit keine Antwort bekommt, muss das nicht heissen, dass der andere nichts von einem will. Manche halten sich ja an die «Drei-Tage-Regel» in der Meinung, es steigere die eigene Attraktivität, sich erst mal rar zu machen. Ein Mythos, den Pia Kabitzsch im Buch entzaubert.
Es kann sich lohnen, sich weitere Male zu treffen, selbst wenn es beim ersten Date nicht gefunkt hat.
Das Date meldet sich nicht mehr, obwohl man eine gute Zeit hatte. Was ist los?
Dann ist die Chance gross, dass man Opfer von Ghosting geworden ist, also der Unsitte, unvermittelt den Kontakt abzubrechen. Knapp jede fünfte Person wurde schon mal geghostet, Männer sind häufiger betroffen als Frauen. «Man sollte sich darauf einstellen, dass dies relativ häufig vorkommt, und es sich nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen», empfiehlt Pia Kabitzsch.
Wenn man sich beim ersten Date zwar versteht, aber nicht anziehend findet: Kann sich das beim zweiten Date noch ändern?
Ja. Psychologisch gesehen, kann es sich lohnen, sich weitere Male zu treffen, selbst wenn es beim ersten Date nicht gefunkt hat. Der sogenannte «Mere-Exposure-Effekt» bewirkt, dass man sich immer stärker zueinander hingezogen fühlt, je mehr Zeit man miteinander verbringt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.