Umstrittene Umfragen in FirmenDarf der Chef nach dem Impfstatus fragen? Kommt drauf an
Selbst der Bund hat keine eindeutige Antwort darauf, ob Firmen ihre Mitarbeitenden fragen dürfen, wer geimpft oder genesen ist. Derweil verlangen erste ausländische Firmen vom Personal sogar eine Booster-Impfung.

Darf der Arbeitgeber den Impfstatus der Beschäftigten erheben? Diese Frage wird schon seit Wochen diskutiert. Sie ist heikel, und viele Firmen sind im Ungewissen. Denn bis heute gibt es auch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) keine eindeutige Antwort.
Viel zu reden gibt in diesen Tagen eine Umfrage der Schaffhauser Kantonalbank unter ihren Mitarbeitenden. Die Bank wollte wissen, wer genesen oder geimpft ist und wer sich demnächst impfen lassen will. Ziel der internen Befragung war es, alle geimpften und genesenen Beschäftigten möglichst bald wieder ohne Maske vor Ort arbeiten zu lassen.
Ob das Vorgehen erlaubt ist oder nicht, entzweit die Fachwelt. Ja, das geht – unter bestimmten Voraussetzungen, sagt der Arbeitgeberverband der Banken. Ein Arbeitsrechtsexperte und der Gewerkschaftsbund halten das hingegen für ein No-go.
Abhängig vom Einzelfall
Eine abschliessende Antwort gibt es dazu auch vom BAG nicht. «Dies darf geschehen, wenn es zur Umsetzung konkreter Schutzmassnahmen erforderlich ist. Eine generelle Antwort kann deshalb hier nicht gegeben werden; es ist abhängig vom Einzelfall», so das BAG. Grundlage dafür ist die Covid-Verordnung (Art. 24, Abs. 4).
Doch es gibt eine wichtige Einschränkung: «Besonders schützenswerte Daten bezüglich Impf- oder Genesenenstatus müssen Arbeitnehmende nur dann offenlegen, soweit sie deren Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages objektiv erforderlich sind. Bei 2-G wird dies in den wenigsten Fällen gegeben sein.» Hier kommt das Obligationenrecht (Art. 328b) zum Tragen.
Als Beispiel, wo die Einführung einer 2-G-Regel am Arbeitsplatz erlaubt ist, nennen das BAG und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) etwa die Krebsabteilung eines Krankenhauses. Dort könne das Schutzkonzept wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Patientinnen und Patienten den Immunitätsstatus der Pflegenden mitberücksichtigen, so das Seco. «Im Sinne von: Maske auf jeden Fall, und zusätzlich nur Pflegende mit 2-G, um den nötigen Schutz der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.»
Denkbar sei die Abfrage des Impfstatus auch für Flugpersonal, das wegen länderspezifischer Ein- und Ausreiseregeln ohne Impf- oder Genesungsnachweis nicht mehr eingesetzt werden könne.
2-G zur Umgehung der Maskenpflicht ist nicht erlaubt
Doch mithilfe von 2-G die Maskenpflicht am Arbeitsplatz aufzuheben, das gehe nicht. «Die wieder eingeführte Maskenpflicht am Arbeitsplatz gilt grundsätzlich in allen Innenräumen, in welchen mehr als eine Person anwesend ist, und dies unabhängig vom Impfstatus der Betroffenen. Ein Arbeitgeber darf daher nicht eine 2-G-Regel einführen, nur um auf diese Maskenpflicht zu verzichten», so das Seco.
Derzeit gebe es keine rechtliche Grundlage für eine allgemeine Einführung von 2-G am Arbeitsplatz, doch diese könnte beispielsweise im Covid-19-Gesetz vorgesehen werden. Arbeitgeber dürften daher keine negativen Massnahmen zuungunsten ungeimpfter Arbeitnehmer treffen, wenn die Impfung oder Genesung nicht für die Eignung oder die Durchführung des Arbeitsvertrags objektiv erforderlich sei, erklärt das Seco.

Noch spielt diese Frage für bestimmte Sektoren keine grosse Rolle, weil die Homeoffice-Pflicht noch bis zum 24. Januar gilt. Doch bereits jetzt überlegen sich viele Firmen, wie sie vorgehen werden, wenn die Mitarbeitenden wieder zurückkommen können.
Grossfirmen verzichten lieber auf Befragung
Viele grosse Firmen verzichten angesichts dieser schwierigen rechtlichen Ausgangslage auf eine Befragung ihrer Beschäftigten. Bei PWC und bei EY ist die Erhebung des Impfstatus kein Thema. Ebenso wenig bei der Versicherung Zurich oder dem Pharmakonzern Novartis.
Weniger zurückhaltend sind internationale Firmen, vor allem solche aus den USA. Goldman Sachs verlangt von den Mitarbeitenden sogar eine Booster-Impfung. Die amerikanische Grossbank möchte so die Mitarbeitenden möglichst wieder zurück an den Arbeitsplatz holen. Diese Regelung sei vom Hauptsitz in New York erlassen worden. Für die Schweiz, wo rund 160 Mitarbeitende von Goldman Sachs arbeiten, gelte das nicht, sagte Sprecher Maximilian Bicker auf Anfrage dieser Zeitung. «Wir prüfen jeweils die länderspezifische Gesetzesgrundlage und setzen die internen Massnahmen entsprechend um. Derzeit gilt in der Schweiz die Homeoffice-Pflicht.»
In anderen Branchen – etwa in der Industrie oder im Detailhandel – ist Homeoffice gar nicht möglich. Dort stellt sich die Frage schon jetzt.
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