Sonderdebatte zu EnergiekostenNationalrat lehnt Verbilligung des Benzin-Preises deutlich ab
Die Forderungen für tiefere Energiekosten sind im Nationalrat gescheitert. Lesen Sie die Debatte in unserem Ticker nach.
Das Wichtigste in Kürze
Das Parlament will weder eine Senkung der Steuern auf Benzin, Diesel und Heizöl noch einen höheren Pendlerabzug: Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat den Forderungen der SVP eine Absage erteilt.
Es war die zweite ausserordentliche Session im Bundeshaus zu den wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
FDP, Mitte, GLP, SP und Grüne kritisierten die vorgeschlagenen Massnahmen als nicht zielführend.
Parlament erteilt tieferen Steuern auf Benzin eine Absage
Das Parlament will weder eine Senkung der Steuern auf Benzin, Diesel und Heizöl noch einen höheren Pendlerabzug – trotz hoher Energiepreise. Nach dem Ständerat hat am Donnerstag auch der Nationalrat entsprechenden Forderungen der SVP eine Absage erteilt.
Es war die zweite ausserordentliche Session im Bundeshaus zu den wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine innert weniger Tage. Und grösstenteils drehte sich die Debatte um Motionen, die der Ständerat am Montag diskutiert und abgelehnt hatte. Der Nationalrat schloss sich den Entscheiden der kleinen Kammer an.
«Vielen hart arbeitenden Menschen bleibt immer weniger im Portemonnaie», sagte der Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann. Der Preisanstieg bei Benzin und Diesel sei besonders für die Landbevölkerung und das Gewerbe schmerzhaft. Denn diese seien auf das Auto angewiesen.
Kritik an Unterstützung mit der Giesskanne
FDP, Mitte, GLP, SP und Grüne kritisierten die vorgeschlagenen Massnahmen hingegen als nicht zielführend. Eine Senkung der Mineralölsteuer wäre eine Massnahme nach dem Giesskannenprinzip, wurde verschiedentlich geäussert. In Deutschland habe sich zudem gezeigt , dass vom dortigen Tankrabatt statt der Konsumentinnen und Konsumenten die Erdölfirmen profitierten.
Wie schon im Ständerat verlangte die SVP zum einen die Senkung jeglicher Mineralölsteuern auf Treib- und Brennstoffe um mindestens die Hälfte, der CO2-Kompensationspflicht und der Mehrwertsteuer.
Aus der SVP-Fraktion stammten zudem drei weitere Vorstösse. Benjamin Giezendanner (SVP/AG) wollte vom Bundesrat einen Gesetzesentwurf, um befristet die Mineralölsteuern auf Treib- und Brennstoffe zu senken.
Offener formuliert war eine Motion von Giezendanners Rats- und Parteikollege Wobmann. Diese verlangte in allgemeiner Form ein Entlastungspaket. Im Text war nur als Möglichkeit erwähnt, dass dies über die Senkung der Mineralölsteuer zu geschehen habe – wobei aus dem Votum des Motionärs in Rat klar wurde, dass er dort den Schwerpunkt setzten wollte.
Ein zweiter Vorstoss Wobmanns verlangte die Erhöhung des Steuerabzugs für Pendlerinnen und Pendler. Diese sollten künftig maximal 6000 Franken für Fahrten vom Wohn- zum Arbeitsort von den Steuern abziehen können. Heute liegt die Obergrenze bei 3000 Franken.
Der Nationalrat verwarf schliesslich die offen formulierte Motion Wobmanns mit 124 zu 64 Stimmen. Chancenlos blieben auch die spezifischer gefassten Vorstösse. Mit 132 zu 53 Stimmen bei einer Enthaltung lehnte der Nationalrat eine Halbierung der Mineralölsteuern auf Brenn- und Treibstoffe ab, mit 126 zu 60 Stimmen bei zwei Enthaltungen die Verdoppelung des Pendlerabzugs. Giezendanners Motion scheiterte ebenfalls deutlich. Die Vorstösse sind damit vom Tisch.
