Europäer im 43. Ryder-Cup gedemütigtDann blieben McIlroy nur noch bittere Tränen
In Whistling Straits erleben Europas beste Golfer ein Fiasko. Sie unterliegen den USA vor einem patriotischen Publikum am Lake Michigan so klar wie nie zuvor.

Ginge es nach Matthew Fitzpatrick, der Ryder-Cup müsste wohl stets im Wallis ausgetragen werden, in Crans-Montana. Dort fand der inzwischen 27-jährige, weiterhin bubenhaft aussehende Engländer 2017 und 2018 sein Glück, als er das European Masters gewann, zwei seiner sechs bedeutenden Titel. An diesem grossen Wochenende aber stand er auf der Schattenseite. Und weil er am letzten Loch seinen Ball ins Wasser versenkte und damit seine Partie gegen Daniel Berger noch verlor, lag es letztlich an ihm, dass die USA den höchsten Sieg gegen Europa in diesem Wettbewerb feiern konnten, ein 19:9.
Dass die Europäer ihren zuletzt 2018 in Paris verteidigten Titel in Whistling Straits verlieren würden, stand zu diesem Zeitpunkt allerdings schon längst fest und war fast unbemerkt Tatsache geworden. Collin Morikawa hatte seinem Team bereits eineinhalb Stunden vor Spielende den entscheidenden halben Punkt zum für die USA siegbringenden 14,5 gesichert, im Duell mit dem Norweger Viktor Hovland, dem mit 24 Jahren ein brillantes Ryder-Cup-Debüt gelang.
«Dies ist bei weitem die beste Erfahrung im Golf.»
Und schon über eine Stunde bevor Fitzpatrick und Berger den Ryder-Cup beendeten, hatte der Sieg, der von den euphorischen Fans lautstark gefeiert wurde, festgestanden und Rory McIlroy seine Fassung verloren. Der mit vier Majortiteln erfolgreichste Europäer hatte zwar das erste Einzel gegen Olympiasieger Xander Schauffele überzeugend gewonnen, der Stachel der sich abzeichnenden Niederlage und des Wissens um das an den ersten zwei Tagen eigene Versagen sass aber tief.
McIlroy konnte die Tränen nicht zurückhalten, als er über diese jüngste Ryder-Cup-Erfahrung sprach. «Ich liebe dieses Team so sehr und kann es nicht erwarten, die nächste Chance zu erhalten», sagte der Nordire. «Dies ist bei weitem die beste Erfahrung im Golf, und der Zusammenhalt unserer Mannschaft ist grossartig. Ich hoffe, dass viele Jungs und Mädchen das gesehen haben.»

McIlroy und alle in seinem Team hüteten sich sichtlich davor, die laute, patriotische und zunehmend unsportliche Haltung der US-Fans am Lake Michigan zu kritisieren. Denn auch wenn das Ergebnis letztlich zu klar ausfiel, gab es keinen Zweifel daran, dass die Amerikaner in diesen drei Tagen überlegen gewesen waren. Beunruhigender ist für die Europäer, die 2023 im Golfclub Marco Simone in Rom Gastgeber sein werden, dass ihre Perspektiven gar nicht gut aussehen.
«Wir sind jung und spielen zusammen, seit wir Teenager sind, es ist grossartig», hielt Fedex-Cup-Sieger Patrick Cantlay im Siegestaumel fest, und Captain Steve Stricker sprach sogar vom «besten Team aller Zeiten». Mit acht Top-10-Spielern und einem deutlich tieferen Durchschnittsalter sind Prognosen legitim, dass die Dominanz der Europäer in diesem prestigeträchtigen Wettbewerb vorerst verloren sein dürfte. Während vier der Amerikaner unter 30 und der älteste, Dustin Johnson, gerade 37 waren, standen im Team von Europas Captain Padraig Harrington vier über 40-Jährige – Paul Casey, Sergio Garcia, Ian Poulter und Lee Westwood.
Fragwürdige Wildcard-Politik
Mit zum krassen Resultat geführt hatte wohl auch das Publikum, das die Gäste vornehmlich für Missschläge mit hämischem Applaus bedachte und sich selber feierte. Dass es zu diesem Rekordskore hatte kommen können, hing aber auch mit dem fragwürdigen Selektionsmodus zusammen. Bei den Europäern qualifizierten sich neun Spieler über eine Punkteliste, dazu durften drei Wildcards ins Team geholt werden. Bei den USA dagegen verfügte Captain Stricker gleich über sechs Einladungen. Das ermöglichte ihm, Spieler einzuladen, die aktuell in Form sind – was für einige der Europäer zweifellos nicht der Fall war.
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