Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Tribüne
Danke – oder Merci

Die Woche aus Sicht von bekannten Persönlichkeiten.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Als ich nach dem Studium mit Aufenthaltsbewilligung F in Zürich ankam, hatte ich nicht einmal genug Geld, um meinen rostigen Kleinwagen in der blauen Zone abzustellen. Kurzerhand stellte ich die Kiste jenseits des Adlisbergs auf einem Wanderparkplatz ab, packte meine Siebensachen und «kletterte» über den Loorenkopf in mein neues Leben. Zehn Jahre später und noch ein paar Kilometer weiter südlich habe ich drei Kinder mit Schweizer Pässen, einen verdammt teuren Garagenparkplatz für mein Auto mit CH-Nummernschild und mein gesamtes Erwerbsleben in der Eidgenossenschaft verbracht. Ich zahle Steuern, fahre nie schwarz, komme nicht zu spät zur Arbeit, kaufe lokale Produkte und wäre wohl sogar ein geschätztes Mitglied des Thalwiler Kirchenchors, wenn ich nur singen könnte (oder an den Allmächtigen glaubte).

Ich mag ein Bünzli sein, aber Schweizer bin ich nicht. Und jedes Mal, wenn meine Nachbarn wieder zur Urne pilgern, um über den Verbleib oder den Status von mir und allen anderen abzustimmen, die hier leben, arbeiten, Steuern zahlen, Kinder grossziehen und im Kirchenchor singen, aber keinen roten Pass haben, frage ich mich, wie das wohl ausgehen mag. Das ist, um es nett zu sagen, kein gutes Sonntagmorgen-Gefühl. Umso erfreulicher, dass meine Heimatgemeinde – so nenne ich sie jedenfalls – und die meisten anderen Schweizerinnen und Schweizer letzte Woche eine Initiative versenkt haben, die die Einführung planwirtschaftlicher Migrationspolitik mit der Verbreitung primitiver Klischees über uns Zugezogene erreichen wollte. «Nein» zum wiederholten Versuch, hausgemachte Probleme wie Zersiedelung oder volle Züge – Haha! – denen anzulasten, die eben (noch) nicht mitstimmen dürfen. «Nein» zu schlechter Politik und «Nein» auch zu mangelndem Anstand.

Und weil man sich ja generell zu selten bei seinen Nachbarn bedankt, will ich das an dieser Stelle einmal öffentlich tun. Nicht nur für das Statement vom Sonntag, sondern auch für die generelle Gastfreundschaft und die Chancen, die sich all jenen bieten, die in der Schweiz «mittun» wollen, egal ob F, C oder B. Danke! (Deutsch für Merci.)

Michael Wiederstein ist Publizist und Executive Editor bei getAbstract.