Das Ende der Debatte
Nach gut zwei Stunden endet die Debatte im Nationalrat. Tiefere Benzin-, Diesel- und Brennstoffpreise sind damit vom Tisch. An dieser Stelle wird eine Zusammenfassung folgen.
Erfolg für die GLP
Angenommen hat der Nationalrat hingegen die Motion von Barbara Schaffner. Der Bundesrat soll demnach ein marktwirtschaftliches System entwickeln, welches hilft, auf Unsicherheiten in der Energieversorgung zu reagieren.
Nationalrat will Benzin nicht verbilligen
Forderungen für tiefere Energiekosten scheitern. Der Nationalrat lehnt vier entsprechende Vorstösse ab. Das Resultat ist deutlich: Zwischen 124 und 132 der 200 Mitglieder stimmen jeweils Nein.
«Die Wirtschaft muss ihren Teil leisten»
«Zu befürchten ist, dass wir erst am Anfang einer Entwicklung stehen», sagt Ueli Maurer. Der Bundesrat nehme die Situation durchaus ernst. Man könne jedoch nicht im Eiltempo, Gesetze ändern und finanzielle Mittel sprechen. Die Wirtschaft müsse ihren Teil leisten, sagt er.
Jetzt spricht Ueli Maurer
Finanzminister Ueli Maurer hat das Wort. Die Hälfte der aktuellen Teuerung von 2,9 Prozent sei auf die Energiepreise zurückzuführen, stellt er fest. Die Wirtschaft sei in der Lage, eine Teuerung von 2,5 Prozent auszugleichen. Gegen die kalte Progression seien Massnahmen ergriffen worden. Die Situation der Schweiz lasse sich zudem nicht mit anderen Ländern vergleichen. Für den SVP-Bundesrat ist klar: «Wir werden uns damit abfinden müssen, dass die Lebenshaltungskosten höher sein werden». Auch aus rechtlicher Sicht gebe es keinen Spielraum, kurzfristig zu handeln.
«In der Lifestyle-Bubble weit weg vom Volk»
Nicht nur Maserati-Fahrer, sondern insbesondere die Landbevölkerung leide unter den hohen Preisen, sagt Monika Rüegger von der SVP. Sie wirft der Ratslinken vor «in ihrer Lifestyle-Bubble» zu weit weg vom Volk zu sein.
«Sparsamere Autos kaufen» - «Mit welchem Geld?»
GLP-Politiker Flach appelliert an die Bevölkerung, die Chance zu packen und sparsamere Autos zu kaufen. Andreas Glarner fragt: «Woher soll eine vierköpfige Familie das Geld für ein neues Auto nehmen, wenn sie ihnen das Geld aus der Tasche nehmen?»
«Nicht den Maserati-Fahrer belohnen»
Alex Flach kann den Vorschlägen nichts abgewinnen: «Die SVP will den Maserati-Fahrer belohnen, nicht denjenigen, der mit dem Velo zur Arbeit fährt». Die 50 Rappen, die der Benzin-Preis pro Liter gestiegen sei, bereiteten der GLP keine Sorgen. Sorgen machten der Partei stattdessen der Krieg in der Ukraine und die Flüchtlingsströme.
«Die Situation weiter beobachten»
Damien Cottier, Fraktionschef der FDP, warnt davor, vorschnell in Panik zu geraten. In einer freien Marktwirtschaft machten punktuelle Entlastungen wenig Sinn. Man müsse die Entwicklung der Preise weiter beobachten und allenfalls mit einem breiteren Konzept reagieren.
