Spionagesoftware PegasusCredit Suisse soll zu Verkauf des Hackerprogramms gedrängt haben
Der israelische Hersteller von Pegasus stand in den USA auf einer schwarzen Liste. Trotzdem soll die Grossbank als Gläubiger die Firma ermutigt haben, die Software weiterzuverkaufen.
In einem Gerichtsverfahren in Israel sind Dokumente aufgetaucht, die ein neues Licht auf die Rolle der Credit Suisse im Umgang mit dem Spionagesoftware-Hersteller NSO werfen. Demnach soll die Schweizer Grossbank die israelische Firma ermuntert haben, ihr umstrittenes Produkt Pegasus trotz Sanktionen in den USA weiterzuverkaufen. Das berichtet die «Financial Times». Autoritäre Regimes hatten Pegasus eingesetzt, um Kritiker auszuhorchen.
Die Aufforderung taucht in einem Brief auf, den Anwälte der US-Kanzlei Willkie Farr & Gallagher im Namen der CS und weiterer NSO-Gläubiger verfasst haben sollen. Dazu gehört dem Vernehmen nach auch der New Yorker Hedgefonds Senator. Das Schweizer Finanzinstitut hatte zusammen mit der US-Investmentbank Jefferies einen Kredit von 510 Millionen Dollar gewährt, damit die beiden NSO-Gründer ihre Firma übernehmen konnten.
Zwar werden die Gläubiger in dem Schreiben nicht namentlich genannt. Zwei Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, sagten jedoch gegenüber der «Financial Times», dass es um die Credit Suisse und den Hedgefonds Senator gehe.
Die CS wollte den Zeitungsbericht weder bestätigen noch dementieren. «Wir kommentieren diese Sache nicht», sagte eine Firmensprecherin auf Anfrage. Senator lehnten gegenüber der «Financial Times» eine Stellungnahme ab. Willkie Farr & Gallagher reagierte nicht auf Anfragen.
NSO liess verlauten, dass der Rechtsstreit nicht die Firma selbst betreffe, da die fraglichen Schulden nicht von NSO stammten. Vielmehr gehe das Unternehmen nach Durchführung einer strengen Sorgfaltsprüfung weiterhin neuen Geschäften nach. Um reinen Tisch zu machen, habe NSO in den vergangenen Jahren zehn Kunden aufgrund glaubwürdiger Behauptungen zu oder Nachweisen von Missbräuchen gekündigt.
Werkzeug, um Menschenrechtsaktivisten zu hacken
«Die Kreditgeber verstehen und unterstützen die Notwendigkeit zur Vorsicht angesichts der weltweiten Aufmerksamkeit und der verstärkten Kontrolle des Unternehmens», heisst es in dem Schreiben vom 10. Dezember 2021 an die Berkeley Research Group. Dabei handelt es sich um ein Beratungsunternehmen, das mit der Verwaltung eines Buyout-Fonds beauftragt wurde, der 70 Prozent an NSO hält. Solche Fonds sind auf Käufe von Mehrheitsbeteiligungen an zu gering bewerteten Firmen spezialisiert. Auch Berkeley kommentiere eine Anfrage der «Financial Times» nicht.
Die Gläubiger zeigen sich darüber hinaus «beunruhigt» über die Behauptung von NSO, dass Berkeley das Unternehmen daran hindere, «neue Kunden zu suchen und zu gewinnen». Dies habe die Liquiditätskrise der Firma verschärft. NSO müsse in dieser kritischen Phase in der Lage sein, seinen normalen Geschäften unter angemessener Aufsicht nachzugehen.
Zum Zeitpunkt dieses schriftlichen Appells stand NSO seit Monaten ohne neue Kunden da und hatte 10 Millionen Dollar aufgenommen, um die Löhne vom Oktober 2021 auszuzahlen. Die USA hatten NSO Anfang November 2021 auf eine schwarze Liste gesetzt. Damit untersagte das Land dem Unternehmen, Komponenten und Dienstleistungen von US-Firmen ohne vorherige Zustimmung der zuständigen Behörden zu beziehen.
Auslöser waren Enthüllungen, wonach Pegasus dazu benutzt wurde, um die Telefone von Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und sogar der Ex-Frau des milliardenschweren Herrschers von Dubai zu hacken. Die entsprechenden Medienberichte hatten NSO in finanzielle Schwierigkeiten gebracht.
Der schwerwiegendste Vorwurf an die Adresse der Israelis kommt vom saudischen Dissidenten Omar Abdulaziz. Er hat NSO im Verdacht, der saudischen Regierung dank Pegasus das Abhören seiner Kommunikation mit dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi ermöglicht zu haben. Khashoggi wurde im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet, seine Leiche zerstückelt.
NSO-Mitgründer Shalev Hulio wies jegliche Beteiligung am Mord zurück. Er räumte jedoch ein, dass die saudische Regierung Pegasus gekauft hat.
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