Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Kommentar zur Fussball-Weltmeisterschaft
Darum ist diese WM einfach grossartig

Ein Fussballfest, bei dem die Schweiz mitfeiern darf: Viola Calligaris und Ana Maria Crnogorcevic bejubeln den Achtelfinal-Einzug.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Sie sind langsam und ihre Schüsse schwach, heisst es. Sie spielen viele Fehlpässe, und die Goalies sind so schlecht, dass es kleinere Tore braucht. Und dann erdreisten sie sich auch noch, bessere Prämien zu fordern! Überhaupt ist dieses Turnier ein von den Medien aufgebauschtes Spektakel. Woke-Wahnsinn. In der «Weltwoche» steht sogar: «Ein Turnier der Lüge.» Und: «Eine Parodie von Fussball.»

Es ist 2023, Frauen spielen Fussball an einer Weltmeisterschaft, und jeder (hier passt das generische Maskulinum recht gut) hat eine Meinung dazu. Es wird viel und intensiv diskutiert, und das vor allem auf einer Ebene: Nirgends in der Sportwelt werden Frauen so stark an Männern gemessen. Was auch heisst: Nirgendwo werden Sport treibenden Menschen die Kernkompetenzen ihres Berufs dermassen abgesprochen wie hier.

Dabei bietet diese WM genau das, was der Sport bieten sollte.

Es geht hier nicht darum, ob der Fussball der Frauen weniger kaputt und geldverseucht ist als jener der Männer. Oder darum, ob Frauen weniger reklamieren, spucken oder sich am Boden wälzen. Vergleiche sind in beide Richtungen Blödsinn, seien sie nun verhaltens- oder leistungsbezogen. Wenn Lara Gut-Behrami einen Riesenslalom gewinnt, sagt ja auch keiner: «Aber Odermatt wäre doppelt so schnell gewesen.»

Die WM in Australien und Neuseeland steht für sich, und sie ist ein Fest. Die meisten Stadien sind gut gefüllt, das Publikum ist divers und die Stimmung teilweise herausragend. Natürlich ziehen Länder wie Haiti und Sambia weniger Menschen an als die Gastgeber-Nationen, das liegt in der Natur der Sache.

Dann ist da die Schweizer Komponente. Neun Weltmeisterschaften erlebten die Frauen bisher, zum zweiten Mal sind die Schweizerinnen dabei. 2015 kamen sie in die Achtelfinals, weil sie zu den besten Gruppendritten gehörten, und verloren dort gegen Kanada. Diesmal sind sie unter den letzten sechzehn des Turniers, weil sie eine anspruchsvolle Gruppe gewannen.

Gewiss, für grosses Spektakel haben sie nicht gesorgt, haben in drei Spielen zwei Tore erzielt und keines kassiert, das ist keine aufregende Statistik. Aber das Team von Inka Grings hat belegt, dass es nicht nur so daherredet, wenn es von Teamgeist spricht, und sich das Achtelfinal-Duell gegen Spanien am Samstag verdient. Wer weiss, vielleicht kann jetzt gar etwas Grosses entstehen.

Fussball ist einfach, er lebt von den Emotionen, das gilt für den Sport allgemein. Es kann noch so viel Perfektion dabei sein – was bewegt, sind die Momente, in denen aus gewöhnlichen Menschen Siegerinnen oder Verliererinnen werden. Die Frauen, die in Neuseeland und Australien Fussball spielen, liefern diese Emotionen.

Freudentag für Jamaika: Deneisha Blackwood nach dem 0:0 gegen Brasilien, das die Qualifikation für die Achtelfinals bedeutete. 

Die Jamaikanerinnen, einige kommen aus ärmsten Verhältnissen, mauerten, aber sie schafften es mit einem 0:0 gegen Brasilien in die Achtelfinals und weinten danach Freudentränen. Die Frauen aus Panama bejubelten jedes ihrer drei Tore (sie kassierten auch sechs) gegen Frankreich ausgiebig, obwohl sie schon ausgeschieden waren. Es gibt weitere solche Beispiele. Und oft geht es eben um mehr als Fussball.

Momente wie diese machen diese WM grossartig. Und das ändern auch jene nicht, die sich dazu berufen fühlen, jeden Goaliefehler ins Internet zu schreien – nur weil er einer Frau unterläuft.