«Nicht über einzelne Preise diskutieren»
«Inflation ist schleichender Taschendiebstahl», sagt Nicolo Paganini. Der Mitte-Politiker zitiert damit den Deutschen Autor Erhard Blanck. Einzelne Preise zu steuern, sei keine Lösung. Gegen Inflation müsse man auf breiter Front vorgehen. Der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank, den Leitzins zu erhöhen, sei erfreulich. Bei noch höheren Inflationsraten müsse man bei der Kaufkraft ansetzen.
SP weibelt für einen «chèque fédéral»
Die SP will Menschen, die wenig verdienen, mit einer nationalen Inflationszulage unterstützen. Samuel Bendahan verteidigt die Idee, gegen den Vorwurf, ebenfalls ein Giesskannen-Prinzip vorzuschlagen. Ein «chèque fédéral» greife gezielt jenen unter die Arme, die dies benötigten.
SP: «Es ist eine Schande»
«Das Geld fliesst nicht zu den Menschen, die es wirklich brauchen», sagt SP-Nationalrätin Samira Marti. Sie wirft den Bürgerlichen vor, Familien und Personen mit einem geringem Einkommen bislang zu stark belastet zu haben. Bei den Krankenkassenprämien und bei den Mieten etwa. «Das Auto ist nicht der entscheidende Faktor.»
Müller: «Jetzt nicht die Nerven verlieren»
Leo Müller: «Wir sollten jetzt nicht in die Wirtschaft eingreifen». Es mache keinen Sinn, vorschnell aktiv zu werden. Auch die Landwirtschaft sei aktuell herausgefordert. Die Wirtschaft werde auf die veränderten Kostenstrukturen reagieren.
Weitere Themen: Strom und Kaufkraft
Die GLP will sich gegen Stromlücken wappnen. Die Mitte sorgt sich um die Kaufkraft des Mittelstands. Sie spricht sich für gezielte Entlastungen aus. Leo Müller: «Wenn sie die Energie generell verbilligen, steigern sie die Nachfrage und heizen die Teuerung an». Magdalena Martullo-Blocher will wissen, was die Mitte konkret ins Auge fasst. Müller sieht bei den Steuern Spielraum.
Die FDP will Schweiz besser positionieren
Man müsse die Schweiz wirtschaftsfreundlicher positionieren, findet FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger. Gesetze müssten modernisiert und Abgaben, Steuern sowie bürokratische Lasten abgeschafft werden.
Die SVP fragt die SVP
Andere SVP-Parlamentarier stellen den Motionären Fragen. So will Magdalena Martulla-Blocher von ihrem Parteikollegen wissen, ob wir vor einem Inflationsschub stünden. Christian Imark teilt diese Einschätzung.
«Die Energiekrise ist Realität»
Mit der Krise in der Ukraine seien die Preise explodiert, sagt SVP-Nationalrat Christian Imark. Die Schweiz werde noch lange von fossilen Energieträgern abhängig sein. Die Mehrkosten gingen am Ende zu Lasten der Bevölkerung. Insbesondere ältere Menschen und Personen, die beruflich aufs Auto angewiesen seien, würden belastet. Auch Mieterinnen und Mieter würden die Steigerungen zu spüren bekommen. Profiteur sei der Bund, welcher Abgaben erhebe. «Das Nichtstun der Schweiz» schwäche die Wirtschaft.
Giezendanner: «Schnellst möglich entlasten»
Benjamin Giezendanner, Transportunternehmer aus dem Kanton Aargau, wirbt für eine «temporäre Steuerreduktion». Es sei jetzt an der Zeit, die Mineralölsteuer zu senken. Den Blick an die Zapfsäule sei aktuell sehr unangenehm. Der Konsument werde letztlich die Kosten tragen.
Wobmann: «Viele tanken im Ausland»
Die Debatte hat begonnen. Walter Wobmann will die massiv steigenden Energiekosten abfedern. Nun seien Taten gefordert, sagt er. Einige Nachbarstaaten hätten bereits reagiert und die Benzin- und Treibstoffpreise reduziert. Deshalb tankten viele Schweizerinnen und Schweizer im Ausland.
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