Fachkollegen distanzieren sichDaniele Ganser löscht Zitate von Top-Parlamentariern
Prominente Politikerinnen und Politiker entzogen dem Autor ihre Unterstützung, weil er Verschwörungstheorien verbreitet. Nun reagiert Ganser auf seine Art.

Daniele Ganser ist ein Phänomen. Je mehr sich der Historiker von seinem Fach und von wissenschaftlichen Standards abwendet, desto mehr Publikum scheint er zu finden. Wenn er Vorträge zu Themen wie 9/11 und nun zum Krieg Russlands gegen die Ukraine hält, füllen sich die Säle im ganzen deutschsprachigen Raum oft schnell.
Fachkollegen und Politikerinnen und Politiker hingegen gehen seit längerem auf Distanz zu Ganser, der Verschwörungstheorien verbreitet. Dies hat Anfang Monat auch eine ganze Reihe von ehemaligen und aktiven Nationalrätinnen und Nationalräten getan. Auslöser war ein Bericht dieser Zeitung, der aufzeigte, dass der Baselbieter Bestsellerautor sie alle auf seiner Website als «Partner» aufführt.
Prominente Politikerinnen wie Christa Markwalder (FDP) oder Kathy Riklin (Mitte) distanzierten sich mit deutlichen Worten von Ganser, den sie früher unterstützt hatten. Gleiches taten Erich von Siebenthal (SVP) und von den Sozialdemokraten Roger Nordmann, Fraktionschef im Bundeshaus, und der Basler Regierungspräsident Beat Jans. Eric Nussbaumer, ein weiteres SP-Schwergewicht, verzichtete auf eine eindeutige Distanzierung, hielt aber fest, dass er nicht mit Ganser zusammenarbeite.
Schuld sind meist die USA
Mehrere Politikerinnen und Politiker verlangten, dass Ganser Statements von der Website seines Instituts lösche, die sie ihm einst gewährt hatten. Inzwischen ist der 49-Jährige dem Wunsch nachgekommen. Statt lobender Worte schweizerischer Toppolitiker findet sich unter der Rubrik «Partner Politik» nur noch der Hinweis, dass das Institut «politisch unabhängig» sei und «den Dialog mit allen Parteien» pflege. Zuvor hatten einzelne der Zitierten von ihren Mühen berichtet, eine solche Löschung zu erreichen.
Daniele Ganser reagierte nicht auf die Anfragen dieser Zeitung. Stattdessen liess er sich auf Facebook und Twitter vernehmen. Dies hat er bereits bei anderen Medien, die ihn mit kritischen Fragen kontaktierten, getan. Auch dieses Mal beklagte er sich auf seinen Kanälen in den sozialen Medien, dass er als Verschwörungstheoretiker diffamiert werde – unter anderem weil er verbreitet, dass die USA 2014 in Kiew einen Putsch durchgeführt hätten. Diese Darstellung deckt sich mit russischer Propaganda.
Äussert Ganser sich zum Krieg in der Ukraine, verortet er die Schuld kaum je hauptsächlich bei Putin. In der Verantwortung sieht Ganser vielmehr den Westen. So machte er kurz nach Kriegsausbruch die USA und das Militärbündnis Nato für den russischen Überfall auf das Nachbarland verantwortlich – dies beim russischen Propagandasender RT.
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